Im Zuge der Krise in der Ukraine und der sich daraus ergebenden Risiken für Bulgarien hatte Staatspräsident Rossen Plewneliew für Montag eine außerordentliche Sitzung des Konsultativrates für nationale Sicherheit einberufen. Nach knapp fünfstündigen Debatten einigte sich der Rat mit breitem Konsens auf den Standpunkt des Landes. Diesem zufolge erkennt Bulgarien die Ergebnisse des Referendums auf der Krim nicht an.
Die nationalistische Ataka-Partei sprach sich erwartet dagegen aus. Parteichef Wolen Siderow verließ die Ratssitzung und erklärte, diese Entscheidung sei ein grober Fehler und verstoße gegen unsere nationalen Interessen.
Der Standpunkt des Konsultativrates für nationale Sicherheit wurde traditionell vom Staatspräsidenten bekannt gegeben. "Als Mitglied der Europäischen Union und NATO und unter Berücksichtigung der nationalen Interessen des Landes setzt sich Bulgarien für einen einheitlichen Standpunkt der Gemeinschaft zur Ukraine ein. Die Republik Bulgarien unterstützt die Souveränität und territoriale Einheit der Ukraine. Das am 16. März in der Autonomen Republik Krim durchgeführte Referendum verstößt gegen internationales Recht und die Verfassung der Ukraine, weswegen die Republik Bulgarien die Ergebnisse des Referendums nicht anerkennt."
Bulgarien befürwortet die Unterzeichnung des politischen Teils des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine sowie des Wirtschaftsteils nach der Durchführung freier und demokratischer Präsidentschaftswahlen, heißt es in der Stellungsnahme weiter. Die Stellungnahme sowie die Empfehlungen des Konsultativrates für nationale Sicherheit akzentuieren auf die Sicherheit der bulgarischen Minderheit als auch auf die Wirtschafts- und Energiesicherheit des Landes.
"Der Konsultativrat für nationale Sicherheit appelliert an die ukrainische Regierung, die Rechte und Freiheiten aller Bürger zu wahren, einschließlich der verschiedenen ethnisch-religiösen Minderheiten, zu denen auch die knapp 300.000-köpfige bulgarische Gemeinschaft zählt. Der Rat ist der Auffassung, dass die Diversifizierung der Gaslieferungen, die beschleunigte Verknüpfung der Gasnetze mit den Nachbarstaaten sowie die Erschließung von Gasvorkommen im Schwarzmeerschelf in möglichst kurzen Fristen nationale Priorität ist, für welche es keine Alternative gibt."
Ebenfalls erörtert wurden mögliche Wirtschaftsrisiken für Bulgarien, die im Anschluss an die Ratssitzung von Spitzenpolitikern kommentiert wurden. Nach Ansicht von Ministerpräsident Plamen Orescharski sei die Wahrscheinlichkeit breit angelegter Sanktionen gegen Russland zum gegenwärtigen Zeitpunkt gering. Was die Befürwortung derartiger Sanktionen durch Bulgarien angeht, äußerte er sich lakonisch:
"Wir werden uns in die Formierung eines europäischen Standpunktes einbringen, wie wir es bisher getan haben. Sie erwarten von mit ein klares Ja oder Nein. Im Leben liegen die Antworten jedoch häufig dazischen. D.h., wir werden uns in die Formierung einer europäischen Position einbringen, über unsere Debatten in der EU, gemeinsam mit anderen Mitgliedsstaaten, die ähnliche Standpunkte vertreten."
Eventuelle Wirtschaftssanktionen gegen Russland würden Bulgarien große Verluste bringen, da Interkonnektoren und alternative Lieferwege bestenfalls in 5-10 Jahren Realität werden könnten, meinte GERB-Parteichef Bojko Borisow und weiter:
"Wir sind gegen halbherzige Sanktionen. Solche langfristigen Maßnahmen sind zum Nachteil Bulgariens. Deshalb ist es besser, wenn es keine Sanktionen gibt. Die Regierung sollte ihre getroffenen Entscheidungen auf der Sitzung des Europäischen Rates umsetzen. Auch sollten wir versuchen, als Vermittler zu einer beschleunigten Lösung dieser Krise beizutragen. Die größten Risiken bestehen im Energiebereich, gefolgt vom Tourismus und zwar nicht nur, was die Einnahmen betrifft. Immerhin kreuzen amerikanische, russische und jegliche andere Kriegsschiffe im Schwarzen Meer. Deren Anblick wird wohl kaum zu einem entspannten Urlaub beitragen. D.h. die gesamte Region befindet sich in einer schwierigen Lage."
Das Ausmaß möglicher direkter und indirekter wirtschaftlichen Folgen für Bulgarien infolge von Wirtschaftssanktionen gegen Russland variiere im optimistischsten Fall zwischen jährlich 1-1,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, verweist der BSP-Abgeordnete Janaki Stoilow und weiter:
"Das Wichtigste ist, dass den bulgarischen Bürgern solche Folgen erspart bleiben. Handels- und Wirtschaftssanktionen sind die eine Seite, die Folgen daraus die andere. Der Warenaustausch, vor allem aber die Energielieferungen machen einen Großteil der Beziehungen zwischen Bulgarien und Russland aus."
Obwohl die Meinungen der bulgarischen Behörden zum Krim-Kasus bis vor kurzem sehr weit auseinander gingen, haben sie sich im Konsultativrat für nationale Sicherheit gemeinsam mit den Parlamentsparteien auf einen Konsens geeinigt, mit Ausnahme der Ataka-Partei.
Übersetzung: Christine Christov
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