Bis Ende des Monats können die Sofioter und die Gäste der bulgarischen Hauptstadt eine sehr interessante Fotoausstellung im Nationalen Kulturpalast besichtigen, die dem 100. Jubiläum des Ersten Weltkrieges gewidmet ist. Die 45 Bilder werden zum ersten Mal gezeigt. Sie halten Momente aus dem Alltag von Soldaten und Offizieren des 55. Infanterieregiments an der Ägäisküste fest. Die anspruchsvolle Ausstellung wurde vom namhaften bulgarischen Fotografen Iwo Hadschimischew zusammengestellt. Er erzählt über die Vorgeschichte der Ausstellung.
„Wie das Schicksal so will, war mein Großvater Pantscho Hadschimischew zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs Diplomat an der bulgarischen Botschaft in London“, erzählt der Enkel Iwo Hadschimischew. „Aus seinen Notizen erfuhr ich, welche Anstrengungen das kleine Bulgarien angestellt hat, sich aus diesem Konflikt fernzuhalten. Zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges blieb Bulgarien zunächst neutral, ehe es sich an die Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns stellte. Zu jener Zeit war es den bulgarischen Diplomaten nicht möglich, das Interesse der Großmächte auf das kriegsgeplagte Bulgarien zu lenken“, sagt Hadschimischew.
1912-1913 war Bulgarien in zwei Balkankriege verwickelt, ohne das Nationalideal zu erreichen, nämlich alle mit Bulgaren besiedelten Gebiete auf der Halbinsel in einem Staat zu vereinen. Mit dem gleichen Ziel tritt das Land auch in den Ersten Weltkrieg ein. Und erreicht sein Ziel wieder nicht. Deshalb erinnert sich Bulgarien an die Katastrophe vor 100 Jahren eigentlich ungern. Die Fotoausstellung im Sofioter Kulturpalast soll aber die Besucher an jene Zeit erinnern. Der Kurator Iwo Hadschimischew wählte zwischen zahlreichen Bildern aus, gesammelt von verschiedenen patriotischen Gesellschaften.
„Als ich die Fotos zum ersten Mal sah, habe ich einen Schrecken bekommen – in so einem schlechten Zustand waren sie“, erzählt weiter der Kurator. „Ich war mir nicht einmal sicher, dass aus diesen Bildern überhaupt etwas herauszuholen ist. Nun steht die Ausstellung und wir haben eine lange, mühsame Restaurierungsarbeit hinter uns. Dabei ließ ich mich vom Wunsch leiten, den Geist dieser Fotos zu erhalten. Bei vielen Bildern musste ich vieles rekonstruieren, sogar Gesichter wiederherstellen. Es ist uns aber gelungen und es freut mich sehr. Die Fotoausstellung ist besonders wertvoll, denn sie zeigt Fotos aus privaten Alben. Die Besucher sehen Bilder, die nicht von offiziellen Stellen aufgenommen wurden, sondern von einfachen Soldaten und Offizieren“, berichtet Iwo Hadschimischew.
Auf manchen Fotos sind Kommentare der Soldaten zu lesen. „Die Front. Warum?“ steht auf einem der Bilder, das zeigt, wie Soldaten einen Massengrab für ihre getöteten Kameraden graben. Und genau in diesem persönlichen Bezug liegt die Stärke dieser Ausstellung, meint Iwo Hadschimischew.
Übersetzung: Vessela Vladkova
Fotos: bereitgestellt von den Veranstaltern
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