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Wirkt sich Corona gesundend auf die bulgarische Tourismusbranche aus?

Foto: Weneta Nikolowa

Im Juli dieses Jahres kamen im Vergleich zum gleichen Monat des Vorjahres nahezu 2 Millionen Touristen weniger an die bulgarische Schwarzmeerküste, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Die Zahl der Charterflüge nach Bulgarien ist ihrerseits in diesem Sommer im Vergleich zu 2019 um ganze 80 Prozent geschrumpft. Dafür sollen für den Zeitraum Mai bis Ende September rund 7,3 Millionen einheimische Touristen ihren Urlaub an der eigenen Küste genießen. Das prognostiziert Dozent Rumen Draganow, Direktor des Instituts für Analysen und Einschätzungen im Tourismus. Wird jedoch der Binnentourismus die Bresche schließen können, die die Corona-Seuche geschlagen hat? Branchenvertreter sind sich einig, dass die Lage nur schwer vorhersehbar sei.

Südliche Schwarzmeerküste ausgebucht

„In Sosopol gibt es keine freien Parkplätze mehr und das gilt auch für die Unterbringungsmöglichkeiten. So sieht die Lage an der gesamten südlichen Schwarzmeerküste und auch anderswo aus. Alles ist ausgebucht und die Touristen fühlen sich wohl“, versichert Dozent Draganow. „Nessebar ist eine herrliche Stadt, wenn es dort nicht an Touristen wimmelt, die kaum aneinander vorbeigehen können, ohne sich anzurempeln ohne es zu wollen. Das gilt auch für all die anderen Ferienorte. Derzeit ist es so, dass die Gästehäuser und die kleinen gemütlichen Hotels, die ein menschliches Ausmaß haben, knacke voll sind. Alle Hotelburgen und gigantischen All-inclusive-Ferienorte hingegen stehen leer“, versichert der Tourismusexperte.


Bulgarien muss sich vom Billigtourismus trennen

Die bulgarische Schwarzmeerküste wurde in den letzten Jahrzehnten zubetoniert und zog vor allem Billigreisende aus ganz Europa an. Muss jedoch Bulgarien auf solch einen Tourismus setzen, der sich auf „Meer, Strand und billigen Alkohol“ konzentriert?! Um unter den Bedingungen der globalen Pandemie die Tourismusbranche zu fördern, hat die Regierung die Mehrwertsteuer für die Hotels und Gaststätten von 20 auf 9 Prozent gesenkt. Dennoch beklagt sich die Branche und behauptet vor dem Bankrott zu stehen:

„Man sollte zuerst fragen: Welche Branche? Denn die Gästehäuser im ganzen Land arbeiten auf Hochtouren – sie sind voller Gäste; ihnen droht keine Pleite“, meint Dozent Rumen Draganow. „Es beklagen sich die „Dinosaurier“, die sich überhaupt nie Gedanken gemacht haben, woher das Personal und die Touristen für ihre Betonsilos kommen sollen. Sie haben nur auf die Öffentlichkeit und den Bekanntheitsgrad Bulgariens als Tourismusdestination gebaut. Sie haben einzig die Kennziffern der Tourismusbranche verschlechtert. Ja, es ist eine Tatsache, dass in diesem Sommer bei weitem weniger ausländische Billigtouristen nach Bulgarien kommen. Jene, die die Gästehäuser und die kleinen Familienhotels bevorzugen, sind zahlungskräftiger als die Low-cost-Massentouristen.“

Der Gesundungseffekt der Corona-Krise

Unter den Bedingungen der Pandemie bevorzugen die Urlauber entferntere und einsamere Orte. Kleinstädte, wie Elena, Kopriwschtitza und Trjawna, wie auch Spa-Destinationen, wie Pawel Banja und Kjustendil erfreuen sich eines regen Andrangs. Könnte es sein, dass die Covid-19-Krise Bulgarien helfen könnte, sein verschlissenes Image als Billiganbieter von Strandurlaub endlich in die Vergangenheit abzuschieben?

„Die Krise übt einen guten Gesundungseffekt auf den Tourismus aus“, ist der Direktor des Instituts für Analysen und Einschätzungen im Tourismus Rumen Draganow überzeugt. „Sie hat gezeigt, wer in der Branche wer ist und welche die loyalen Arbeitgeber sind, die Arbeitsplätze schaffen. In den Monaten Juni und Juli – den schwersten für die Branche, haben diese Unternehmer ihre Objekte geöffnet. Einige hatten seit Beginn der Epidemie nicht einmal vorübergehend geschlossen. So haben sie ihre Personal nicht verloren und sogar weiteres eingestellt. Zur gleichen Zeit ist das ganze Konzept über den Billigtourismus zusammengebrochen! Es wurde deutlich, dass es in solchen Krisenlagen nicht funktioniert.“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Weneta Nikolowa



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