Es brauen sich dunkle Wolken zusammen und erstes Donnern ist zu vernehmen. Ein Hagelsturm naht… und plötzlich hört man ein Zischen, das mit einem lauten Knall endet… und nochmal… und nochmal. Auf die Erde fällt nun kein vernichtender Hagel, sondern Regen…
Den Start von Hagelraketen kann man in fast ganz Bulgarien sehen, denn im ganzen Land stehen rund 200 Rampen der Hagelabwehr. Der Aufbau des Schutzsystems wurde 1968 in Abgriff genommen, wobei im Jahr darauf erste Tests stattfanden. Die Hagelabwehr ist bis heute dem Landwirtschaftsministerium unterstellt.
Der Direktor der Technikabteilung Jordan Jordanow ist für den Hagelschutz in der Region Wratza in Nordwestbulgarien verantwortlich. Allein dort befinden sich 24 Raketenstartplätze. Jeder von ihnen deckt ein Gebiet von zehn Quadratkilometern ab. Die Aufstellungsorte wurden nicht zufällig gewählt. Es handelt sich im Grunde genommen um ein ganzes System, denn eine Hagelwolke muss von zwei Seiten aus beschossen werden.
„Unsere grundlegende Aufgabe besteht im Schutz der landwirtschaftlichen Produktion vor Hagel. Wir hier in Wratza schützen rund 170.000 Hektar“, erzählt Jordan Jordanow. „So betragen nach unserem Eingreifen die Verluste in Folge von Hagel nur 20 bis 30 Prozent. Im günstigsten Fall kommt es überhaupt zu keinen Verlusten. Alles hängt aber von den Witterungsverhältnissen ab.“
Weit verbreitet ist die Ansicht, dass man mit den Raketen die Hagelkörner noch in der Luft vernichte. Das ist jedoch nicht der Fall! Sobald sich nämlich Hagelkörner gebildet haben, kann sie nichts mehr aufhalten. Jordan Jordanow erläutert:
„Die Raketen werden auf eine bestimmte Bahn gebracht und in etwa drei Kilometer Höhe über dem Erdboden beginnen sie Silberjodid zu versprühen, das man von der Erde aus als Rauch wahrnimmt. Das Silberjodid hat ein ähnliches Kristallgitter wie das Eis. An seinen Molekülen haftet sich sofort das Wasser in der Luft an und gefriert. Wir verhindern also die Bildung von großen Hagelkörnern, indem wir zur Bildung von vielen, dafür aber bedeutend kleineren anregen.“
Wenn sich also beispielsweise in einer Hagelwolke eine Million Körner in Wallnussgröße bilden können, führt das Silberjodid zur Bildung von 100 Millionen Körnern mit der Größe von Weizenkörnern. Während ihres Falls zur Erde schmelzen viele, während die verbliebenen keine großen Schäden anrichten. Das Problem stellt lediglich die Vorwarnung dar, denn Hagel kann nur kurzfristig prognostiziert werden. D.h. man muss schnell reagieren. Es gibt ein spezielles Messsystem, bei dem aller drei Minuten Informationen über die Prozesse in den Wolken und die Tropfenarten gegeben werden. Ein anderes System wiederum ermittelt im Notfall die genaue Lage der Hagelwolke und gibt die Koordinaten an die entsprechenden Raketenrampen weiter. Dort machen Fachleute die Raketen startklar und feuern sie auch ab. Dazu haben sie lediglich etwa nur eine Minute Zeit…
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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