Die nationale Stiftung „13 Jahrhunderte Bulgarien“ präsentierte auf einer Zeremonie im Sofioter Kulturpalast die Nominierungen für den nationalen Literaturpreis für den Roman des Jahres.
Vorsitzender der Juri war der bekannte bulgarische Schriftsteller Wladimir Sarew. In seiner Ansprache würdigte er die Entwicklung des bulgarischen Romans als „ein in der Tat epischen Lesestoff mit starken Sujetlinien, ausgeprägten Charakteren und gut dargestellten Problemen der Epoche, in der die Handlung spielt“. Das epische Genre erfordere Zeit, eine reiche Sprache, Talent, die Fähigkeit spannend erzählen zu können, umfangreiches Wissen, Energie und Widmung, sagte er weiter. Der Roman gehöre zweifellos zum beliebtesten und gefragtesten Lesestoff. Das Erscheinen von bemerkenswerten bulgarischen Titeln sei ein Beweis dafür, so Wladimir Sarew.
Den großen Preis gewann der Roman „Hawra“ von Sachari Karabaschliew. Das ist ein, seiner Form nach, sehr originelles Werk mit zwei Sujetlinien. Die erste spielt in unserer Zeit. Nach einigen Jahren Aufenthalt in den USA und einer Reihe von Misserfolgen kehrt ein Bulgare in seine Heimatstadt zur Beerdigung seines Vaters zurück, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Der Kurzaufenthalt verwandelt sich in eine risikoreiche Untersuchung, die den Heimkehrer in dunkle Interessensphären hineinzieht.
„Es ist kein konformistischer Roman. Es ist kein Roman, der alle Erfordernisse zufrieden stellt und es ist auch kein Roman, der dem Kanon des „richtigen“ Schreibens entspricht“, sagt der Autor über sein Werk. „Doch ich stehe 100% dahinter. Das Gerede über einen kalten, warmen oder einen Hybridkrieg, interessiert mich nicht. Der einzige Krieg, den zu führen es sich lohnt, ist gegen die Unwissenheit“, unterstreicht Sachari Karabaschliew.
Die zweite Sujetlinie des Romans „Hawra“ spielt vor eineinhalb Jahrhunderten. Es ist eine Erzählung über die schicksalhafte Liebe einer russischen Aristokratin und eines amerikanischen Journalisten, der sich dem Freiheitskampf des bulgarischen Volkes gegen die türkische Fremdherrschaft verschrieben hat. Der Prototyp ist der US-Kriegsjournalist Januarius MacGahan, der 1876 – 1878 erschütternde Reportagen über die Gräueltaten der Türken während des Aprilaufstandes der Bulgaren und über den Russisch-türkischen Krieg schrieb. Doch aus welchem Grund wurde ein historisches Sujet gewählt? Fehlt in unserem Zeitalter das Schöne, Erhabene und Würdevolle? Auf diese Fragen antwortete Sachari Karabaschliew, dass es tatsächlich viel leichter ist für etwas Großes zu kämpfen. Heute fehle dieses Große und Erhabene, die Idee für die zu sterben es sich lohnt. Es gebe dafür viele kleine Anliegen, die unsere Energie rauben.
Die Juri hatte die Auswahl zwischen 34 Romanen. Nominiert wurden 6 Werke mit den unterschiedlichsten Sujets. Cherfjurior, Wladimir Sarew, behauptet, dass jeder dieser Romane das Potential hatte, als Sieger des Wettbewerbs hervorzugehen.
Bei den Diskussionen stand der Roman "Tschamkoria" über die internen Kämpfe in den 20iger Jahren des 20. Jahrhundert in Bulgarien im Mittelpunkt. Diese Zeit war durchtränkt von Ereignissen, Wenden, Aufständen, Terrorakten und politischen Morden. Diese Epoche hatte eine enorme Energie.
Zu den nominierten Romanen gehört auch „Die Unsichtbaren“ von Natalia Delewa, die in Großbritannien lebt und auf Bulgarisch schreibt. Der Roman ist den Unsichtbaren gewidmet, an denen wir erhobenen Hauptes vorbeigehen, ohne sie eines Blickes zu würdigen, die aber Teil unseres sozialen Gewebes sind.
Angel Igow hat für sein Werk „Feine Staubteilchen“ ein modernes Sujet gewählt, denn er wollte über das Leben Hier und Jetzt erzählen, über Dinge, „die wir leben und atmen“, im sprichwörtlichen und im übertragenen Sinn.
„Ein Sarg und zwei Nashörner“ des jungen Schriftstellers Petar Krumow ist eine durchaus ernst zu nehmende Satire. Der Held ist ein Angestellter der Agentur für Eintragungen, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt.
Der Roman „Der Weg nach Theben“ von Janiza Radewa ist eine neue Sicht auf die Symbolik und die Mythen des alten Ägypten. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zweier Menschen, wobei die Gestalt des Ödipus aktuell für jede Zeit und Gesellschaft zu sein scheint.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Weneta Pawlowa
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