Der Lebensweg des Volksliedsängers Manol Michajlow ist untrennbar mit den Liedern der Strandscha-Region in Südostbulgarien verbunden – von seiner frühesten Jugend bis zu seinem 60. Geburtstag, den der Künstler Ende Februar beging.
Er ist auf dem Land aufgewachsen und hat die Folklore in ihrer unverfälschten Art und Weise kennengelernt. Michajlow sagt häufig, dass seine „Musikschule“ die Lieder gewesen sind, die an Arbeits- und Feiertagen im Strandscha-Gebirge erklangen. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass er sich der authentischen Interpretation verpflichtet fühlt. Die Liebe zu den Musiktraditionen seiner Heimatregion fand auch ihren Ausdruck in seiner Forschungsarbeit. Manol Michajlow ist nicht nur als Sänger, sondern auch als Verfasser des analytischen Werkes: „Die Volkslieder der Strandscha“ bekannt geworden. Demnächst soll eine zweite erweiterte Ausgabe dieser Forschungsarbeit herausgegeben werden. Ein Teil des Repertoires wurde vom angesehen Folkloristen Michail Bukureschtliew notiert, der sich über die Arbeit des Sängers in einer Veröffentlichung unter dem Titel „Der Strandscha-Sänger Manol Michajlow“ überaus löblich geäußert hat.
Manol Michajlow wurde im Dorf Gramatikowo in der Nähe der südostbulgarischen Stadt Malko Tarnowo geboren. Bereits als Kind trat er in den örtlichen Kulturhäusern und auf Volksfesten auf. Während seiner Studienzeit an der Chemischen Fakultät der Sofioter Universität „Heiliger Kliment von Ohrid“ hatte er das Glück, die populäre Sängerin der Strandscha-Region Magda Puschkarowa kennenzulernen. Von ihr lernte er die Feinheiten des für die Strandscha charakteristischen Gesangs sowie neue Lieder und vor allem Bühnenpräsenz – alles Dinge, die für seinen weiteren Werdegang sehr wichtig waren. Die Ergebnisse beeindrucken: Manol Michajlow hat allein am Bulgarischen Nationalen Rundfunk mehr als 500 Lieder eingesungen. Zum ersten Mal hat er auch im Strandscha-Dialekt Aufnahmen realisiert, darunter Sprüche, Kalenderfeste sowie musikalische Bilder von Weihnachtsbräuchen und natürlich Eindrücke von den in der Strandscha beheimateten Feuertänzern. Auf seine Initiative hin wurde das nationale Volksfest in seinem Geburtsdorf Gramatikowo – „Strandscha singt“ nach einer Pause von 35 Jahren wiederbelebt (die erste Ausgabe fand 1960 statt).
„Die Lieder der Strandscha sind für mich ein Inbegriff von Familie, Wurzeln, Traditionen“, sagte uns der Sänger. „Sie stellen die nötige Kultur für den Aufbau einer Persönlichkeit dar. Ich singe nicht nur diese Lieder – sie inspirieren mich im Leben. Als ich 6 Jahre alt war, forderte mich meine Lehrerin Maria Jasandschiewa auf, zu singen. Ich weigerte mich, weil ich auf meiner Schafsfellmütze kein Sträußchen hatte, wie es bei uns Brauch ist. Ich habe so viele Erinnerungen... Viele alte Leute habe ich nach Liedern ausgefragt. Ich freute mich sehr, wenn sie mir später begegneten und mich mit den Worten anhielten: „Komm, ich will dir ein Lied vorsingen, das du noch nicht kennst!“ Ich habe viele schöne Erinnerungen an diese Leute aus Gramatikowo, später in Malko Tarnowo, Grudowo und dann in Sofia, wo ich Magda Puschkarowa begegnete. Sie hat mir eine Reihe von Ratschlägen erteilt. So riet sie mir: „Du musst die Bühne wie ein wahrer Künstler betreten. Zuerst schaust du auf das Publikum, lächelst, dann schaust du zum Orchester und gibst ihm ein Zeichen, zu beginnen. Du musst die Musik mit dem ganzen Körper erleben.“ Sie hatte Lieder aufbewahrt, die nur von Männern gesungen werden, und wartete darauf, sie einem Sänger beizubringen... Ich habe viel gesungen – im Freilichttheater in Burgas, auf dem Dorfplatz von Gramatikowo... Diese Lieder haben aus mir eine Persönlichkeit gemacht und besitzen wahrhaft Wunderkräfte, wie der Pontische Rhododendron der im Strandscha gedeiht.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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