Die Proteste von Bergleuten und Energiearbeitern, die Straßen und wichtige Orte des Landes blockieren, dauern den vierten Tag in Folge an. Sie sind gegen die vom Energieministerium veröffentlichten territorialen Pläne für eine faire Energiewende in den Kohleregionen Stara Sagora, Pernik und Kjustendil und weigerten sich, der Einladung des Premierministers zu einem Treffen am Sonntag zu folgen.
„Die Regierenden sollen einen Weg finden, zu uns zu kommen, um zu verhandeln. Der Minister sagt, dass es bis 2038 keine Kapazitätsstilllegungen geben wird, aber der Plan sieht eine Reduzierung auf 1.600 Megawatt bis 2030 vor. Wenn das keine Stilllegung ist, was dann“, fragte rhetorisch Georgi Gospodinow, Vorsitzender der Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften Bulgariens (KNSB) im Bergwerk „Mariza Ost“.
Nach der außerordentlichen Sitzung des Ministerrats versicherte Premierminister Nikolaj Denkow, dass bereits an Möglichkeiten für die in diesen Kraftwerken Beschäftigten gearbeitet werde, damit sie sich umschulen und eine neue Beschäftigung in derselben Region finden können. Dem Premierminister zufolge „werden die Arbeiten auf dem Gelände der Bergwerke - an ihrer Sanierung und Umwandlung, damit sie für die Entwicklung der Wirtschaft, der Industrie und der neuen Technologien genutzt werden können - noch mindestens zehn Jahre nach der Schließung der Bergwerke fortgesetzt, so dass es für die Menschen in dieser Region mit dieser Qualifikation noch viele Jahre nach der Schließung der Wärmekraftwerke und der Kohlebergwerke Arbeit geben wird.“
Bei den Beschäftigten in der Branche sorgt die Möglichkeit, bis zu 36 Gehälter zu erhalten, sollten sie ihren Arbeitsplatz in den Minen verlassen, für alles andere als Begeisterung.
Laut Marina Mitowa, Vorsitzende des unabhängigen Gewerkschaftsverbands der Energiearbeiter in Bulgarien, werden die Proteste so lange andauern, bis das Vertrauen zwischen der Regierung und den in der Branche Beschäftigten wiederhergestellt ist. „Die Regierenden sind am Zug. Wir wollen ein klares Engagement sehen, anstatt nur Gerede“, sagte sie gegenüber BNR und merkte an, dass die Menschen verärgert seien, weil sie nichts Konkretes zu hören bekommen, sondern nur, dass es Arbeitsplätze geben werde, wenn sie wollen.
„Es muss ein Gleichgewicht gefunden werden. Der Staat muss in erster Linie seine eigenen Ziele verfolgen - wirtschaftliche, soziale, alles im Paket. Das Fehlen einer Energiestrategie ist das Hauptproblem unseres Landes. Wir dürfen uns nicht chaotisch bewegen. Jede Entscheidung im Energiesektor, die heute getroffen wird, wird in 10 Jahren Auswirkungen haben. Und wir bewegen uns seit Jahren blindlings. Jede nachfolgende Regierung hat ihre eigene Vision, trifft chaotische Entscheidungen. In keinem anderen Land herrscht derartige Nachlässigkeit“, kommentierte Marina Mitowa.
„Derzeit werden zwischen 40 und 60 Prozent der Grundlaststromerzeugung in diesen Kraftwerken hergestellt. Solange wir keine technische Lösung für dieses Problem finden, wäre alles andere unsinnig“, sagte Dimitar Manolow, Vorsitzender der Gewerkschaft „Podkrepa“:
„Die Vorlage dieser Pläne für eine faire Energiewendesollte nach einer breiten öffentlichen Diskussion erfolgen“, fügte der Gewerkschaftsvorsitzende hinzu und erinnerte daran, dass sie vor fast zwei Monaten bei einem Treffen mit dem Premierminister zusammen mit dem Präsidenten des KNSB die Dringlichkeit dieser Diskussionen erklärt hatten.
„Ich habe den Eindruck, dass die Regierung auf jede nur erdenkliche Art versucht, die Stimme des Volkes zu überhören. Denn die Frage ist nicht was, sondern wann?“
Die Mineral- und Rohstoffindustrie sei für die Wirtschaft des Landes äußerst wichtig, sagte Ingenieur Iwan Mitew, Geschäftsführer der Bulgarischen Kammer für Bergbau und Geologie, gegenüber dem BNR und weiter:
„Wir sind ohnehin vor ernste Probleme mit den internationalen Märkten in Bezug auf Preise, Produktion und Drittländer gestellt. Und wenn dann noch hinzukommt, dass wir unsichere Basiskapazitäten haben, wird dies für uns alle, die wir schon jetzt in einem ungleichen Wettbewerb mit dem Rest der Welt stehen, zu großen Schwierigkeiten führen. Wir brauchen Basisenergien, um als Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben“, betonte der Experte.
Der stellvertretende Energieminister Krassimir Nenov versicherte jedoch, dass die Energiesicherheit im Land gewährleistet sei. Die Bergwerke „Mariza Ost“ und das Wärmekraftwerk „Mariza Ost 2“ würden in der Herbst-Winter-Periode sicher und zuverlässig arbeiten.
Der Vorstandsvorsitzende des Instituts für Energiewirtschaft, Slawtscho Nejkow, forderte die Regierung auf, eine strategische Energievision für das Land auszuarbeiten:
„Die Regierung sollte ein schriftliches Dokument vorlegen, in dem Tag für Tag, Schritt für Schritt erklärt wird, wie es mit den Arbeitsplätzen, dem Energiemix und der Demografie weitergeht – all diese Dinge hängen zusammen. Ich hoffe auf Vernunft“, so Slawtscho Nejkow abschließend.
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