Das Protokollbild vom offiziellen Abendessen der Staats- und Regierungschefs der NATO in Warschau mag so manchen an alte Zeiten erinnert haben. Und zu Recht, denn es fand just in jenem Saal statt, wo 1955 der Warschauer Pakt gegründet worden ist. Das ist nur eine Symbolik, die dieses Gipfeltreffen zu bieten hat. Es ist insbesondere für die Präsenz der Allianz in Osteuropa richtungsweisend. Und Warschau wurde nicht von ungefähr zum Austragungsort gewählt – die NATO will wohl ihren östlichen Partnern die Aufmerksamkeit schenken, die sie in einer immer komplizierter werdenden Sicherheitslage in Europa angesichts der angespannten Beziehungen zu Russland verdienen.
Nach einem Gipfeltreffen folgen für gewöhnlich die Analysen und Diskussionen. Eine erste darunter organisierte der Atlantische Klub in Sofia mit der Teilnahme des bulgarischen Außenministers Daniel Mitow und des stellvertretenden Verteidigungsministers Atanas Zaprjanow. Beide Teilnehmer am Treffen in Warschau berichteten über die Beschlüsse in der polnischen Hauptstadt. Bulgariens Chefdiplomat betonte, die Nordatlantische Allianz habe zwei Jahrzehnte lang versucht, eine Partnerschaft mit Russland aufzubauen. Die NATO wolle den Dialog zu Moskau fortsetzen und man setze auf einen inhaltsreichen Austausch. Gleichzeitig setzt aber die Allianz ihre Bemühungen um die kollektive Sicherheit und die Abschreckungspolitik fort, sagte Mitow. Nun erwarte er, dass Russland für mehr Transparenz und Risikoeinschränkung sorgen wird.
„Die NATO sucht nicht die Konfrontation und ist keine Gefahr für Russland, darf sich aber keine Kompromisse mit den Prinzipien für die kollektive Sicherheit leisten“, betonte Außenminister Daniel Mitow. „Wir führen den Dialog mit Russland auf zwei Ebenen. Zum einen geht es um rein militärische Kontakte, um jeglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Zum anderen aber haben wir bisher versäumt, dem Dialog zu Moskau einen breiteren Rahmen zu verleihen. Russland führt immer wieder an, es müsse sich schützen und seine spezifische kulturelle Ausrichtung verteidigen. Es wolle vom Westen nicht zivilisatorisch überrollt werden. Dann sollten wir hinterfragen, was genau Moskau unter dieser kulturellen und zivilisatorischen Ausrichtung versteht und warum sie mit unseren euroatlantischen Werten nicht vereinbart werden kann. Unsere Werte sind eindeutig und bekannt. Wir sollten aber erfahren, was für eine Gesellschaftsordnung sich Russland vorstellt und verfolgt. Dieser Dialog steht uns bevor“, meint der bulgarische Chefdiplomat.
Indirekt an Russland wandte sich auch der polnische Botschafter in Sofia Krzysztof Krajewski. Mit der Verlegung von vier multinationalen Bataillons habe Polen erst heute, 17 Jahre nach seinem Beitritt zur NATO, jene Sicherheitsgarantien erhalten, die es erwartet hatte, sagte er in Sofia.
„Die Tatsache, dass dieses Gipfeltreffen in Warschau stattgefunden hat, symbolisiert das Ziel, das sich die NATO mit ihrer Gründung gestellt hat“, sagt Botschafter Krajewski. „Die Länder an der Ostflanke der Allianz sind ihre vollwertigen Mitglieder mit gleichen Rechten und Pflichten in der kollektiven Sicherheit. Die Stationierung von multinationalen Truppen entlang der NATO-Ostgrenze ist ein Ausdruck dieser Tatsache. Zugleich aber zeigt die NATO, dass sie ein Verteidigungsbündnis ist. Ohne provoziert zu werden, würde sie keine Angriffshandlungen unternehmen“, betonte der polnische Botschafter.
Auch in den Worten des stellvertretenden Verteidigungsministers Atanas Zaprjanow fiel die ausdrückliche Umschreibung der Hauptfunktion des Nordatlantischen Bündnisses auf. Zusätzliche Besorgnis rief allerdings das explizite Zitieren des Art. 5 des Washingtoner Vertrages hervor, der den Bündnisfall regelt, nämlich: ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Bündnis-Staaten wird als ein Angriff gegen sie alle angesehen.
Und obwohl die Beschlüsse in Warschau eine Reihe wichtiger Sicherheitsfragen betreffen, die Konfrontation mit Russland überschattet sie alle. Vermutlich, um die Sorgen zu zerstreuen, betonte General Zaprjanow:
„Wer die Beziehungen zwischen der NATO und Russland überbewertet, der trügt, denn der NATO-Gipfel hat viel mehr und nicht minder wichtige Fragen besprochen“, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister. „Russland war keinesfalls das wichtigste Thema. Wir haben über viele andere Risiken und Gefahren in Regionen diskutiert, die zu unserer Nachbarschaft gehören, wie auch über die dringenden Maßnahmen, die wir diesbezüglich treffen müssen.“
Aus bulgarischer Sicht war der Schwarzmeerraum so ein Thema, das aber auch mit Russland in Verbindung steht. Wie Außenminister Mitow betonte, habe das Bündnis in Warschau beschlossen, seine Mitgliedsländer im Schwarzmeerraum durch intensive Militärübungen unter NATO-Flagge zu schützen. Die Schaffung einer weiteren regionalen Initiative, selbst im Rahmen der Allianz, stehe nicht auf der Tagesordnung, versichert er im Hinblick auf einen solchen Vorstoß Rumäniens. Vielmehr gehe es um die Aussichten für eine stärkere Präsenz der NATO im Schwarzen Meer.
Bulgarien steht vor den siebten Parlamentswahlen in drei Jahren. Der Grund dafür ist, dass erneut alle drei Sondierungsmandate, die der Präsident den im Parlament vertretenen Parteien erteilt hat, unerfüllt blieben. Wie es um die..
Import von Lithium aus Serbien wird der EU helfen, ihre Abhängigkeit von China zu verringern Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der für Energie zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, weilen in..
Die politischen Kräfte im bulgarischen Parlament kommentierten den Vorschlag der Koalition "Wir setzen die Veränderung fort - Demokratisches Bulgarien" (PP-DB) an den Präsidenten Rumen Radew, die Übergabe des zweiten Mandats für die Regierungsbildung..