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Im gemütlichen Laden eines Antiquitätenhändlers

Foto: Tatjana Obretenowa

Auf den ersten Blick verkauft ein Antiquitätenhändler bloß alte Sachen. Im Laden stöbert man nach Büchern, Bildern und Krimkrams. Doch, nicht jeder Antiquitätenladen ist eine dunkle und verstaubte Kammer. Und das hängt größtenteils vom Händler selbst ab.

Er liebt Gegenstände, die eine eigene Geschichte haben, mit leib und Seele. Er wacht über jedes auch so belanglos aussehendes Kleinkram in seinem pedantisch ordentlichen Laden. Kein Wunder – der heute 58jährige Wladimir Georgiew ist im Sternzeichen Jungfrau geboren und dazu noch ein studierter Arzt. Doch, die zauberhafte Welt der alten Gegenstände verzauberte ihn schon als Kind und so gab er sich der Liebe zur Vergangenheit hin. Alles im vollgestopften Antiquitätenladen hat eine eigene Geschichte, schwärmt Wladimir Georgiew. „Ich erzähle sie nur weiter“, sagt er.

„Wenn ein Gegenstand einer bekannten Person gehört hatte, dann spürt man den Geist jener Zeit“, sagt der Antiquitätenhändler. „Für mich strahlen alte Gegenstände eine gewisse Gemütlichkeit aus, die ich sonst in der heutigen Zeit nicht finde. Dazu zählen z.B. Tierfiguren aus feinstem Porzellan, oder aufwendig gearbeitete Teetassen, oder Gieskannen aus Glas, die so zart sind, dass man sich nicht traut, sie anzufassen. Viele Gegenstände stammen ursprünglich aus Deutschland, denn Deutschland war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der wichtigste Handelspartner Bulgariens“, erzählt Wladimir Georgiew.

Der gelernte Mediziner entdeckte seine Vorliebe für die Kunst noch als Kind. Schon damals sammelte er zunächst belanglose Gegenstände, wie Streichholzschachteln. Bald darauf folgten aber die ersten großen Briefmarkensammlungen. Bis heute noch pflegt Wladimir Georgiew seine Kollektion bulgarischer Säbel und Offiziersdolche.

Снимка„Dazu gehört der Dolch eines der Adjutanten von Zar Ferdinand“, gibt Wladimir Georgiew stolz an. „General Alexi Stojanow, so hieß der Adjutant, war wohl ein sehr groß gewachsener und schlanker Mann. Deshalb ist sein Dolch auch entsprechend lang. Ich habe ihn von seiner Schwester erworben. Die Familiengeschichte ist sehr traurig, wurde aber von vielen geteilt, die mit dem Hof etwas zu tun hatten. General Stojanow verlor eine Schwester während der Bombenangriffe auf Sofia zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Und er selbst verschwand spurlos nach der Machtübernahme der Kommunisten im September 1944“, erzählt der Antiquitätenhändler.

Bulgarien ist ein kleines Land und ein kleiner Markt, so auch für Antiquitäten. Daher hat es Wladimir Georgiew nicht gerade leicht, sich mit seinem Laden über Wasser zu halten. Zumal die wohlhabenden Menschen in Bulgarien, die auch einen Sinn für alte und wertvolle Gegenstände haben, längst im Ausland leben.

„Wie überall in der Welt, so auch in Bulgarien verkaufen sich schnellsten die wirklich teuren und wertvollen Dinge“, sagt der Antiquitätenhändler. „Die wohlhabenden Menschen betrachten diese Anschaffung als eine Investition in die Zukunft. Leider stirbt dieser Handel in Bulgarien allmählich aus. Die jungen Menschen haben keinen Sinn für Antiquitäten. Wenn Auktionen stattfinden, kommen nur alte Menschen hin, die aber nicht mitbieten, weil sie gewöhnlich von einer mickrigen Rente leben“, überlegt Wladimir Georgiew.

Seine Zunft lebt von Kunden, die Wert auf einzigartige Möbelstücke und auf wertvolles Porzellangeschirr legen. Der Antiquitätenhändler freut sich immer, wenn seine Kunden den wunderschönen Gegenständen aus der Vergangenheit ein neues Leben einhauchen. „Es sind wahre Kunstgegenstände“, sagt er. Und das hat seinen Grund, denn einst arbeiteten in den Porzellanfabriken echte Künstler und Bildhauer. Es sei nicht einfach, die alten Möbelstücke oder vergoldeten Kaffeetassen zu restaurieren.

„Zum Thema Restaurieren sind die Antiquitätenhändler geteilter Meinung“, sagt Wladimir Georgiew. „Manche meinen, die Gegenstände seien mit der Patina der Zeit echter. Ich vertrete die Ansicht, dass man sie restaurieren sollte. Der Stuhl des französischen Präsidenten im Ellysee-Palast ist alt, aber nicht abgenutzt, sondern restauriert“, begründet der Antiquitätenhändler seine Meinung.

Übersetzung: Vessela Vladkova



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