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Die unvergessene Sonja Kantschewa – betrachtet durch die Augen ihrer Enkelin

„Ich singe aus meiner Seele heraus“, sagte die 2006 verstorbene Volksliedsängerin Sonja Kantschewa, die ihr ganzes Leben der Volksmusik verschrieben hatte. Als eine Volksliedinterpretin Nordostbulgariens hat sie über 500 Gesängen aus den Regionen von Warna, Schumen und Weliko Tarnowo neues Leben eingehaucht; im Tonarchiv des Bulgarischen Nationalen Rundfunks werden 270 von ihnen aufbewahrt. Die Sängerin besaß ein hervorragendes musikalisches Gedächtnis und konnte alle Lieder nachsingen, die sie in ihrer Kindheit gehört hatte.

Sonja Kantschewa wurde vor 90 Jahren in der Kleinstadt Prowadija bei Warna geboren. Ihre Gesangsbegabung erbte sie von ihren Vorfahren mütterlicherseits, unter denen sich hervorragende Sängerinnen und Sänger befanden. Ihre Kindheits- und Jugendjahre waren voller Lieder, die auf den Feldern, zu Hause auf dem Bauernhof, oder auch in der Kleinstadt und vom Schulchor gesungen wurden. Während ihrer Ausbildung an der Medizinfachschule in Warna und später während ihres Aufenthaltes im Dorf Osmar bei Schumen sang sie in einem Laienchor als Solistin und leitete einen auf ihre Initiative hin gegründeten Volkschor. 1951 wurde sie von einem Ausschuss der Stadt Preslaw zu Aufnahmen am Nationalen Rundfunk ausgewählt.

Nachdem sie nach Warna umzog, sang sie auch im dortigen regionalen Radio. Die Sängerin hatte das Glück, dass anerkannte Komponisten auf dem Gebiet der Volksmusik, wie Philipp Kutew, Christo Todorow, Stefan Kanew und Nikolai Kaufman ihr Repertoire bearbeiteten. In der Periode einer intensiven Aufnahmetätigkeit vergaß Sonja Kantschewa nicht den Rat des Musikredakteurs der BNR Geogri Bojadschiew: „Lerne keine mittelmäßigen Lieder; siebe aus dem Stroh die wertvollen Körner heraus!“ 1970 wurde Sonja Kantschewa als Solistin bei Radio Warna eingestellt und es begann für sie eine umfangreiche Konzert- und Aufnahmetätigkeit. Im Jahre 2003 gab sie das Buch „Die Lieder meines Lebens“ heraus, in dem sie rund 200 Lieder aus ihrem persönlichen Archiv vorstellt; die Melodien notierte ihre Enkeltochter, die den musikalischen Weg der Großmutter fortsetzt, jedoch als Gitarristin:

Zu meiner Oma habe ich immer Mutter gesagt, weil meine Mutter starb, als ich 3 Jahre alt war; mein Vater starb, als ich 8 war“, erzählt Sonja Kantschewa Jr. „Ich wuchs also bei ihr auf und sie war mir eine Mutter. Sie war ein beherzter und charakterstarker Mensch. Sie gab nie auf, sang ständig, arbeitete beflissen an Liedern, die sie im Rundfunk oder Fernsehen aufnehmen sollte und feilte an den Verzierungen in der Melodie. Durch ihren Gesang wurde in mir auf ganz natürliche Weise die Liebe zur Volksmusik geweckt, die ich bis heute mag. Ich würde sogar sagen, nicht nur zur Volksmusik, sondern zur Musik überhaupt. Wir haben auch zusammen im Duo gesungen – sie die erste und ich die zweite Stimme... Ich muss immer an ihren Rat denken: „Wenn du nicht genügend Talent besitzt, lass die Musik lieber sein, denn es ist ein Beruf, der viel Fleiß und Begabung erfordert. Ohne sie wirst du keinen Erfolg haben!“ Ich beendete die Musikschule in Warna im Fach Klassische Gitarre. Mein Lehrer war Ljuben Haralampiew, der die Gitarrenschule in Warna gründete, die auch international bekannt ist. Auf zwei nationalen und drei internationalen Wettbewerben für klassische Gitarre habe ich Erste Preise gewonnen. Ich unterrichte nicht und gebe hauptsächlich Konzerte im Ausland. Ich hatte Glück, dass ich bei einer Musikerin wie Sonja Kantschewa aufgewachsen bin, die mir grundlegende Werte anerzog: sich selbst zu sein, nicht auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, an die eigene Kraft zu glauben, zu lernen, zu lesen und mich stets zu vervollkommnen. Sie machte dies stets auch. Als ich an der Musikschule lernte, begann sie mit mir die Musiktheorie zu erlernen; sie bildete sich zusammen mit mir weiter. Es war für mich sehr interessant, ihre langsamen Lieder zu notieren. Es wäre eine echte Herausforderung für jeden, der sich der nicht leichten Aufgabe widmet, die Noten gesungener Lieder festzuhalten. Bis heute spiele ich etliche Stücke nach Folkloremotiven, entnommen den Liedern von Sonja Kantschewa.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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