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Die Flüchtlingskrise – ein Damoklesschwert über Europa

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Foto: BGNES

Die Flüchtlingskrise war führendes Thema während der ersten Plenarsitzungen im Europäischen Parlament und in der bulgarischen Volksversammlung. In der Plenardebatte am Dienstag über die Ergebnisse des EU-Gipfels im Dezember haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk die Staats- und Regierungschefs für ihre Unfähigkeit bei der Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingskrise kritisiert.

"Wenn die Mitgliedstaaten die Maßnahmen durchgesetzt hätten, die wir vorgeschlagen haben, dann wäre die Lage eine bessere", betonte EU-Kommissionspräsident Juncker. Der bulgarische Premier Bojko Borissow wiederum vertritt die Ansicht, dass die EU ihre Grenzen für Flüchtlinge schließen sollte. Während der ersten Sitzung in der Volksversammlung erklärte Borissow, die Dublin-Vereinbarung und die Flüchtlingsquoten würden nicht funktionieren.

Wir haben immer entschieden die Position vertreten, dass die Grenzen unverzüglich geschlossen werden sollten. Migranten, die bereits in Europa sind und denen man Bildung, Arbeit und Sozialleistungen sichern kann – Ok. Die anderen sollten wieder in ihre Heimatländer zurückkehren“, so Borissow. „Wir haben auch die Quoten unterstützt, aber auch sie können nicht funktionieren, denn sie würden nicht Flüchtlingslager, sondern Gefängnis bedeuten. Es gibt etliche Fälle, bei denen Migranten wiederholt aus unseren Flüchtlingslagern fliehen, wir sie aber wieder dorthin zurückbringen. Europa hat keine Haltung, was genau zu tun wäre und wie“, sagte Regierungschef Borissow.

Seinen Worten zufolge würden die meisten Migranten aus Afghanistan kommen und könnten schwer in die Gesellschaft integriert werden. Nach der Äußerung des Ministerpräsidenten erklärte Außenminister Daniel Mitow, unser Land erwarte eine klare Politik und Kontrollen in Sachen EU-Außengrenzen.

Wir bestehen seit langem darauf, dass die Umsetzung des Rückführungsabkommens mit der Türkei so schnell wie möglich beginnt“, sagte Außenminister Mitow. „Zudem sollten Griechenland und die Türkei zügig das Abkommen über ein trilaterales Kontrollzentrum an der bulgarisch-türkischen und griechisch-türkischen Grenze signieren. Es liegt auf der Hand, dass Europa den Andrang von Menschen, die wir als Flüchtlinge bezeichnen, die aber größtenteils keine Flüchtlinge sind, nicht im Nu bewältigen kann. Den Flüchtlingen schulden wir eine gewisse Solidarität, doch ist das Flüchtlingsstatut nicht für immer. Diese Menschen sollten in ihre Länder zurückkehren und sich an deren Wiederaufbau und Stabilisierung beteiligen. Für Wirtschaftsmigranten sollte es klare, EU-weite Rückführungsregeln geben“, so Außenminister Mitow.

Die Migration wird auch im Europäischen Parlament zentrales Thema sein, ist sich die bulgarische Europaabgeordnete und Vizevorsitzende der Parlamentsfraktion der Europäischen Volkspartei Maria Gabriel sicher.

Uns ist bewusst, dass ein einzelnes EU-Land dieses Problem nicht allein lösen kann“, betont Maria Gabriel. „Es ist eine gemeinsame Herangehensweise sowohl der europäischen Institutionen als auch der EU-Länder notwendig. Drei Elemente sind dabei von Schlüsselbedeutung: starke Grenzen, klare Verfahren, die eine schnelle Reaktion ermöglichen und ein System zur Früherkennung von Problemen und Risikosituationen. Es wurden bereits gewisse Schritte in diese Richtung unternommen, doch ist es für das Europäische Parlament wichtig, dass die einzelnen EU-Länder sich nicht in den Weg einer schnelleren Entscheidungsfassung stellen, sondern dass die auf EU-Ebene getroffenen Beschlüsse im Geist der Solidarität und der gemeinsam geteilten Verantwortungen umgesetzt werden.

Im Europäischen Parlament sieht eine Neufassung des Dublin-Abkommens vor. Sollte das geschehen, muss sich Sofia nicht mehr davor fürchten, dass Flüchtlinge aus anderen Ländern wieder nach Bulgarien abgeschoben werden, nur weil sie zuerst in unserem Land eingereist sind. Es soll auch das von der EU-Kommission ausgearbeitete Gesetzespaket zur legalen Zuwanderung und der EU-Blue-Card-Richtlinie erörtert werden. Die sogenannte Blaue Karte gibt hochqualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten ein Aufenthalts- und Arbeitsrecht in der EU. Sie soll den Austausch von Fachkräften fördern, deren Ziel es aber ist, wieder in die Heimat zurückzukehren und nicht ständig in der EU zu verbleiben. Alles gute Ansätze, bis sie aber gebilligt sind, müssen wir die Probleme aus eigenen Kräften stemmen und uns auf die geteilten gemeinsamen Verantwortungen der EU-Länder verlassen. Die Frage ist nur, inwiefern diese Verantwortungen tatsächlich geteilt sind.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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