Wie bei den meisten Folklorekünstlern, wurde auch bei Kosta Kolew die Liebe zur Volksmusik bereits in Kinderjahren wach. Geboren im Dorf Korten bei Sliwen in Ostbulgarien, nahm er schon früh das Akkordeon in den Schoß und versuchte die gehörten Volksliedmelodien nachzuspielen. Aus der Spielerei wurde Berufung – er studierte an der Musikakademie in Sofia und begann 1949 am Bulgarischen Nationalen Rundfunk zu arbeiten. Das Volksmusikorchester unseres Hauses wurde für mehr als 30 Jahre zu seiner Wirkungsstätte. Künstlern wie Kosta Kolew ist es zu verdanken, dass das Rundfunk-Volksmusikorchester zu einem der besten Klangkörper dieser Art in Bulgarien avancierte. Kolew war überaus anspruchsvoll, sowohl als Dirigent, als auch als Komponist. Er verhalf dem Orchester zu einem enorm großen Repertoire. Als Kenner der bulgarischen Musikfolklore und der Volksmusikinstrumente, vermochte er jenes Gleichgewicht im Klang zu erreichen, wie es großen Symphonieorchestern eigen ist, denn große Volksmusikorchester hatte es bis dahin nicht gegeben. Kolew bereitete die Partituren bis ins kleinste Detail vor, um den Musikern die Arbeit zu erleichtern. Er versah sie mit den entsprechenden Fingersätzen und Ausführungskommentaren. Das Zusammenspiel klappte hervorragend und die Ergebnisse überzeugten sogar Kritiker, die darauf hinwiesen, dass Volksmusikorchester dieser Größenordnung allen Traditionen widersprechen. Es verwundert also nicht, dass die bedeutendsten Folklore-Gesangsinterpreten mit ihm zusammenarbeiten wollten.
„Bei der Bearbeitung ging er als Komponist sehr behutsam vor und legte großen Wert auf die Stilreinheit“, erzählte uns Maria Leschkowa, Gattin von Kosta Kolew. „Es war für mich eine Ehre, seine Partnerin im Leben und in der Arbeit zu sein“, sagt weiter Maria Leschkowa. „Wir haben uns wunderbar verstanden. Gott war zu uns gnädig und wir haben lange Jahre zusammen verbracht. Kosta war ein recht verschlossener Mensch, denn hatte es nicht einfach gehabt. Als er nach dem Krieg nach Sofia ging, um Musik zu studieren, meinte seine Familie, dass das leeres Zeug sei, mit dem er sich beschäftige. Er sollte Zahnarzt werden, doch die Bekanntschaft mit dem Komponisten Paraschkew Hadschiew erwies sich als ausschlaggebend. Er erkannte in dem jungen Mann das Talent zur Musikfolklore.“
Kosta Kolew lernte seine künftige Frau Maria Leschkowa auf Arbeit kennen. Nunmehr war er es, der musikalischen Einfluss ausübte:
„Das Wichtigste, das ich von ihm gelernt habe, ist, Ideen aus der Originalmusik zu schöpfen“, erzählt die Gattin des Komponisten und Dirigenten. „Ich habe vor Kurzem in einer der Partituren eine Notiz von ihm entdeckt. „Ausschließlich und einzig bulgarischer Klang“, hatte er an einer Stelle vermerkt. Als ich Kosta Kolew kennenlernte, war ich 23 Jahre alt. Ich hatte die Musikakademie in Plowdiw beendet und er gab mir Ratschläge, wie ich mein Repertoire zusammenstellen solle, damit es einen höheren künstlerischen Wert besitzt. Die Lieder sollten keinen anderen gleichen; ich sollte Wert auf Authentizität legen. Er hatte Erfahrungen. Stets nahm er an den Jurys der verschiedenen Folklorewettbewerbe teil und kam jedes Mal mit reichen Eindrücken nach Hause. Seine Sammlung mit Folklorebeispielen aus den einzelnen Regionen war sehr groß. Bereits zu Lebzeiten wurde er von Kollegen und Publikum hoch geschätzt. Derzeit bin ich damit beschäftigt, seinen Nachlass zu digitalisieren. Ich will, dass die jüngeren Generationen aus seinen Erfahrungen lernen. In Vorbereitung ist ein Sammelband mit Liedern aus ganz Bulgarien, die noch nicht eingesungen worden sind. Ich denke, dass die jungen Interpreten darin viele Lieder für sich entdecken können.“
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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