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Junge Menschen ziehen immer mehr aufs Land

Genadi Weljow: Die Zukunft gehört dem Leben fern der Großstadt

Foto: BGNES

Die letzten zwei Jahre, in denen die Menschen unter den Bedingungen einer globalen Pandemie leben mussten, haben die Lebensweise und die Weltanschauung vieler und damit auch ihre Träume und Zukunftspläne radikal verändert. Wenn früher junge und aktive Menschen in Bulgarien einen gut bezahlten Job und ein eigenes Dach über dem Kopf in einer Großstadt als Teil ihres Erfolgs empfanden und die Dörfer weiter entvölkert wurden, sieht das heute etwas anders aus. Allein in den letzten zwei Jahren ist die Bevölkerung in den bulgarischen Dörfern um 200.000 Menschen gestiegen, von denen die Hälfte (52%) im erwerbsfähigen Alter ist. Im Jahr 2021 erhühte sich die Zahl der neu registrierten Einwohner kleiner Siedlungen um 108.550 Menschen. Analysten gehen davon aus, dass sie in diesem Jahr um weitere 90.000 Bulgaren anwachsen werden. Laut Borislaw Borissow, Vorsitzender des Verbandes der bulgarischen Dörfer in Bulgarien, übersteige die Nachfrage nach Häusern in der Nähe von Großstädten das Angebot um das Zehnfache. Ausschlaggebend für die Standortwahl erweisen sich eine geordnete Infrastruktur und eine Entfernung von bis zu 80 Kilometern von der nächstgroßen Stadt. Saubere Luft, die Nähe zur Natur und das Gefühl „sicherer“ Freiheit fallen beim Kauf einer Immobilie immer mehr ins Gewicht.

„Der größte Vorteil ist die Ruhe. Ich weiß nicht, ob es einen Nachteil gibt, der sie in den Hintergrund drängen könnte. Man ist körperlich bei weitem aktiver, als in der Stadt und kann, wenn man möchte, die Produkte für sein eigenes Essen selbst anbauen“, sagte Zweta Jordanowa, ehemalige stellvertretende Verwalterin des Dorfes Komarewo bei Berkowitza.


Vor etwa zwei Jahren entschied sie sich selbst, in ihr Heimatdorf zurückzukehren; zusammen mit ihrem Mann Bogdan gehört sie damit zu jenen, die laut Statistik wieder aufs Land gezogen sind. Als einen großen Nachteil des Lebens auf dem Dorf wird der Mangel an jungen Menschen angesehen, mit denen man kommunizieren und auf deren Hilfe man bauen können. Das Erbe der vergangenen Jahrzehnte, in denen kleine Ortschaften förmlich ausstarben, ist noch immer zu spüren. Hier komme laut Zweta Jordanowa der Kommunalverwaltung eine wichtige Rolle zu, die den jeweiligen Ort lebenswert machen und den Bedürfnissen seiner Bewohner anpassen müsse.

Das Leben auf dem Dorf ist jedoch keineswegs billig. Ähnlich wie die Immobilienpreise in Sofia, die in den letzten zwei Jahren um 29 Prozent gestiegen sind, haben sich die Preise für ländliche Immobilien in den letzten 12 Monaten verdoppelt, gestehen Makler. Der Krieg in der Ukraine hat sich zwar noch nicht auf den Markt ausgewirkt, aber die steigende Inflation in unserem Land und die ungewisse Zukunft haben die Kunden zurückhaltender gemacht. Der Unterhalt einer solchen Immobilie ist mitunter um ein Vielfaches höher als der einer Stadtwohnung. Deshalb ist anzuraten, erst einmal zu probieren, ob man mit dem Leben auf dem Land zurechtkommt, bevor man sich zu einem Kauf einer Immobilie entschließt. Initiativen wie „Immobilien kostenlos zu vermieten“ bieten genau das an.


Man muss einen Wunsch und ein inneres Bedürfnis nach einer Verbindung mit der Natur verspüren, um einen solchen Schritt in seinem Leben zu wagen, meinen jene, die sich für ein „ruhiges“ Leben entschieden haben. Einer von ihnen ist Gennadi Weljow, ein langjähriger Kollege von uns, der bei Radio Widin arbeitet. Ende vergangenen Jahres kaufte er sich ein Grundstück im Dorf Sinagowtzi bei Widin, wo er nun einen Großteil seiner Freizeit verbringt. Er trägt sich mit dem Gedanken, schon bald dort auf die Dauer sesshaft zu werden.

„Einer der Gründe, sich in Sinagowtzi niederzulassen, ist der Bau der neuen Schnellstraße, die in der Nähe verlaufen und eine schnelle Verbindung zu Widin ermöglichen wird, wo ich arbeite. So werde ich schneller zur Arbeit fahren können, als wenn ich in einem der Viertel der Innenstadt leben würde. Zu den Nachteilen des Landlebens zählen der Mangel an Unterhaltungsmöglichkeiten und medizinischer Einrichtungen in der Nähe.

Seinem Traum nachjagend ist Genadi Weljow fest davon überzeugt, dass das die Zukunft ist – ein Leben fern der Stadt! „Die Stadt ist ein Ort zum Arbeiten, für Verwaltungsaufgaben, zum Einkaufen, aber das Leben außerhalb ist schöner!“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES, pixabay



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