Suzanna Klintcharova wurde in einer Künstlerfamilie geboren: Ihr Vater Evgeni Klintcharov war Maler, während ihre Mutter Vera Popova als Pianistin tätig war. Die Liebe zur Musik wurde in ihr früh geweckt und häufig wollte sie, dass ihr ihre Mutter anstatt ein Märchen vorzulesen, eines ihrer Lieblingstücke vorspielt. Im Alter von 5 Jahren saß sie bereits selbst am Klavier. Als sie 12 Jahre alt war, riet man ihr aufgrund eines physischen Problems mit den Händen, das Instrument zu wechseln bzw. die Laufbahn als Instrumentalistin zu vergessen. Doch da lernte sie die Harfe kennen – es war eine Liebe auf den ersten Blick. Suzanna war verzaubert vom Klang und den Möglichkeiten dieses Instruments.
„Bereits die erste Berührung der Harfe war für mich ein aufregendes Erlebnis“, erinnert sich die Musikerin. „Die Erfahrungen, die ich beim Klavierspiel angehäuft hatte, halfen mir sehr; die Harfe ist aber ein schwer zu spielendes Instrument. Ich hatte großes Glück, bei Susanna Meldonian am Königlichen Konservatorium Brüssel studieren zu können. Sie war eine Expertin bei der Überwindung technischer Schwierigkeiten und der Erzeugung phantastischer Klangbilder. Unter ihrer Leitung machte ich schnell Fortschritte. Sie empfahl mich an Pierre Jamet, bei dem sie selbst französische Musik spezialisiert hatte. Er war die lebendige Brücke zu den Meistern der Harfenmusik, wie Maurice Ravel, Claude Debussy und André Caplet, unter deren persönlicher Leitung er ihre Werke gespielt hatte. Er selbst hatte bei Alphonse Hasselmans gelernt, der als Harfenist, Komponist und Pädagoge maßgeblich zur Entwicklung der Harfenmusik beigetragen hat. Camille Saint-Saëns, Gabriel Fauré und andere Komponisten haben speziell für ihn und seinen Unterricht Werke komponiert.“
Prof. Suzanna Klintcharova gibt nun ihrerseits ihre Erfahrungen an ihre Schüler und Studenten weiter. Es geht ihr jedoch nicht nur um virtuose Beherrschung des Instruments – die Nachwuchsinterpreten sollen lernen, mit ihrem Spiel die Komponisten zu neuen Werken zu inspirieren.
„Gerade bei der Harfe ist das eine außerordentlich wichtige Aufgabe“, ist die Harfenistin überzeugt. „Die Harfe schränkt aufgrund technischer Besonderheiten die freie kompositorische Entfaltung ein. Viele Werke sind auf der Harfe einfach unspielbar, oder man bricht sich sprichwörtlich die Finger, um es einem Komponisten recht zu machen. Damit jedoch ein Werk in das Repertoire vieler Harfenisten aufgenommen wird, muss es zumutbare technische Anforderungen stellen. Und das ist eines meiner Grundanliegen innerhalb meiner Arbeit mit Studenten. Vor 6 oder 7 Jahren lud mich der damalige Rektor der Neuen Bulgarischen Universität, Prof. Bogdanow, zur Leitung von Meisterklassen ein. Die Meisterklassen an dieser Universität können Studenten der verschiedensten Fachrichtungen besuchen – Theater- und Film-Studenten, angehende bildende Künstler, sogar Politologen. Es ist gut, wenn sie ihre Sicht erweitern können. Die Harfenisten sollen ihrerseits ihre Rolle begreifen, nämlich dass ihr Platz nicht einzig auf dem Konzertpodium ist, während sich alle anderen Fachrichtungen mit dem Neuen und Unbekannten auseinandersetzen.“
In den letzten Jahren ist Prof. Suzanna Klintcharova vor allem in den USA, Frankreich und Bulgarien aufgetreten. In ihrer Aufnahmetätigkeit hat sie sich auf Solo- und Kammerwerke konzentriert. Große Beachtung schenkt sie Werken zeitgenössischer bulgarischer Komponisten, die häufig speziell für sie Stücke schreiben. Die Harfenistin seufzt und meint mit Bedauern, dass leider ein Menschenleben nicht ausreiche, um alle Werke zu spielen, die man gern interpretieren würde...
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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