Mitten in der Sommersaison wird im Zentrum der bulgarischen Hauptstadt Sofia aktiv gegraben. Die Bewohner der Stadt erwarten die Ergebnisse mit Ungeduld.
Die erste Phase einer der umfangreichsten Ausgrabungsarbeiten in Bulgarien wird in anderthalb Monaten abgeschlossen sein. Die Überreste des antiken Stadt Serdika, die auf einer sehr großen Fläche im Stadtzentrum unter dem früheren Parteihaus der Bulgarischen sozialistischen Partei und dem Boulevard "Maria Luisa" liegen sind fast vollständig freigelegt. Es folgt ihre Konservierung, Restauration und Ausstellung für das Publikum. In nächster Zukunft werden wir an römischen Strassen und Mauerwerk von antiken Gebäuden, Basiliken und Bädern auf dem Weg zur neuen U-Bahnstation spazieren können.
Ein großer Teil der antiken Strassen und Gebäude liegt zwischen der modernen Stadt und dem nur wenige Meter unter den Ausgrabungen verlaufenden Tunnel der U-Bahn.
Ein großer Teil der antiken Strassen und Gebäude liegt zwischen der modernen Stadt und dem nur wenige Meter unter den Ausgrabungen verlaufenden Tunnel der U-Bahn. Auf der Oberfläche gibt es Bau- und Straßenlärm und unten geht es bei den Archäologen heiß her. "Wir sind fast am Ende. An vielen Stellen haben wir die letzten Kulturschichten erreicht und beginnen die Funde zu dokumentieren", erläutert der Leiter der Ausgrabungen Mario Iwanow. Der junge Archäologen ist voller Enthusiasmus, wenn er über die 2.000jährige Stadt Serdika spricht. Die Stadt verfügte in der Antike über die für die Zeit modernste Wasserversorgung, moderne Bäder, breite Strassen und bequeme Wohnhäuser mit geräumigen Zimmern. "In einigen dieser Räume findet die Wohnung, in der ich lebe, Platz", scherzt der Archäologe. Die Stadt Serdika erlebt in der Zeit zwischen dem I. und VI. Jahrhundert eine wahre Blühte im Rahmen des Römischen Reiches. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten Funde, die jetzt unter den feinen Pinseln der Archäologen ans Licht kommen:
Mario Iwanow ist voller Enthusiasmus, wenn er über die 2.000jährige Stadt Serdika spricht.
"Das sind die großen Wohnungen von voraussichtlich wohlhabenden Menschen. Davon zeugen sowohl die Ausmaße, als auch die schönen Mosaiken, die wir dieses Jahr entdeckten", berichtet Mario Iwanow. "Wir haben einen Teil eines Gebäudes entdeckt, das wahrscheinlich eine Basilika aus dem IV. Jahrhundert ist. Sie wurde später umgebaut und funktionierte bis zum VI. Jahrhundert. Wir sind auch auf einen Teil eines durchschnittlich großen römischen Bades gestoßen, das voraussichtlich im II. – IV. Jahrhundert in Betrieb genommen wurde, um später in ein Wohngebäude umfunktioniert zu werden. In ihm stießen wir auf Spuren einer Anlage für Bodenheizung, ein kleines Becken mit einem gut erhaltenen Abflussrohr usw. Nach dem XV. Jahrhundert wurden viele Gebäude umgebaut oder wegen anderer Bauarbeiten vernichtet"
Eine der Hauptstraßen von Serdika aus dem II. und III. Jahrhundert
Serdika erlitt wahrscheinlich an Ende des VI. Jahrhunderts ein starkes Erdbeben, das zu einem Ende der Blüte der Stadt führte. Es wurden nur wenige Spuren der Entwicklung der Stadt im Mittelalter gefunden – vor allem kleine Wohnhäuser und die Aufteilung von früheren Gebäuden. Das entspricht nach den Worten von Mario Iwanow nicht der in den historischen Quellen verbreiteten Vorstellung von der mächtigen mittelalterlichen Stadt Sredez. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie in dieser Zeit auf eine der nahen Anhöhen verlegt wurde", mutmaßt der Archäologe. Dafür aber ist das Gebiet reich an Überbleibseln aus der Zeit nach dem XV. Jahrhundert. Aus jener Zeit stammen die Mauern von mittelalterlichen Kirchen und anderen Gebäuden, Spuren der Strassen, sowie die zwei großen Nekropolen mit Hunderten Gräbern. Außerordentlich wertvoll sind laut den Archäologen die gefundenen keramischen Gefäße, Schmuck, Eisengegenstände, antike Münzen, Stempel usw. Die Artefakte werden gegenwärtig genau studiert und werden später in einer speziellen Ausstellung gezeigt. "Wir entdecken immer wieder neue Münzen. Ihre Zahl übersteigt gegenwärtig 2500!" – sagt Dotschka Aladschowa vom Nationalen archäologischen Institut der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Und weiter:
Fragmente von schönen Mosaiken, die nach dem XV. Jahrhundert bei Bauarbeiten zerstört wurden
"Meine Kollegen haben festgestellt, dass es historisches Leben in Serdika seit 20 Jahrhunderten gibt, aber wir haben 24 Jahrhunderte alte Münzen gefunden! Sie mögen zufällig hierher gekommen sein, denn es gibt keine archäologische Schicht, die ihrem Alter entsprechen würde. Sie kamen wahrscheinlich wegen irgendwelcher Handelskontakte. Wir fanden auch interessante Stempel. Der letzte Fund ist ein wunderbar erhaltener mittelalterlicher Stempel aus der zweiten Hälfte des XI. Jahrhunderts. Es war an einem Dokument angebracht, das aus Konstantinopel in die mittelalterliche Stadt Sredez geschickt wurde und von der Rolle dieser Stadt aus jener Zeit zeugt."
Die meisten Funde stammen aus dem 1. bis VI. Jahrhundert
Die Ausgrabungen vor dem früheren Parteihaus der Bulgarischen sozialistischen Partei sollen laut dem Projekt durch eine Glaskuppel überdacht werden. Man wird über die zwei Hauptstrassen der antiken Stadt auf dem Weg zur Ü-Bahnstation spazieren können. Es wird Kaffees, offene Theaterbühnen usw. geben. "Wir möchten, dass die Menschen den Geist des antiken Serdika verspüren", sagt Mario Iwanow. Die Bewohner der Hauptstadt erwarten mit Ungeduld die Eröffnung des archäologischen Komplexes. Das wiederauferstandene Serdika wird zu den Haupttrümpfen der Kandidatur Sofias als europäische Kulturhauptstadt 2019 gehören.
Übersetzung: Vladimir Daskalov
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