Das Veto von Staatspräsident Rumen Radew auf die Veränderungen im Modell der Parteienfinanzierung, stellte die Kräfte im Parlament vor die Frage, ob sie ihre bisherige Position dazu beibehalten, oder verändern sollen. Noch bevor die Debatte zum Veto auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt wurde, wurde klar, dass es bei der Neuabstimmung der Novellen keine Stimmenthaltungen geben werde.
In der Begründung zu seinem Veto kritisiert das Staatsoberhaupt in keiner Weise die Senkung der staatlichen Zuschüsse von 11 Lewa (ca. 5,66 Euro) auf 1 Lew (ca. 51 Eurocent) pro Wählerstimme. Dahingegen bemängelt er, dass juristischen Personen und Einzelunternehmen gestattet werden soll, Parteien zu finanzieren. Eine solche Finanzierungsweise würde die Parteien abhängig machen, einen Nährboden für Korruption schaffen und das in der Verfassung verankerte Modell umgehen, indem auf eine Verfassungsänderung verzichtet wird.
Aus der regierenden GERB-Partei hieß es lakonisch, dass ihre Fraktion gegen das Veto stimmen werde.
Die „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ lehnte die Vorbehalte des Präsidenten mit dem Argument ab, dass es das neue Finanzierungsmodell praktisch seit 2005 gebe, ohne als verfassungswidrig abgestempelt zu werden. Von der Bewegung ist man jedoch der Ansicht, dass das Staatsoberhaupt im Recht sei, eine eigene Haltung zum Thema zu beziehen.
Gegen das Präsidentenveto ist ferner die „Nationale Front für die Rettung Bulgariens“. Ihr Vorsitzender Waleri Simeonow meinte, dass andernfalls die kleinen Parteien nicht finanziert werden können und so einen „Hungertod“ sterben. Außerdem ist Simeonow mit der Behauptung des Präsidenten nicht einverstanden, dass die Finanzierung der Parteien seitens Privatpersonen zwangsläufig zu Abhängigkeiten führe.
Die „IMRO“ erklärte, sie werde sich hinter das Veto des Präsidenten stellen, meldete gleichzeitig aber auch Bedauern an, dass er sich nicht gegen die drastische Reduzierung der Parteienzuschüsse von 11 Lewa auf 1 Lew ausgesprochen habe. Laut der „IMRO“ bezwecke man mit der Kürzung der Mittel, das politische System unvorhersehbar zu machen.
Die Bulgarische Sozialistische Partei hält ihrerseits an ihrer Position fest und ist gegen die Novellen bzw. wird das Präsidentenveto unterstützen.
Die bislang geäußerten Haltungen zum Thema zeichnen ein ungewöhnliches Bild. Anfang Juli stimmten für die Veränderungen in der Parteienfinanzierung die GERB, die Bewegung für Rechte und Freiheiten und die Parteien „Attacke“ und „Wolja“. Die Sozialisten stimmten dagegen und die „Nationale Front für die Rettung Bulgariens“ und die „IMRO“ enthielten sich der Stimme. Zwei Wochen später ergibt sich folgendes Bild: Stimmenthaltungen wird es keine geben – die „Nationale Front für die Rettung Bulgariens“ ist gegen das Veto, während sich die „IMRO“ dahinter stellt. Angesichts der Widersprüche in der Koalition „Vereinigte Patrioten“, der die zwei Parteien und die „Attacke“ angehören, sind die verschiedenen Haltungen der „Nationalen Front“ und der „IMRO“ ungewöhnlich. Es wäre jedoch noch skurriler, wenn die „Nationalen Front“ und die „Attacke“ einer Meinung wären, die ein recht angespanntes Verhältnis zueinander haben.
Am Vorabend der Sommerferien werden die Meinungsverschiedenheiten unter den Parteien zum Präsidentenveto kaum sonderliche Spannungen verursachen. Sie werden erst in der zweiten Septemberhälfte Wellen schlagen, wenn nämlich die neue politische Saison mit dem Wahlkampf zu den Kommunalwahlen in diesem Herbst beginnen wird.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Die bulgarischen Abgeordneten haben in der Praxis bewiesen, dass man kein anderes Ergebnis erwarten kann, wenn man immer wieder das Gleiche tut. Heute versammelten sie sich im Plenarsaal zu einem sechsten Versuch, einen Parlamentspräsidenten zu..
Fast einen Monat nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 27. Oktober kann die 51. Volksversammlung immer noch nicht ihre Arbeit aufnehmen, weil die Abgeordneten keinen Parlamentspräsidenten wählen können. Die politische Pattsituation..
Eine weitere vorgezogene Wahl liegt nun hinter uns, aber abgesehen von der leicht gestiegenen Wahlbeteiligung im Vergleich zur Abstimmung im Juni dieses Jahres ist es immer noch schwierig, die politischen Konfigurationen vorherzusagen, die eine Chance..