Heute Abend findet im renommierten Bulgaria-Saal in Sofia ein Konzert der „Gundecha Brothers“ statt. Die Gebrüder Umakant und Ramakant Gundecha sind Vertreter des „Dhrupad“ – dem wohl ältesten bis heute fast unveränderten Gesangsstil der klassischen indischen Musik. Den Sängern ist eine schöne und starke Stimme eigen und dank ihrer Bildung sind sie in der Lage, mit einem sehr niedrigen Klangregister zu singen. Die „Gundecha Brothers“ setzen die Dagar-Schule fort, in der seit 19 Generationen eine der vier stilistischen Varianten des klassischen Dhrupad auf die Jahrtausende alte Art – Lehrer-Schüler-Nachfolge (Guru Shishya Parampara), gelehrt wird. Die Gebrüder sind Gründer eines Instituts in der Stadt Bhopal, Hauptstadt des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh. In dieser Stadt haben sie ihre Ausbildung erfahren und bilden nun selbst Schüler aus Indien und der ganzen Welt aus, nicht nur in ihrem Heimatland selbst, sondern auch in Dutzenden Ländern Asiens, in Australien und Afrika.
Vor ihren Konzerten und Seminaren in Bulgarien haben die „Gundecha Brothers“ die Freunde dieser Musik in Nordamerika und verschiedenen Ländern Europas erfreut. Die Brüder sind jedoch nicht allein – mit auf der Bühne sind begleitende Instrumentalisten, die die Langhalslaute Tanpura und die Pakhawaj als Rhythmusinstrument spielen. Beide Instrumente gehören zum traditionellen Dhrupad-Ensemble. Die Tanpura ist ein Seiteninstrument, dessen Klang, Schwingungen und Harmonie der menschlichen Stimme am nächsten kommt und eine besondere Wirkung auf die Energiezentren des menschlichen Körpers ausübt. Sie ähnelt im Klang und Aufbau der Sitar, besitzt aber im Unterschied zu ihr keine Bünde. Die Doppelfelltrommel Pakhawaj ist ihrerseits einzigartig, was ihre Vielzahl an unterschiedlichen Klangmöglichkeiten anbelangt. Mit ihr kann man einen tiefen mitschwingenden Ton erzeugen, der der Natur und der Funktionalität des alten Musizierstils entspricht.
Für die Interpretation des Dhrupad sind im Grunde genommen fast alle Seiteninstrumente geeignet, wie auch die Flöte und sogar das Saxophon. Das in der indischen Musik häufig verwendete Harmonium kann aber nicht verwendet werden, denn die Höhe der Töne ist bei diesem Instrument genau festgelegt, während im Stil, den die „Gundecha Brothers“ vertreten, mit sogenannten „mikrotonalen Intervallen“ gearbeitet wird, d. h. Intervallen, die kleiner als ein Halbton- und häufig sogar Vierteltonabstand sind.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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