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Justizminister Iwanow: Eine echte Justizreform ist eine Frage der politischen und institutionellen Verantwortung

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100 Tage sind mittlerweile seit dem Amtsantritt des zweiten Kabinetts von Bojko Borissow vergangen und die Regierenden sind der Meinung, dass sie eine „breite Reformfront“ eröffnet hätten – trotz der Kritiken seitens der Opposition und der Unternehmen, dass solche noch fehlen. Die dringendsten Reformen sind die in den Bereichen der Justiz, der Korruptionsbekämpfung auf höchster Ebene der staatlichen Verwaltung und der Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Unabhängig vom gemäßigten Ton, in dem der letzte EU-Fortschrittsbericht verfasst war, sind die Empfehlungen darin eindeutig:

Dieser Bericht ist als ein sehr vorsichtiger Vertrauenskredit zu betrachten“, erklärte Justizminister Hristo Iwanow in einem Interview mit Radio Bulgarien. „Uns muss aber bewusst sein, dass die Zinsen für diesen Kredit außerordentlich hoch sind. Und wenn wir die Zeit nicht nutzen, die uns gegeben ist, um sichtbare und wesentliche Reformen durchzuführen, dann wird der nächste Bericht sehr scharf formuliert sein, davon bin ich überzeugt“, so Justizminister Iwanow weiter.

Die erste der insgesamt 16 Empfehlungen ist mit der Arbeit des Obersten Justizrates verbunden. Es wird wieder an die Empfehlung der Venedig-Kommission für Demokratie durch Recht erinnert: Staatsanwälte und Ermittler dürfen sich nicht an Entscheidungen beteiligen, die die Karriereentwicklung von Richtern betreffen.

Mehr hoch – im Obersten Justizrat haben derzeit die Politiker stärkeren Einfluss als die Richter“, sagt Minister Iwanow weiter. „Die Mitglieder des Rates, die vom Parlament gewählt werden, sind mehr als die Richter und so wird die Selbstverwaltung der Gerichte beeinträchtigt. Es gibt ganz klare internationale Standards, dass die Entscheidungen, die die Karriere von Richtern betreffen, von einem Gremium getroffen werden müssen, in dem Richter die Mehrheit haben, die von anderen Richtern gewählt wurden. Die Neustrukturierung des Obersten Justizrates hat aber auch andere Dimensionen. Zum ersten Mal muss ein Kollegium von Staatsanwälten und Ermittlern geschaffen werden. Auf diese Weise wird ein kollektiver Prozess in der Leitung der Staatsanwaltschaft ermöglicht. Das ist der Beginn eines neuen Leitungsmodells der Staatsanwaltschaft, das ihre Arbeit effektiver machen kann. Das ist auch eines der Hauptziele der Justizreform. An zweiter Stelle muss die Neuregelung der Arbeit des Obersten Justizrates mit einer Neuregelung der Verwaltung der Gerichte einhergehen.“

Eine echte Justizreform ist eine Frage der politischen und der institutionellen Verantwortung, ist Justizminister Iwanow überzeugt und er gibt ein Beispiel dafür mit der vom bulgarischen Parlament gebilligten Strategie für diese Reform:

Wir haben gesehen, dass sich bei den Diskussionen über die Strategie für die Justizreform im Parlament etwas herausgebildet hat, was ich als „Koalition der Nichtwollenden“ bezeichne“, sagte Justizminister Iwanow weiter. „Es stellte sich aber heraus, dass niemand dort in die Rolle eines Gegners der Justizreform schlüpfen möchte. Es gibt also eigentlich keinen Grund, warum im Parlament in dieser Frage nicht eine ausreichende Mehrheit von Abgeordneten zustande kommt, um die dafür notwendigen Änderungen im Grundgesetz vorzunehmen. Ob eine Koalition der Wollenden gebildet werden kann und ob wir die Justizreform zur nationalen Priorität erheben können, unabhängig davon, welche Partei gerade regiert, wird sich noch zeigen“, so Hristo Iwanow.

Der Justizminister fügt noch hinzu, dass die Strategie für die Justizreform einen Zeitraum von sieben Jahren umfasst. Die Reform ist keinesfalls nur in einem „stürmischen Sommer“ zu bewältigen, sagte er ferner und deutete damit an, dass im kommenden Sommer ein mündlicher Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission erwartet wird. Die von bulgarischer Seite erwarteten Veränderungen müssen auf vielen Ebenen gleichzeitig vorgenommen werden. In der Strategie ist ein ganzes Paket von Reformen des Modells der Verwaltung der Justiz beschrieben. Das schließt eine neue Organisationsstruktur der Staatsanwaltschaft, ein neues Verwaltungsmodell für die Gerichte und eine neue Politik in der Strafgesetzgebung ein, denn die Verbrechensbekämpfung sei noch viel zu sehr von der Konjunktur beeinflusst, so Justizminister Hristo Iwanow abschließend.

Übersetzung: Petar Georgiew



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