Am 25. März begeht die Bulgarische orthodoxe Kirche das Fest „Blagowestenie“, auf Deutsch Mariä Verkündung oder Verkündigung des Herrn. Das Wort selbst bedeutet so viel, wie gute Nachricht bringen, erteilen. Dieser Tag der guten Nachricht hängt mit den biblischen Überlieferungen sehr eng zusammen. Am 25. März wird demnach der Tag gefeiert, an dem Erzengel Gabriel der Heiligen Jungfrau Maria die Nachricht überbrachte, dass sie guter Hoffnung ist und ihr Sohn zum Erlöser der Welt werden soll.
Parallel zum kirchlichen Fest feierten unsere Vorfahren aus allen Landesteilen auch ein Volksfest, das mit einer Reihe von rituellen Handlungen und Tabus verbunden war. Nicht zu vergessen ist auch, dass Blagowestenie mitten der großen Fastenzeit vor Ostern liegt, für die strengste Enthaltsamkeit geboten war. Im Volksglauben war dies auch die Zeit des Übergangs, wenn die Natur aus dem langen Winterschlaf erwacht und sich darauf vorbereitet, Früchte zu tragen. Gerade das war die Zeit der Dämonen und Fabelwesen, von denen die Volkslieder berichten.
Es gibt Hunderte von Volksliedern zum Fest der Mariä Verkündung, die mit den Worten beginnen: “Der Kuckuck ruft aus dem Wald”. Dabei wird aber nicht nur das Frühlingserwachen im Wald besungen. Die meisten dieser Lieder erzählen über die gute Nachricht, dass die Jungfrau Maria guter Hoffnung ist. Im Volksglauben ist der Kuckuck ein verzauberter Mensch, der sein Leben lang kein Zuhause finden kann und deshalb von einem Ort zum anderen zieht. Dabei bringt er immer neue Nachrichten mit sich.
In den bulgarischen Märchen heißt es, dass man die Kuckucksrufe genau abzählen muss, um zu erfahren, wie viele Lebensjahre einem noch bleiben. Und noch etwas: Es gilt bis heute noch als ein schlechtes Omen, wenn man gerade hungrig ist und kein Geld in der Tasche hat, wenn man den Kuckuck hört. Das bedeutet nämlich, dass man das ganze Jahr über hungrig und ohne Geld sein wird. Deshalb pflegt man bei uns zu sagen, gehst du im Frühling in den Wald, dann stecke dir ein paar Groschen und etwas Brot in die Tasche, nicht dass du den Kuckuck hörst!
Am Blagowestenie, am 25. März, vollführte man einst rituelle Handlungen mit reinigender Symbolik. So musste jede Hausfrau den ganzen Hausrat auf Hochglanz polieren und überall im Hof, in der Scheune und im Garten sauber machen. Der Unrat wurde dann zu einem Scheiterhaufen gebracht und angezündet. Alle Familienmitglieder mussten dieses Feuer überspringen, damit sie im kommenden Sommer gesund bleiben. Es hieß auch, dass das Feuer an Mariä Verkündung eine schützende und reinigende Kraft besitzt. Am Vorabend des Volksfestes musste man auch eine Reihe von Tabus streng einhalten. Dies erklärte man sich mit den zum neuen Leben erwachenden Kräften des Bösen, was wir heute anhand der Texte von zahlreichen Volksliedern ablesen. In manchen Liedern kündigt der Kuckuck ein böses Geschick an. So durften zum Beispiel die jungen Mädchen am Tag der Mariä Verkündung nicht zum Brunnen gehen, denn dort lauerten ihnen Waldfeen, um sie zu entführen.
Es gab noch viele Aberglauben, die mit dem Tag der Mariä Verkündung am 25. März zusammenhängen, dem Tag der guten Nachricht. So hieß es zum Beispiel, dass in der Nacht zu Blagowestenie ein blauer Schimmel dort aufsteigt, wo vergrabene Goldschätze liegen. Ältere Menschen auf dem Land erzählen, wie man sich früher über die Schatzgräber lustig machte. Sie ließen angezündetes Heu unter großen Körben glimmen, so dass es blau schimmerte. In der Nacht machten sich dann die Schatzgräber fleißig an die Arbeit, doch vergebens. Am darauffolgenden Tag machten sich dann die Spaßvögel über die überlisteten Schatzsucher lustig.
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