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Regierung plant neue Rentenreform

Bulgarien ist heute nach der Lebenserwartung seiner Bürger an 111. Stelle weltweit und an einer der letzten in Europa
Foto: BGNES
Niedrige Geburtenraten und alternde Bevölkerung stellen viele Länder in Europa vor Problemen der Alterssicherung und es werden Reformen des Rentensystems diskutiert.
Auch in Bulgarien soll eine Rentenreform durchgeführt werden. Als Begründung dienen demographische und Finanzierungsprobleme und das europäische Beispiel. Laut den Fachleuten sind rund 23 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre und es gibt 82 Rentner pro 100 Beschäftigte. Ihre Beiträge können nur 60 Prozent der Rentenzahlungen abdecken und der Rest wird vom Staatshaushalt finanziert. Die Rentenkasse hat seit Jahresanfang ein Defizit von 1,2 Milliarden Euro.

Ein Grund dafür ist die Schattenwirtschaft. Viele Unternehmer versichern ihre Beschäftigten nicht nach ihrem realen Entgelt, sondern weniger oder überhaupt nicht. Außerdem wurde der Beitrag der Arbeitgeber um zwei Prozentpunkte reduziert, was ein großes Loch in den Haushalt der Sozialversicherung erzeugte.

Die Pläne der Regierung das Rentenalter weiter zu erhöhen sorgen für Diskussionen in der Gesellschaft, denn im Gegensatz zu anderen reicheren europäischen Ländern hat sich die Lebenserwartung der Bulgaren in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert. Bulgarien ist heute nach der Lebenserwartung seiner Bürger an 111. Stelle weltweit und an einer der letzten in Europa.

Die bulgarischen Männer leben heute im Durchschnitt knapp 69 Jahre – viel weniger als die Männer in den wohlhabenderen europäischen Ländern und fast so lange, wie ihre Lebenserwartung in den 60er Jahren war. Deswegen stoßen Pläne, die darauf abzielen das Renteneintrittsalter 65 Jahren anzunähern auf Widerwillen. Die bulgarischen Renten machen einen kleineren Anteil an den Arbeiteinkommen aus als in den anderen europäischen Ländern und die Löhne in Bulgarien sind die niedrigsten in Europa. Außerdem gibt es eine Größenbegrenzung für Renten.

Nachdem die Beitragsjahre für die Rente bereits im Jahre 1999 von 20 auf 34 Jahre angehoben wurden, will sie die bulgarische Regierung nun weiter auf 37 für die Frauen und auf 40 – für die Männer aufstocken. Die Menschen, die darüber hinaus arbeiten können und wollen, sollen einen jährlichen Bonus von 3 Prozent auf ihre Renten erhalten. Die Regierung erwartet einen kleineren Widerstand, wenn sie nicht das Renteneintrittsalter um drei Jahre erhöht, sondern die dafür notwendigen Beitragsjahre zur Rentenversicherung.

Die zwei größten Gewerkschaftsvereinigungen – die Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften Bulgariens und die Konföderation der Arbeit „Podkrepa“ fordern eine Übergangsperiode vor der Implementierung der Reform. Sie möchten, dass vor der Verlängerung der Rentenbeitragsjahre die Regierung für die Stabilisierung des Rentensystems sorgt, indem sie die Unternehmer zwingt die Sozialversicherungsbeiträge vollständig zu bezahlen und das Nichtbezahlten der Renten- und Krankenkassenbeiträge durch Änderung des Strafgesetzbuches kriminalisiert. Außerdem sollte der verringerte Beitrag der Arbeitgeber wieder erhöht werden. Das sollte allmählich ab 2011 geschehen, um das Rentensystem zu stabilisieren. Diese Vorschläge der Gewerkschaften finden verständlicherweise nicht das Einverständnis der Arbeitgeber.

Die Regierung möchte aber die Kontrolle über den Umfang und die Summen, die für von den Arbeitgerbern für die versicherten Personen bezahlt werden, verstärken. Das soll die Schattenwirtschaft einschränken und die Arbeitgeber zwingen den vollen Wert der Rentenbeiträge für ihre Beschäftigten zu bezahlen. Es soll weniger Früh- und Invalidenrenten geben.

Der bulgarische Minister für Arbeit und Sozialpolitik Totju Mladenow sagte:
„Die Beitragsjahre zur Rentenversicherung sind ein sehr wichtiger sozialer und wirtschaftlicher Hebel. Wenn die Menschen wissen, dass die Beitragsjahre eine wichtige Bedingung für ihre Rente und ihren Umfang sind, werden sie selbst kein Interesse daran haben, in der Schattenwirtschaft zu arbeiten. Jeder Beitragstag wird außerordentlich wichtig. Und die Menschen, insbesondere die jungen, werden nicht ohne Arbeitsverträge arbeiten, so, dass alle Arbeiter und Angestellten maximal vom Sozialversicherungsnetz umfasst werden. Denn wenn ein Mensch nicht im Sozialversicherungsnetz ist, d.h., keinen Arbeitsvertrag hat, wird er kein Recht auf Arbeitslosengeld, für Zahlungen bei einem Arbeitsunfall, bei Berufserkrankungen, bei Schwangerschaft und Geburt, für die Rente haben und das ist zu seinem Nachteil. Ich meine, dass wir durch diese Änderungen die Abhängigkeit der Rentenzahlungen vom Staatshaushalt verringern werden, was sehr wichtig ist.“

Angesichts des Widerstandes der Gewerkschaften schlägt die Regierung vor die Erhöhung der notwendigen Beitragsjahre zur Rentenversicherung ehe man in den Ruhestand gehen kann, nicht auf einmal um drei Jahre, sondern Jahr um Jahr zu erhöhen.
Auch für Menschen, die unter besonders schweren Bedingungen arbeiten müssen, wie Bergleute oder Hüttenarbeiter, soll das Renteneintrittsalter allmählich erhöht werden. Bis zum Jahre 2013 sollen die Frauen, je nach der Härte der Arbeit mit 50 und 55 Jahren in Renten gehen können und die Männer mit 55 und 60. Bei der Indexierung der Renten, die vorerst wegen der Krise eingefroren wurden, soll das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes nicht berücksichtigt werden, weil sein Sinken die Renten verringern könnte.

Die Pläne der bulgarischen Regierung für die Rentenreform werden weiterhin kontrovers diskutiert und die Gewerkschaften drohen, falls besonders unsoziale Entscheidungen getroffen werden, mit Massenprotesten im Herbst.

Übersetzung und Redaktion: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Milka Dimitrowa


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