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Bücher unter Quarantäne

Die Corona-Pandemie hat die Menschen dazu gebracht, etliche ihrer Gewohnheiten zu ändern. Unter den Bedingungen verschiedener Einschränkungsmaßnahmen, sozialer Isolation und etlicher Verbote haben nicht nur die Menschen zu leiden, sondern auch die Gegenstände unterliegen speziellen Anforderungen. Laut den neuen Regeln des Kulturministeriums müssen selbst die Bücher in den Bibliotheken unter „Quarantäne“ gestellt werden. Nachdem sie ein Leser zurückgegeben hat, müssen sie mindestens 72 Stunden in die Isolation. Das Coronavirus besitzt die unliebsame Eigenschaft, an Oberflächen haften zu bleiben und dort längere Zeit auszuharren.
Im Unterschied zu allen anderen Bibliotheken Bulgariens, leiht die Nationalbibliothek „Hll. Kyrill und Method“ keine Bücher für zu Hause aus; sie können nur in den Lesesälen eingesehen werden. Nachdem am 19. Mai die größte Bibliothek des Landes ihre Arbeit mit Lesern wieder aufnahm, wurden strenge epidemiologische Maßnahmen angewandt. Für die Besucher beginnen sie bereits am Eingang, wo kontaktlos die Körpertemperatur gemessen, Schuhe und Hände desinfiziert und Schutzhandschuhe zur Verfügung gestellt werden.


Schutzmaßnahmen werden aber auch in Bezug auf den Buchbestand ergriffen. So müssen eingesehene Bücher in eine 72stündige Isolation, Zeitungen und andere Periodika werden mit einem tragbaren UV-Sterilisator desinfiziert, während die wertvollen Archivbestände mit ätherischen Ölen des Teebaums behandelt werden. In der Nationalbibliothek wurde auch ein spezieller Ort für die „Quarantäne“ der Bücher eingerichtet.


Desinfektion in Sekundenschnelle

Die obligatorische dreitägige Quarantäne für die Bücher erwies sich jedoch als ein Problem. Wegen dieser Maßnahme kann ein Leser dasselbe Buch nicht am nächsten Tag wieder einsehen. Das veranlasste die Bibliotheksleitung, ein schnelleres und gleichzeitig sicheres Desinfektionssystem zu finden, das gleichzeitig den Büchern nicht schadet. Seit etwa einer Woche ist eine UV-Licht-Apparatur im Einsatz, die diesen Bedingungen gerecht wird. Der Apparat sieht wie ein großer Mikrowellenherd aus, der jedoch ultraviolette Strahlung verwendet, die alle Viren abtötet, ohne das Papier zu beschädigen.


„Mit Hilfe des neuen Apparats können wir in 30 Sekunden 6 Bücher desinfizieren“, erklärte uns die stellvertretende Bibliotheksdirektorin Wanja Awramowa. „Auf diese Weise verkürzen wir die Zeit von 72 Stunden, die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen wird. Nun sind wir in der Lage, ein und dasselbe Buch im Verlauf eines Tages ein weiteres Mal auszuleihen.“

Das Buch ist für den Wissenschaftler das,
was für den Fisch das Wasser ist


Prof. Milen Kumanow vom Geschichtsinstitut der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften ist unter den Stammlesern der Nationalbibliothek „Hll. Kyrill und Method“. „Das ist mein zweites Zuhause. Für einen Mann der Wissenschaft ist die Bibliothek die wertvollste Wissensquelle“, sagt er und fügt hinzu:
„Es ist sehr wichtig, dass wir in dieser angespannten Zeit unsere Forschungsarbeiten fortsetzen können. Die Bibliotheksangestellten unternehmen alles, um für die nötigen Bedingungen zu sorgen. Ich bin von den Maßnahmen sehr angetan! Nach jedem Leser wird der Platz, an dem er gesessen hat desinfiziert; alle Bücher werden sterilisiert; man unternimmt alles, um eine Infektion zu vermeiden. Die Stunden in der Bibliothek sind der wichtigste Teil meines Arbeitstages. Erst danach weiß ich, dass ich den Tag sinnvoll verbracht habe. Für uns ist das Buch das, was für den Fisch das Wasser ist.“



Bewährte und schonende Methoden zur Buchpflege

Das in Spiritus gelöste Teebaumöl ist ebenfalls bei der Desinfektion von Büchern und Archivmaterial sehr hilfreich.
„In der Nationalbibliothek werden verschiedene Mittel zur Desinfektion angewandt. Die Methode hängt ganz von dem ab, was man desinfizieren will und in welchem Zustand es sich befindet“, erzählte uns Iwajla Bogdanowa, Leiterin der Restaurierungsabteilung der Bibliothek. „Bei der jährlichen Prophylaxe des Bestands (Bücher, Dokumente und Archive) findet eine Säuberung mit ätherischen Ölen statt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese Öle bakterienhemmend sind. Sie werden in Spiritus gelöst, der seinerseits gegen das Coronavirus eingesetzt wird.“



Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES, e-scriptum, nationallibrary.bg, Sevda Dükkancı



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