Am heutigen Tage vor 155. Jahren wurde der Gründer der neuzeitlichen Komponistenschule in Bulgarien, Emanuil Manolow, geboren. Obwohl eines seiner Hauptwerke, die Oper „Die arme Frau“, unvollendet blieb, übte es auf seine Zeitgenossen und jüngeren Musiker- und Komponistengenerationen einen überaus großen Einfluss aus. Die Oper selbst entstand nach einem Gedicht des Nationalschriftstellers Iwan Wasow, und vereint in sich die Traditionen der italienischen Opernkunst und der Stadtfolklore.
In unserem Tonarchiv wird ein Interview mit dem populären bulgarischen Filmregisseur Georgi Djulgerow aufbewahrt, in dem er wenig bekannte Einzelheiten über das Opernwerk von Manolow erzählt: „Emanuil Manolow hat die Oper „Die arme Frau“ in einer Zeit geschrieben, in der es hierzulande noch keine finanzielleн Zuwendungen für Komponisten, ganz zu schweigen von Operntraditionen gab“, sagt Djulgerow. „Damals schwelgte die Welt in den Klängen von Verdi, Wagner, Mascagni und anderen Operntitanen. In meinen Nachforschungen ergab sich, dass das wegen seiner Naivität verschriene Libretto der Manolow-Oper, im Grunde genommen auf ganz persönlichen Erlebnissen des Komponisten beruht. In der Hauptheldin kann man seine Mutter wiedererkennen. Die Oper erzählt von einer armen Frau, die sich aufmacht, um Geld für ihre Kinder aufzutreiben. In der Biographie von Manolow ist ein ähnliches Sujet zu finden: Seine mittellos gebliebene Mutter sah sich gezwungen, ihren Haushalt an das Kloster nahe ihrer Geburtsstadt Gabrowo zu verpfänden, um die Ausbildung ihrer Söhne bezahlen zu können. Die Mittel reichten für eine gemeinsame Reise nach Kiew, wo sie sich an den bulgarischen Bischof Josif Sokolski mit der Bitte um ein Stipendium für ihre Kinder wandte. Als sie begriff, dass ihr keine Hilfe erteilt werden kann, unternahm sie einen riskanten Schritt: Sie übergab ihre Kinder der bulgarischen Vereinigung in Odessa, setzte sie also aus und trennte sich von ihnen. So konnten die Kinder doch noch eine Ausbildung erhalten. Die Gesangsbegabung von Emanuil Manolow blieb nicht unbeachtet und der Junge wurde in die Chorkapelle nach Moskau geschickt. Schnell wurde er zum Liebling der Musikfreunde, die ihm eine Ausbildung am Moskauer Konservatorium ermöglichten. Der Ausbruch des Serbisch-bulgarischen Krieges hinderte ihn daran, es zu beenden und er kehrte 1885 nach Bulgarien zurück.“
In seiner Heimat angekommen, begann Emanuil Manolow im Blasorchester des 1. Sofioter Regiments zu spielen. Das Schicksal verschlug ihn jedoch in die Kleinstadt Kasanlak, wo er bis zu seinem Lebensende wirkte. Dort waren seine fruchtbarsten Schaffensjahre.
Der Dirigent Josko Josifow, der sich mit dem Werk von Emanuil Manolow aktiv auseinandergesetzt hat, erzählte uns Einzelheiten: „In einer Zeit, als in Bulgarien ein großer Bedarf an Musik und Kultur herrschte, sah sich Manolow vor einem Kreuzweg gestellt – sollte er den ausländischen Einflüssen folgen, oder den heimischen Traditionen den Vorzug geben“, sagt der Dirigent. „Manolow wählte die Folklore und damit nahm er sich der schweren Aufgabe an, die Musikentwicklung in Bulgarien in die richtige Bahn zu lenken. Nicht zufällig genoss der Komponist ein großes Ansehen unter seinen Mitbürgern, zumal er für die Kulturentwicklung von Kasanlak immens viel geleistet hat.“
In Kasanlak war Emanuil Manolow als Lehrer tätig, gründete einen gemischten Chor und befasste sich mit dem Sammeln und Aufbereiten von Volksliedern.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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