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„Haiduck Deljo“ - das bulgarische Weltraum-Märchen

Walja Balkanska

Seit Jahrhunderten erzählen Legenden in den Rhodopen von einem legendären Haiducken namens Deljo Wojwoda. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von ihm stammt aus dem Jahr 1892 vom bekannten Schriftsteller und Ethnographen Stoju N. Schischkow.

Niemand in den Rhodopen zweifelt daran, dass der Haiduck Deljo aus der Region Slatograd stammte und seine Heldentaten der historischen Wahrheit entsprechen.

Der Legende nach war Deljo für seine außergewöhnliche Kraft, Wendigkeit, Entschlossenheit und Fähigkeit berühmt, sich aus brenzligen Situationen zu retten.

Seine Schar tauchte dort auf, wo Bulgaren geplagt  und gefoltert wurden, um ihnen zu helfen. Deshalb widmete ihm die dankbare Bevölkerung einige ihrer schönsten Lieder und Legenden.

Eine Version des Liedes vom Haiducken Deljo wurde erstmals in den 1930er Jahren von Folkloristen in der Region Slatograd aufgenommen.

Seine erste Aufnahme entstand im Bulgarischen Nationalen Rundfunk mit einem Auftritt von Nadeschda Hwojnewa.

Im Jahr 1965, während des ersten Nationalen Festivals für bulgarische Folklore in Kopriwschtiza, war die amerikanische Folkloristin Ethel Rhyme vom Lied, das von der 23-jährigen Walja Balkanska vorgetragen wurde, beeindruckt.

Walja wurde im Dorf Arda bei Smoljan geboren und wurde früh Waise – ihr Vater fiel im Zweiten Weltkrieg. Begnadet mit einer unglaublichen Stimme und einem ausgezeichneten musikalischen Gehör, hörte sie nie auf zu singen. Mit 18 ging sie heimlich zum Vorsingen nach Smoljan. Ihre Karriere begann 1960 als Solistin im staatlichen Volkslied- und Tanzensemble „Rhodopen“.

Walja Balkanska, Dorf Arda, 1968, Foto: Martin Koenig

Kurz nachdem Ethel Rhyme Walja Balkanska in Kopriwschtiza gehört hatte, war auch der junge amerikanische Folklorist Martin Koenig von Bulgarien fasziniert. Eine von Koenig gegründete Nichtregierungsorganisation beschäftigte sich mit der Erforschung,

Dokumentation und Präsentation traditioneller Kultur und hatte sich zum Ziel gesetzt, originale bulgarische Folklore aufzunehmen.

In den USA hörte er die Aufnahmen von Ethel Rhyme beim Festival in Kopriwschtiza. Die beiden beschlossen, Walja Balkanska unbedingt wiederzusehen. Sie kamen 1968 mit einem Aufnahmeteam und hochwertiger Ausrüstung nach Bulgarien.

Spezialisten und hochrangige Beamte boten ihnen andere Interpreten an: Walja war sehr jung, dem Publikum völlig unbekannt und sang in einem Provinzensemble.

Doch Martin und seine Kollegen bestanden darauf, nur sie aufzunehmen.

Da es in der Region Smoljan kein Studio gab,wurde die Ausrüstung in einem Klassenzimmer mit niedriger Decke aufgestellt. Walja stand an einem Ende des Raumes, zwei Dudelsackspieler am anderen, jeder mit einem Mikrofon vor sich. Die Dudelsackspieler waren keine professionellen Musiker, sondern Bergleute: „Stefan Sachmanow aus Sokolowzi und Lasar Kanewski aus Momtschilowzi waren so fantastisch, weil sie aus tiefstem Herzen spielten“, sagte Koenig Jahre später.

Walja Balkanska während der Aufnahme, Foto: Martin Koenig

Die amerikanischen Folkloristen waren jedoch nicht an der Auswahl von „Islel e Deljo hajdutin“ für die Goldene Schallplatte an Bord der Voyager 1 beteiligt – einer Raumsonde, die am 5. September 1977 von Cape Canaveral startete und 2004 das Sonnensystem verließ.

Die Platte mit Fotos und Klängen von der Erde soll einen Teil des irdischen Erbes für Generationen bewahren und eine Botschaft an außerirdische Zivilisationen sein. Ihr Inhalt: Geräusche aus der Natur, Grüße in 55 Sprachen und eine Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten und des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, die aber nicht auf Bulgarisch vorkommen. Begleitet werden die Grüße von einer 90-minütigen Auswahl von Weltmusik aus verschiedenen Kulturen.

So umfasst die 90-minütige Auswahl neben Werken von Bach, Mozart, Beethoven und Strawinsky auch Folklore aus Java, Senegal, Zaïre, Australien, Mexiko, Neuguinea, Japan, Georgien, Peru, Aserbaidschan, den Salomonen, China, Indien und den Navajo-Indianern in den USA. Darunter ist auch die bulgarische Perle „Islel e Deljo hajdutin“. Obwohl Bulgarien in den Grüßen nicht zu Wort kommt, singt es mit der beeindruckendsten Stimme der Rhodopen, der Stimme von Walja Balkanska – einer irdischen Stimme mit außerirdischen Dimensionen, die längst Teil des Universums geworden ist.

Noch heute ist Walja Balkanska ein Symbol für die Weisheit des bulgarischen Volkes, für den einzigartigen Geist unserer Folklore, für unsere wertvollsten Tugenden – Güte und Menschlichkeit – und für das ewige Streben nach Harmonie und Vollkommenheit.

Eine häufig im Radio gespielte Aufnahme ist die von Walja Balkanska mit dem Dudelsackspieler Dimitar Petkowski aus dem Jahr 1968, die während eines Volksfestes auf Aglīkina Poljana entstand.


Autor: Zwetana Tontschewa

Übersetzung: Lyubomir Kolarov

Redaktion: Rossiza Radulowa

Veröffentlicht von Marta Ros

Fotos: Martin Koenig, Archiv BNR, Archiv




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