Der Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ in Paris wird noch lange seinen blutigen Schatten auf unser Leben werfen und uns nachdenklich machen. Nachdenklich ist auch der Schriftsteller Rossen Tachow geworden, der die Geschichte der Karikaturisten in Bulgarien studiert hat.
„Die ersten Karikaturen in Bulgarien stammen noch aus der Zeit vor der Befreiung des Landes von der türkischen Fremdherrschaft 1878“, erzählt Tachow. „Die erste Karikatur mit Bulgarien-Bezug stammt von Henrich Dembitzki – einem Polen, der sich in der Walachei im heutigen Rumänien niedergelassen hatte und Freund des bulgarischen Dichters und Revolutionärs Hristo Botew war. Eben für die Zeitungen, die Botew herausgegeben hat, zeichnete Dembitzki. Es gilt als nachgewiesen, dass Botew die Ideen für die Karikaturen gegeben hat und Dembitzki sie nur umgesetzt hat“, behauptet Rossen Tachow.
Ihm zufolge hatten es die Karikaturisten in Bulgarien nie leicht. „Auch in der Monarchie und während des kommunistischen Regimes wurden sie verfolgt und vors Gericht gebracht“, sagt Tachow. Anfang des 20. Jahrhunderts führte die Zeitung „Balkan Tribüne“ einen regelrechten Krieg gegen das Regime von Fürst Ferdinand. Die Karikaturen von Iwan Slawow stechen ins Auge und der Zeichner wurde in einer kleinen und dunklen Gasse in der Sofioter Innenstand brutal zusammengeschlagen.
„Als Begründer der modernen Karikatur in Bulgarien gilt Alexander Boschinow“, berichtet weiter der Schriftsteller Rossen Tachow, der die Geschichte der bulgarischen Satirezeichnungen studiert hat. „Er ließ kein einziges geschichtliches Ereignis aus, ohne es interpretiert zu haben. Das kommunistische Regime verurteile ihn 1945 wegen seiner Karikaturen, genauso, wie auch Alexander Dobrinow, der wegen seiner Karikaturen sowohl vor der Machtübernahme der Kommunisten 1944, als auch danach im Gefängnis saß“, erzählt Rossen Tachow.
Über den Karikaturisten Rajko Alexiew, eine bemerkenswerte Persönlichkeit in der bulgarischen Presse, durfte vor der Wende nicht einmal gesprochen werden. Der Schriftsteller Rossen Tachow besuchte nach der Wende dessen Witwe in Wien und erfuhr mehr über Rajko Alexiew.
„Er wurde unmittelbar nach der Machtübernahme der Kommunisten am 9. September 1944 zusammengeschlagen“, erzählt der Schriftsteller. „Die letzte Nummer der Satirezeitschrift von Rajko Alexiew `Sturez`, zu Deutsch `Grille`, erschien am 8. September 1944. Die ersten Karikaturen von Lenin zeichnete Rajko Alexiew allerdings für eine andere Zeitschrift und wegen dieser Karikaturen wurde er krankenhausreif geschlagen. Danach wurde er festgenommen und zwei Wochen lang gefoltert, bis er starb“, berichtet Rossen Tachow.
Aus der kommunistischen Zeit stammen auch weitere emblematische Karikaturen. 1968 erschien der Satireband „Peperoni“ von Radoj Ralin mit Illustrationen von Boris Dimowski. Und in dieser Ausgabe scherzte Dimowski mit der Unterschrift des damaligen Staats- und Parteichefs Todor Schwikow, die er als ein Schweineschwänzchen dargestellt hat. Die Folgen für die Autoren war, dass die gesamte Auflage vernichtet wurde. Der letzte bulgarische Karikaturist, der vor der Wende wegen seiner Zeichnungen von Todor Schiwkow ins Gefängnis gesteckt wurde, ist Todor Zonew 1979. Nach der Wende hat man seine Karikaturen Schiwkow gezeigt. Er soll selbst darüber gelacht haben.
Übersetzung: Vessela Vladkova
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