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Der "wilde" Nordwesten ruft!

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Foto: Weneta Nikolowa

Die Tatsache, dass der Nordwesten Bulgariens die ärmste Region in der Gemeinschaft ist, könnte sich für den Tourismus als Trumpf erweisen. Einerseits wartet die gesamte Region mit unglaublich schöner Natur auf und andererseits gereicht ihr das Fehlen von Großbetrieben, von übervölkerten Städten und Ferienorten zum idealen Reiseziel für Ausflüge inmitten der Waldestiefen des Stara-Planina-Gebirges. Zumal es hier definitiv sehr viel zu entdecken gibt, d.h. wenn man mit offenen Augen für alles Schöne und Wertvolle unterwegs ist.

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Wenn man die geografische Karte Bulgariens ausbreitet, stellt man fest, dass die Konturen unseres Landes einem ausgestreckten Löwen gleichen. Dort, wo sich sein Schwanz befindet, genauer gesagt im Grenzgebiet mit dem benachbarten Serbien, erstreckt sich eine vom Massentourismus verschont gebliebene Gegend, die jede Menge Überraschungen birgt. Mit seinen verborgen gelegenen altehrwürdigen Klöstern oder von der Zeit vergessenen Weilern ist dieser Teil des Balkans besonders malerisch. Hier und da entdeckt man ein einsames Dorf oder eine kleine Stadt, mit den typischen grauen Plattenbauten und den vergilbten Losungen aus einer vergangenen Epoche scheinbar erstarrt in der Zeit des Sozialismus. Im Gegensatz zu anderen, weitaus besser entwickelten einheimischen Tourismusgebieten sind Hotels und Gästehäuser hier eher rar. Wenn man sich jedoch vorab im Internet kundig macht, wird man unterwegs wohl kaum von der Dunkelheit überrascht werden. Denn in der Region gibt es wunderbare Gästehäuser, die alles bieten, was man für einen erholsamen Urlaub braucht. Ansonsten wurden über eine Reihe von europäischen Projekten Wanderrouten angelegt, die durch beeidruckende Gegenden führen. Beispielsweise durch die Razkrast-Gegend am Fuße des 1.124 m hohen Wedernik-Berges, wo Überreste einer römischen Festung verstreut liegen. Von hier hat man einen atemberaubenden Ausblick auf das benachbarte Serbien, auf die Felsen von Belogradchik und das Biosphärenreservat Tschubrene. Bei klarem Wetter kann man am Horizont selbst die Karpaten ausmachen.

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Wenn du also die Natur und Wanderungen liebst, solltest du deinen Rucksack schnüren und dich aufmachen auf die wilden Felsgrate des Balkans. Durch die Natur streifend, wirst du an den Rand tiefer Abgründe oder undurchdringlicher Höhlen geraten. Genannt seien die Höhlen Desni- und Lewi Suchi Pescht in der Dorfflur von Dolni Lom, die von drei Fledermausarten bewohnt sind. Ebenfalls in der Gegend befindet sich die Kozarnika-Höhle, die in den vergangenen Jahren mit einem einzigartigen archäologischen Fund weltweite Berühmtheit erlangte. In den untersten Höhlenschichten wurde ein 1,4 Millionen Jahre alter Zahn eines Homo erectus freigelegt. Wenn die zeitliche Einordnung stimmt, dürfte es sich dabei um das älteste Zeugnis für menschliche Präsenz in Europa handeln. Und eine weitere Höhle in der Gegend sollte man keinesfalls verpassen -  die touristisch erschlossene Magura-Höhle beim Dorf Rabischa. Ihre Wände zieren Zeichnungen aus der Jüngeren Altsteinzeit, die jüngsten stammen aus der Bronzezeit um 3000 v. Chr. In einem Gang der Magura-Höhle wird eine bekannte bulgarische Sektmarke gelagert. Das ist keinesfalls ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass dieser Teil Bulgariens eine bekannte Weinregion ist. Die hier angebauten Sorten Gamza, Mavrud, Cabernet, Pinot Noir u.a. finden an den ausländischen Märkten guten Absatz. In einer Kellerei nahe der Felsen von Belogradtschik werden Verkostungen veranstaltet, die vor allem unter Ausländern sehr beliebt sind. Auch der Religionstourismus steht in dieser Region hoch im Kurs. Die meist besuchten Klöster sind das Klisura-, das Lopuschna- und das Tschiprowtzi-Kloster.

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Für Radoslaw Mladenow, Betreiber zweier Hotels am Fuße der Felsen, ist die Gegend der beste Platz der Welt für Radtouren. Vor einiger Zeit hat der Unternehmer mit örtlichen Enthusiasten einen Radklub gegründet. Er selbst schaffte Fahrräder an, die er nun an seine Hotelgäste verleiht. Die Umgebung, erzählt Radoslaw Mladenow, warte mit 360 km ausgeschilderten Radrouten auf, die zu den emblematischsten Sehenswürdigkeiten dieser von Gott gesegneten Gebirgsregion führen. Deutsche, Franzosen, Spanier, Belgier und Holländer könnten von der jungfräulichen Schönheit der Felsen und Umgebung nicht genug kriegen.

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"Diese Menschen lieben das Grün", schwärmt Radoslaw. "Sie wollen keinen Massentourismus, sie wollen eins sein mit der Natur. Genau das finden sie bei uns. Hier gibt es keine Industrie, alles ist sauber und naturbelassen. Ein Fünftel unserer Gäste leiht sich Fahrräder aus, andere genießen die Belogradtschiker Felsen zu Fuß oder nehmen das nahe gelegene Biosphärenreservat und den Mindschur-Gipfel in Angriff. Ansonsten verwöhnen wir unsere Touristen mit unserer traditionellen Turlaschka-Küche mit viel Milch, Käse und Fleisch. Zu unseren Spezialitäten zählt der s.g. Belmusch, zu Deutsch "Weißer Mann". Das Gericht wird auf kleiner Flamme aus Frischkäse und Mehl zubereitet."

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Der Belmusch, der übrigens eine gehörige Portion Vitamin E enthält, ist die ideale Beilage für Obstschnaps und Wein, bevorzugt Rotwein aus einer lokalen Kellerei. Nach einer solchen Stärkung kann man dann seine Erkundungstour durch die magischen Abhänge des Stara-Planina-Gebirges fortsetzen. Ob nun zu Fuß oder auf dem Rad, bleibt jedem selbst überlassen.

Übersetzung: Christine Christov

Fotos: Weneta Nikolowa



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