Eine berauschende Show aus Klang und Licht lockte die Einwohner und Gäste der südbulgarischen Stadt Plowdiw ins Zentrum, wo auf dem Boulevard „Zar Boris III. der Vereiniger“ als Bühne des Spektakels ein 30 Meter hoher Turm aufgebaut worden war. Trotz kalter Witterung fanden sich rund 10.000 Zuschauer ein. Einhunderttausende im In- und Ausland verfolgten die Performance zu Hause im Fernsehen.
Die Drei-Hügel-Stadt, wie Plowdiw bereits seit der Antike bezeichnet wird, hat tatsächlich viel zu bieten – eine überaus reiche Geschichte, Architektur und Kunst. Und gerade das erwartete das Publikum von der Eröffnungsperformance. Die Organisatoren der Show setzten jedoch eher auf symbolische und vereinigende Effekte, anstatt auf typisch bulgarische Rhythmen und dergleichen. Die Tänzerinnen und Tänzer des Folkloreensemble „Thrakia“ stellten unter der Regie des Schweizer Theaterregisseurs Gustav Rueb einen modern angehauchten Tanz zu Techno-Klängen vor. An Stelle der schönen bulgarischen Trachten trugen sie farbige Gewänder, die eher an fernöstliche Traditionen erinnerten. Die bulgarische Folklore war einzig für den Anfang und das Ende der Show vorbehalten. Die Interpretationen des populären Hirtenflötenspielers Theodissij Spassow und der beliebten Volksliedsängerin Walja Balkanska, deren Stimme auf einer CD an Bord der Raumsonde Voyager im Weltraum fliegt, rahmten das farbenfrohe Bild.
Die Symbole von Plowdiw – die markanten Hügel, die auch auf dem Logo der Stadt als Europäische Kulturhauptstadt angedeutet sind, blieben als unbeleuchtete Kulisse; dafür strahlten die rund 350 Scheinwerfer die Show selbst an. Das antike Theater und die altehrwürdigen Kirchen von Plowdiw blieben ihrerseits auch im Dunkeln. Die grandiose Bühnenkonstruktion, die über 1.500 Interpreten Platz bot, wurde von Scherzbolden als „Turmbau zu Babel“ bezeichnet. Nichtsdestotrotz vergnügten sich alle, es wurde gesungen und getanzt und es herrschte wahre Disko-Stimmung.
Der Geist der Stadt Plowdiw fehlte jedoch. Diese Ansicht vertreten nicht einzig die „Hater“, sondern viele Zuschauer, die mit der Kultur der Stadt vertraut sind und sie nicht missen wollen. Viele zogen eine Parallele zur audiovisuellen Show „Klang und Licht” in der alten bulgarischen Reichshauptstadt Weliko Tarnowo, bei dem mittels Lichteffekten auf dem Festungshügel Zarewetz die Geschichte wiederbelebt wird; ein überaus erfolgreiches Projekt, das bis heute sehenswert ist. Etwas ähnliches erwartete das Publikum in Plowdiw, denn die Stadt ist bei weitem mehr als das, was vorgestellt wurde.
Das Programm Plowdiws als Europäische Kulturhauptstadt 2019 sieht im Gegensatz dazu vielversprechend aus. Trotz aller Probleme, wie beispielsweise die nicht rechtzeitig abgeschlossenen Renovierungsarbeiten am Kinosalon „Kosmos“ und des Konzertsaals, werden die Plowdiwer gewiss ausgezeichnete Gastgeber der verschiedensten Kulturveranstaltungen sein und ihre Stadt als eines der bedeutenden europäischen Kulturzentrum präsentieren.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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