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Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt im Vormarsch auch in Bulgarien

Seit Jahresanfang meldet die bulgarische Beschäftigungsagentur eine kontinuierlich steigende Arbeitslosenrate. Dies scheint die erste deutlich spürbare Folge der Weltwirtschaftskrise auf Bulgarien zu sein, kommentieren die Soziologen. Besonders schlimm hat es die kleinen Ortschaften auf dem Land getroffen.

Immer öfter verlieren neben unqualifizierten Arbeitern auch gut ausgebildete Fachkräfte ihren Job. So erging es auch der 35jährigen Werbe-Fachfrau Katja Dimitrowa, die in einer Sofioter Werbeagentur durch eine jüngere Kollegin wegen eines niedrigeren Gehalts ersetzt wurde. Solche Austauschmanöver sind auf dem Arbeitsmarkt keine Neuigkeit mehr. Dennoch schlagen die Beobachter des Beschäftigungsmarktes Alarm, weil sich solche Diskriminierungsfälle häufen. In dieser Tendenz ist Bulgarien keine Ausnahme – in ganz Europa behauptet jeder sechste Arbeitnehmer, im vergangenen Jahr Opfer von Diskriminierung geworden zu sein. Fast ein Drittel der europäischen Bürger befürchtet, dass die älteren Menschen infolge der Krise arbeitslos werden. Diese Tendenz ist in Bulgarien bereits zu beobachten, neben der Diskriminierung wegen Behinderungen und ethnischer Zugehörigkeit. Auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden in erster Linie Frauen, gefolgt von Menschen im Vorrentneralter, von Vertretern der Minderheiten und den Immigranten. Diese Angaben machte der Vorsitzende des Antidiskriminierungsausschusses im bulgarischen Parlament Kemal Ejup.

"Wir haben zahlreiche Klagen bekommen, wenn Mitarbeiter nur wegen ihres Alters oder Abstammung gekündigt wurden", berichtet Kemal Ejup. "Ein anderes Problem, das ganz und gar nicht zu unterschätzen ist, ist die Frührente. Immer mehr Arbeitnehmer werden mit einer einfachen Mitteilung der Geschäftsführung in die Rente geschickt, ohne dass sie das erforderliche Alter erreicht hätten. Diese Frührentner beziehen anschließend eine niedrigere Rente. Es häufen sich auch Klagen, die vors Gericht kommen, weil wir in der Antidiskriminierungskommission Gesetzesverstöße feststellen", sagt der Vorsitzende Kemal Ejup.

An die Antidiskriminierungskommission kann sich jeder Bürger wenden, der meint, selbst Opfer von Diskriminierung geworden zu sein, oder aber einen solchen Fall melden will. Es kommt vor, dass die Kommission gegen einen Arbeitgeber vors Gericht zieht, um so den Arbeitnehmer in Schutz zu nehmen. Die Antidiskriminierungskommission arbeitet mit den Gewerkschaften, der Beschäftigungsagentur und den Arbeitgeberverbänden eng zusammen, um jeden einzelnen Fall objektiv beurteilen zu können, betonte Kemal Ejup. Und zitiert ein auf dem ersten Blick sehr simples Beispiel der Diskriminierung – Jobanzeigen mit Altersbegrenzung.

"In etwa ein Drittel der 700 Klagen im vergangenen Jahr war die Antidiskriminierungskommission tatsächlich die richtige Anlaufstelle", sagt Ejup. "In weiteren 30 Prozent der Fälle handelte es sich auch tatsächlich um Diskriminierung. Ich muss betonen, dass die Diskriminierung ein gefühlter Zustand ist. Ob jemand in der Tat absichtlich benachteiligt worden ist, muss erst geprüft und möglichst objektiv festgestellt werden", sagt Kemal Ejup.

Kemal Ejup stellt in seiner Arbeit immer wieder fest, dass die Opfer von Diskriminierung nur selten ihre Rechte kennen. Eine landesweite Kampagne hatte sich zum Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit über die Diskriminierung aufzuklären und zu informieren, an welche Organisationen man sich um Hilfe wenden kann. Ob diese Kampagne die Richtigen erreicht hat, bleibt abzuwarten.

Übersetzung: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Diana Hristakiewa


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