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Antikrisenmaßnahmen sollen Staatskasse 750 Millionen Euro bringen

Der Rat für konzertierte Aktion in Aktion: v.l.n.r.: Lukan Lukanow vom Arbeitsgeberverband, der Chef der Bulgarischen Wirtschaftskammer Boschidar Danew, Finanzinminister Simeon Djankow und der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes KNSB, Scheljazko Hristow debattieren über Antikrisenmaßnahmen
Foto: Tanja Harisanowa
Die bulgarische Regierung ringt derzeit mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden um ein Maßnahmenpaket, das die Wirtschaftskrise in Bulgarien bändigen soll. Eine endgültige Fassung der diskutierten Maßnahmen liegt noch nicht vor, das Kabinett hat aber dennoch ausgerechnet, dass die vorgeschlagenen Schritte umgerechnet etwa 750 Millionen Euro einsparen werden. Wie Finanzminister Djankow den Ausweg aus der Krise sieht, hat er selbst bei einer Diskussion mit führenden Wirtschaftsexperten dargelegt.

"Welche Maßnahmen wir letztendlich auch verabschieden, wichtig ist, das Haushaltsdefizit um rund 750 Millionen Euro zu entlasten", sagt Simeon Djankow. "Wenn wir es schaffen, werde ich mir keine großen Sorgen um den Staatshaushalt für dieses Jahr machen. Es muss nicht unbedingt sein, dass jede Maßnahme gegen die Krise konkrete Einsparungen bringt. Manche Ideen, die wir momentan noch erörtern, sind inhaltlich gut und werden die Wirtschaft ankurbeln, unabhängig davon, ob wir uns gerade in einer Krise befinden, oder nicht", so Finanzminister Djankow.

Die Wirtschaftsexperten betonten ausdrücklich, dass die Reformen in der Rentenversicherung und im Gesundheitswesen unbedingt fortgesetzt werden. Eine wichtige Einnahmequelle sind die EU-Fonds, die Bulgarien immer noch nicht ausreichend gut abruft. Die Wirtschaft fordert ferner, dass die Ausgaben der staatlichen Ämter und Behörden um mögliche Einsparungen kontrolliert werden. Die bisher umstrittenste Idee jedoch ist die vom Kabinett vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent. Dies würde zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 270 Millionen Euro im Jahr bringen, hieß es. Wie sehen es aber die Wirtschaftsexperten?

"Ich bin klar dagegen", sagt Georgi Stojtschew von Open Society. "Eine Anhebung der Mehrwertsteuer um 2 Prozent würde das Vertrauen der ausländischen Investoren in Bulgarien stark beeinträchtigen, denn Bulgarien gilt als ein Land mit niedrigen Steuersätzen. Die Einnahmen für die Staatskasse würden viel zu gering ausfallen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht rechtfertigen. Langfristig betrachtet ist es im Moment viel wichtiger, das Interesse der ausländischen Investoren wieder zu wecken", meint der Wirtschaftsexperte Georgi Stojtschew.

Der Rat für konzertierte Aktion, also Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber, verhandelt noch über die Antikrisenmaßnahmen, erste konkrete Ergebnisse liegen aber bereits vor – die Finanzdisziplin soll weiterhin strikt eingehalten werden, und die Ausgaben gehören stark reduziert. Hier ein erster Kommentar von Lukan Lukanow vom Arbeitsgeberverband:

"Zum ersten Mal seit Jahren arbeitet der Rat für konzertierte Aktion eng zusammen", sagt Lukanow. "Dennoch sind wir, Arbeitgeber, in Sorge, denn die Maßnahmen der Regierung gegen die Wirtschaftskrise haben sich dramatisch verspätet. Deshalb appellieren wir an alle, die sich an den Diskussionen beteiligen, möglichst schnell zu einem Konsens zu kommen, weil die Zeit drängt", so Lukan Lukanow vom Arbeitgeberverband.

Obwohl die Mehrwertsteuer-Erhöhung noch nicht vom Tisch ist, haben sich die Gewerkschaften dagegen ausgesprochen und gefordert, keine allzu drastischen Maßnahmen zu treffen. Der Chef der Bulgarischen Wirtschaftskammer Boschidar Danew schließt seinerseits die umstrittene Anhebung um 2 Prozentpunkte nicht aus.

"Wir freuen uns, dass wir mit der Regierung und den Gewerkschaften einen so guten Dialog haben", sagt Boschidar Danew. "Wir sind uns zum größten Teil einig und deshalb erwarte ich, dass das Antikrisenpaket noch in dieser Woche unter Dach und Fach sein wird. Die Arbeitgeber haben im Zuge der Diskussionen einen Vorschlag gemacht, der weitgehend unterstützt wurde – wenn wir alle wegen der Krise gezwungen sind, die Kosten zu senken, dann sollten auch die Parteizentralen sparen. Wir schlagen vor, dass die Haushaltssubvention für die Parteien gesenkt wird", so der Vorsitzende der Wirtschaftskammer Boschidar Danew.

Diese Idee haben die Gewerkschaften sofort begrüßt und es in Zahlen ausgedrückt – die Haushaltsmitteln für die Parteizentralen sollen um 15 Prozent gesenkt werden. Der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes KNSB, Scheljazko Hristow präzisiert:

"Die Krise erfordert Solidarität", sagt Gewerkschaftschef Hristow. "Der Staat, die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber haben sich bereit erklärt, ihren Teil zu leisten, um den Ausweg aus der Wirtschaftskrise zu beschleunigen. Jetzt sind die Parteien am Zug", so Scheljazko Hristow.

Übersetzung: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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