In Bulgarien gibt es ein ernsthaftes Problem mit Schatzsuchern, die täglich archäologischen Funden großen Schaden zufügen. „Alles zerstörte wie Staat, Wirtschaft, Demografie lässt sich wiederherstellen. Zerstört man aber die Kultur, ist das unwiederbringlich“, behauptet Dozent Ljudmil Wagalinski vom Nationalen Institut für Archäologie an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften (BAN), das mit einem Gesellschaftsspiel dem Problem auf dem Leib rücken will. „Archäologen gegen Schatzsucher“ heißt es und soll auf unterhaltsame Art und Weise die Bulgaren auf das Problem aufmerksam machen und sensibilisieren.
„Das Tischspiel ist für Erwachsene und Kinder über 7 Jahre bestimmt. Dabei spielt die Mannschaft der Archäologen gegen die Mannschaft der Schatzsucher. Auf dem Weg zum Finale versuchen die Spieler so viele archäologische Gegenstände wie möglich zu sammeln, die sich dann wie ein Puzzle zusammensetzen lassen. Jeder dieser Gegenstände wurde aus einem real existierenden archäologischen Grabmal geborgen“, erklärt Ljudmil Wagalinski
Zum Spiel gehören auch Karten für die Schatzsucher und für die Archäologen. Ein Informationsheft informiert über die archäologischen Objekte, die auf dem Weg liegen – die Höhle Kosarnika, Messambria Pontica, Deultum, Philipopolis, Heraklea Sintica, die Festing Hissarlaka und andere. Im Verlauf des Spiels kann es vorkommen, dass man die Fundsachen dem Museum oder einem Labor übergeben oder zur Polizeistation muss. Manchmal aber führt der Weg auch ins Gefängnis.
Das Spiel ist inzwischen sehr populär. Demnächst wird es auch eine Ausgabe in Englisch geben. Sogar das Polizeipräsidium in Bayern hat daran Interesse gezeigt und das Spiel einem pensionierten Kollegen, der während seiner aktiven Dienstjahre den Diebstahl von Kulturgütern bekämpft hat, geschenkt.
„Während beim Spiel mit den Spielfiguren die Handlung einen unterschiedlichen Lauf nehmen kann, sind die Schatzsucher in der Realität den Archäologen voraus“, bedauert Ljudmil Wagalinski und fügt hinzu, dass sie den Archäologen zahlenmäßig überlegen und sehr gut organisiert sind.
„Sie suchen nicht nach Informationen wie wir, sondern nach Gegenständen aus Edelmetall und vernichten dabei wertvolle Funde. Besonders krass ist es am Donaulimes, der einstigen römischen Militärgrenze an der Donau. Dort graben die Schatzsucher mit Bulldozern und niemand, nicht mal die Polizei, ist in der Lage, dieser Hysterie ein Ende zu setzen“, entrüstet sich Ljudmil Wagalinski und erwähnt, dass Ortsansässigen schon in den 1990iger Jahren und danach, berichtet haben, dass manchmal bis zu 25 Traktoren gleichzeitig in der antiken römischen Stadt Ratiaria (Colonia Ulpia Ratiaria) gegraben hätten und sie deshalb heute einer Mondlandschaft gleicht.
Der ehemalige Direktor des Nationalen Museums für Archäologie kommt aus dem Staunen nicht heraus, wieso es sein kann, dass das Gesetz nicht systematisch angewendet wird, um solchen Raub und Vandalismus zu verhindern, und warum man sich darauf verlässt, dass so wertvolle Kulturgüter von couragierten Bürgern mit eigenen Kräften geschützt werden.
Vagalinski erinnert daran, dass die Archäologen vor einiger Zeit eine konkrete Idee hatten, wie die Probleme mit den Schatzsuchern gelöst werden könnten.
„Gemeinsam mit dem Innenministerium haben wir über die Entwicklung einer App nachgedacht. Durch sie sollten Signale die Polizei schnell erreichen. Doch aus den verschiedensten Gründen sind wir nicht weitergekommen“, bedauert Vagalinski und sagt, dass die Soft-Variante jetzt das Gesellschaftsspiel „Archäologen gegen Schatzsucher“ ist. Das Ziel ist, die Gesellschaft für die Problematik zu sensibilisieren, denn wenn wir die kulturellen Güter erhalten wollen, auf die wir zu Recht stolz sind, dann muss bei jedem das Gefühl entstehen, dass auch er für ihre Erhaltung verantwortlich ist.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: archaeologia-bulgarica.com, wikipedia.org und dnevnik.bg
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