Bulgarien wird für 2015 ein Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 und 2,6% verzeichnen. Diese Prognose stellte der Finanzexperte Nikolaj Stojanow auf dem Wirtschaftsforum „Next Year's Business Plan“ auf, das am Dienstag dieser Woche in Sofia lief.
Angesichts der guten Ergebnisse für das dritte Jahresquartal könnte sich diese Prognose sogar als zurückhaltend erweisen, meinte der Experte im gleichen Atemzug. Er warnte gleichzeitig jedoch, dass sich einige heimische Unternehmen zu hohe Ziele gestellt hätten. Sie könnten bei jeder scharfen Kurve der Regierung arg ins Schleudern geraten.
„2015 ist aus wirtschaftlicher Hinsicht ein besonderes Jahr“, meinte weiter Nikolaj Stojanow. „Einige Faktoren bliesen uns kräftig in die Wirtschaftssegel und haben das Wachstum stimuliert. Das sind einerseits die niedrigen Brenn- und Rohstoffpreise, die die heimische Wirtschaft begünstigten, die stark von ihnen abhängt. Andererseits sind das die Schritte der Europäischen Zentralbank zur Lockerung der Geldpolitik, die zur Senkung der Zinsen führten. So konnten die Unternehmen und die Regierung an billigeres Kapital herankommen. Der schwache Euro ist ein weiterer grundlegender Faktor, der hauptsächlich den bulgarischen Export begünstigte. Obwohl der Kreditmarkt keine heftigen Bewegungen machte, wurden etliche Kredite neu verhandelt, was den Unternehmen etwas mehr Freiraum gewährte.“
Das Wirtschaftswachstum wurde ferner durch die Einengung der Schattenwirtschaft unterstützt. Laut Nikolaj Stojanow könne man jedoch nicht damit rechnen, dass die genannten Prozesse weiterhin stetig in die gleiche Richtung verlaufen. Zudem seien es fast ausnahmslos äußere Faktoren. D.h. die positiven Wachstumstendenzen können nicht auf irgendwelche Maßnahmen der Regierung oder auf besseres Wirtschaften der Unternehmen zurückgeführt werden. Der Aufwind werde früher oder später abflauen; auch ziehen in der Ferne Stürme auf. So z.B. habe die chinesische Wirtschaft an Tempo eingebüßt, was auch für die anderen aufstrebenden Wirtschaften gelte.
Die bereits für dieses Jahr erwartete Erhöhung der Zinssätze des Zentralbank-Systems der Vereinigten Staaten, die derzeit gegen Null gehen, steht an und wird die Investitionen in US-Aktiva attraktiver machen. Bei Anhebung der Zinssätze wird der Dollar zusätzlich teurer werden, was wiederum den bulgarischen Import an Waren, Dienstleitungen und Rohstoffen, die in Dollar gehandelt werden, verteuern werde.
Als dritte große Gefahr sieht Nikolaj Stojanow das ungelöste Schuldenproblem in der Eurozone.
„2015 gewährte Bulgarien die Chance, sich auf viele der gegenwärtigen Risiken einzustellen, was leider jedoch größtenteils versäumt wurde“, ist der Finanzexperte der Meinung. „In diesem Jahr wurde der Haushaltsplan vorbildlich eingehalten – besser als in allen anderen Krisenjahren. Die Regierung zielte jedoch nicht auf eine Konsolidierung des Haushalts ab und letztendlich wird die Haushaltslage Ende des Jahres wie im Jahr zuvor aussehen. Alle positiven Effekte des Jahres wurden nicht genutzt, weder zur Reduzierung der Auslandsverschuldung, noch zur Durchführung irgendwelcher spürbaren Reformen. Das hat man in den letzten Wochen deutlich gesehen, als die Regierung ihre Reformabsichten, besonders gegenüber den Finanzprivilegien der Polizei, wieder fallen ließ.“
Laut Nikolaj Stojanow werden einige Faktoren das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr hemmen. Zu Beginn der neuen Programmperiode werde sich der Abruf der EU-Mittel wesentlich verschleppen. Auch sei die Genesung des Arbeitsmarktes nicht so weit vorangeschritten, um sich in einen Motor der heimischen Wirtschaft zu verwandeln. Das Kreditwesen werde seinerseits ebenso keinen allzu positiven Einfluss auf die Wirtschaft ausüben, denn sogenannte Stresstests und Inspektionen über die Qualität der Bankaktiva stehen an, die den Finanzinstituten viel Kraft und Ressourcen abverlangen werden.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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