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Häusliche Gewalt unter den Bedingungen der Pandemie – gibt es einen Ausweg?

Foto: iStock

Bulgarien gehört zu den Staaten, die keine offizielle Statistik über die Opfer häuslicher Gewalt führen. Nur das Innenministerium verfügt über eine Datenbank mit eingegangenen Signalen. 2020 wurden diesem System zufolge 3.057 einstweilige Verfügungen erlassen, 349 davon wegen Gewalt gegen Männer, 2.500 wegen Gewalt gegenüber Frauen und wegen 898 Gewalt gegen Kinder.

Berichten von Nichtregierungsorganisationen zufolge wurden im vergangenen Jahr 15 Frauen von ihren Partnern getötet. Medienberichten zufolge soll es mindestens 5 zusätzliche Todesfälle gegeben haben. Die Signale für häusliche Gewalt, die an NGOs eingegangen sind, haben sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

Psychologen schlagen Alarm, dass das Problem weit verbreitet ist, aber die Gewaltopfer es vorziehen, zu schweigen. Die Frage gelangt an die Öffentlichkeit nur dann, wenn Menschenleben zu beklagen sind.

Das Thema häusliche Gewalt stand mehr als einmal auf der Tagesordnung und hat jetzt im Kontext der globalen Pandemie alarmierende Ausmaße erreicht. Leider sind die Strafen für die Täter nach bulgarischem Recht nicht streng genug, findet die Bürgerbeauftragte Diana Kowatschewa und erklärt:

„Damit der Gewalttäter härter bestraft wird, muss es drei gemeldete Gewaltakte geben, doch das ist nicht immer möglich. Manchmal kann zum ersten Mal angewendete Gewalt ein Menschenleben kosten oder zur Verstümmelung des Opfers führen“, sagte die Ombudsfrau während einer Online-Diskussion über häusliche Gewalt und appellierte alle Formen häuslicher Gewalt zu inkriminieren. „Sie sollten so definiert werden, dass diejenigen, die gegen das Gesetz verstoßen, effektiv bestraft werden, weil körperliche und wirtschaftliche Gewalt sehr schwer zu beweisen sind.“

In Bulgarien gibt es nur 30 Krisenzentren für Frauen und Kinder, Opfer häuslicher Gewalt und das ist, Experten zufolge, äußerst unzureichend. Es ist nicht nur eine professionelle Intervention notwendig. Es muss auch mit dem Gewalttäter gearbeitet werden, der lernen muss, mit Wut und Aggression umzugehen. Kinder, die Zeuge und Opfer von Gewalt geworden sind, sowie alle Opfer überhaupt, müssen ebenfalls speziell betreut werden.

Die zur öffentlichen Diskussion vorgelegten Änderungen des Gesetzes zum Schutz vor häuslicher Gewalt sehen die Schaffung eines Sonderregisters vor, in das die Täter und Opfer häuslicher Gewalt eingetragen werden. Ziel ist es, den Zugang der Täter zu den Opfern vollständig einzuschränken, auch durch SMS und Telefonanrufe. Vorgesehen sind der Schutz schwangerer Frauen und Kinder, die Eröffnung neuer sozialer Dienste, eine Telefonleitung und geschützte Unterkünfte für Opfer von häuslicher Gewalt.

„Die Änderungen erweitern den Kreis der Personen, die wegen häuslicher Gewalt Schutz suchen können", erklärte die Justizministerin Desislawa Achladowa während einer Online-Diskussion.

„Eine sehr wichtige Änderung ist der Vorschlag, ein behördenübergreifendes Organ zur Koordinierung, Überwachung und Bewertung der Strategien und Maßnahmen zur Verhinderunghäuslicher Gewalt zu schaffen. Das Projekt regelt auch die Programme zur Prävention und zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Die Gerichtsverfahren zur Einführung von Schutzmaßnahmen werden ebenfalls in Richtung Geschwindigkeit und Effizienz optimiert werden", verspricht Achladowa.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei den geplanten Gesetzesänderungen ist die Verhängung eines Verbots für den Besitz von Schusswaffen. Damit soll vermieden werden, dass das Opfer mit einer Waffe getötet wird, die der Täter legal besitzt.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: BGNES



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