Nach dem Vorbild anderer Balkanländer sollte Bulgarien die Beteiligung von Bulgaren an der Terrorgruppierung Islamischer Staat als Straftat definieren. Das kann über die Verabschiedung eines Sondergesetzes durch die neue Volksversammlung erfolgen. Das sagte Außenminister Daniel Mitow bei Rundtischgesprächen zum Thema „Perspektiven der bulgarischen Außenpolitik – Risiken und Herausforderungen“. Die Gräueltaten der islamischen Terrororganisation in Syrien und im Irak haben eine Massenflüchtlingswelle ausgelöst, von der auch Bulgarien betroffen ist. Nach Worten von Außenminister Mitow stellt die Dschihadistengruppe eine enorme Gefahr für die nationale Sicherheit und die Sicherheit unserer EU- und NATO-Partner dar.
„Bulgarien schließt sich politisch den Bemühungen der transatlantischen Allianz an, die Gefahren, die von der IS- Gruppierung ausgehen, zu dämmen. Erstrangig ist dabei, sie militärisch außer Gefecht zu setzen, ihre Finanzierungsquellen zu ersticken und sie als politisch akzeptables Modell zu verwerfen. Dazu zählt auch, IS-Kämpfer aus Europa, den USA, Kanada und anderen NATO-Staaten zu identifizieren und deren Heimkehr zu unterbinden“, sagte Daniel Mitow und weiter:„Bulgarien sollte sich diesen Bemühungen anschließen und die Teilnahme bulgarischer Bürger an der Terrorgruppierung als Straftat ansehen. Wir bedürfen einer starken Außenpolitik und brauchen einen nationalen Konsens mit klaren Prioritäten, die nicht mit den Regierungen wechseln.
Bulgarien wird den 30 Kilometer langen Schutzzaun an der Grenze zur Türkei nicht wieder abreißen, da es zu einer neuen Flüchtlingswelle kommen kann. Außerdem ermöglicht er eine bessere Kontrolle an der Grenze, so Außenminister Mitow.
Die Risiken für Bulgarien kommentierte die Balkan- und Nahost-Expertin Sorniza Iliewa. „Die Terrorgruppe Islamischer Staat bildet nicht nur für den Nahen Osten eine Gefahr, sondern auch für die gesamte Balkanregion. Es handelt sich hierbei um ein vollkommen neues Phänomen in Sachen Terrorismus und Islamisierung, das auf große Regionen ohne islamischer Bevölkerung überzugreifen droht. Die Ziele, die die Führer der IS ganz offen anstreben, sind unmissverständlich: Die Errichtung eines Kalifats nicht nur im Nahen Osten, sondern in Europa und später in der ganzen Welt. Sie stützen sich dabei auf die historischen „Lorbeeren“ der Mauren in Südspanien. Das ist keine Religion mehr, sondern politischer Islam mit einer eigenen Finanzierung und Staatszielen, der immer mehr Anhänger unter den jungen Menschen findet. Er stellt eine vollkommen reale Gefahr für Bulgarien als Balkanstaat dar. Hunderte Kämpfer, die sich in Syrien und im Irak auf der Seite der Terroristen schlagen, kommen aus Balkanländern. Bisherigen Angaben zufolge – 3 aus Serbien, einer (offiziell) aus Bulgarien, 150 aus dem Kosovo, 190 aus Bosnien und Herzegowina und 100 aus Mazedonien. Aus diesem Grund und auf Bestehen der USA haben Kosovo, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, die genau wie Bulgarien in einer politischen Krise stecken, bereits Gesetze verabschiedet, die die Manipulation und Anwerbung junger Menschen für den Islamischen Staat kriminalisieren. In Bulgarien gibt es noch kein solches Gesetz. Unsere Mitbürger müssen explizit über diese Gefahr informiert werden. Fakten über die vielen Bombenangriffe und Opfer unter der Bevölkerung in den betroffenen Ländern reichen allein nicht aus. Trotz dieser Informationen fehlt es an einer eingehenden Analyse, an Erklärungen, die die Augen der Bulgaren öffnen. Es geht hier nicht darum, die Menschen gegen die Flüchtlinge aufzuhetzen oder Toleranz zu predigen. Wir brauchen eine Plattform, die die Gefahr und die Wege für deren Überwindung unmissverständlich aufzeigt. Für einen multiethnischen Staat wie Bulgarien ist das besonders wichtig“, so die Expertin.
„Bulgarien hat der kurdischen Armee, die im Nordirak gegen die IS kämpft, Waffen und Munition im Wert von ca. 6 Millionen Dollar zukommen lassen. „Ähnliche Absichten bekunden auch andere EU-Länder wie beispielsweise Frankreich. Die Bombenangriffe und der wachsende Einfluss der Islamisten hat aber die Kurden in Syrien in die Flucht getrieben. Sie suchen Zuflucht in der Türkei, wo die Kurdenfrage jedoch eine äußerst heikle Angelegenheit ist. Die Türkei erlaubt den örtlichen Kurden nicht, ihre Brüder im Ausland im Kampf zu unterstützen. So schließt sich der Teufelskreis. Bulgarien kann sich keine direkte Beteiligung leisten, es kann aber auch nicht wie beispielsweise Tschechien sagen: Das ist ein Problem, das fern unserer Prioritäten ist, weshalb wir uns nicht beteiligen werden.“
„Bulgarien könnte nicht nur mit Waffen Beistand leisten, sondern mit Erfahrungen und auch mit Leuten in Syrien und im Irak, die in Bulgarien studiert haben, Bulgarisch sprechen, unserem Land sympathisieren und keinen Extremistengruppierungen angehören. Sie können unsere Hilfsbrücke sein, da die örtliche Bevölkerung nicht gut auf die Erlaubnis zur Nutzung des Luftraums zu sprechen ist. Solche Entscheidungen müssen mit Bedacht getroffen werden, mit dem Konsens der Gegner und Anhänger des Ostens und des Westens, damit die Politik ausbalanciert ist“, meint Sorniza Iliewa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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