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Bulgarien steht in Flammen – Hilfe kommt, doch die Bilanz ist erschütternd

Dorf Kosarewo, Bezirk Jambol
Foto: BTA

Ein trauriger bulgarischer Sommer…

Seit Tagen herrschen Temperaturen von über 40°C. Die anhaltende Hitze – in Verbindung mit Fahrlässigkeit und menschlicher Nachlässigkeit – hat hunderte Brände im ganzen Land ausgelöst. Bereits die zweite Woche in Folge kämpfen Feuerwehrleute, Freiwillige und Militärs an vorderster Front gegen das Feuer – oft unter ungleichen Bedingungen. Währenddessen zünden andere – absichtlich oder fahrlässig – neue Brände.

Aufnahme aus der Region Kjustendil

Anfang vergangener Woche brach ein großer Brand in mehreren Dörfern der Gemeinde Kostinbrod (Westbulgarien) aus. Es brannten mehrere Häuser, Felder und Wälder ab. Es folgten weitere Brände. In Tran, ebenfalls im Westen, verbrannten 40 Häuser – die Flammen griffen sogar auf serbisches Territorium über. Im nordwestlichen Dorf Dabowa Machala (Bezirk Montana) wurden 19 Häuser, ein Kuhstall und ein ungenutztes Schulgebäude Opfer der Flammen.

Der Wald bei Ilindenzi

Einer der kritischsten Punkte lag bei Ilindenzi im Südwesten des Landes. Dort mussten die Einsatzkräfte wegen heftiger Windböen zeitweise abgezogen werden. Der Direktor der Generaldirektion für Brandschutz und Bevölkerungsschutz, Hauptkommissar Alexandar Dschartow, sprach von einem Feuer, „das nicht unter Kontrolle gebracht werden kann“. In der Region Pirin verbrannten mehr als 600 Hektar Wald. Rauch und Ruß zogen über die Bergkämme hinweg und versetzten die Menschen in Bansko, Raslog, Beliza und Blagoewgrad in Angst.

Auch die Militär helft beim Brandlöschen

In der Region Jambol (Ostbulgarien) mussten wegen eines Flächenbrands zwei Pumpstationen vom Netz genommen werden – zehn Dörfer waren ohne Wasser. Auch in der Nähe der Hauptstadt brach Feuer aus – zwischen Bankja und dem Stadtviertel „Filipowzi“. In Sofia wurde der öffentliche Nahverkehr zwischen den Stadtteilen „ModernoPredgradie“ und „Obelja“ wegen eines Brandes unterbrochen.

Vor diesem Hintergrund entfachte ein 33-jähriger, polizeibekannter Mann vorsätzlich ein Großfeuer in einem Waldstück zwischen zwei Vierteln in Weliko Tarnowo. Dank Überwachungskameras der Gemeinde konnte der Brandstifter gefasst werden. Die Aufnahmen seines Handelns wurden in Nachrichtensendungen und sozialen Netzwerken verbreitet und lösten berechtigte Empörung aus.

Nach dem Brand im Region Tran

Ebenso berechtigt sind die Fragen, die sich viele Menschen in Bulgarien stellen: Warum fehlt es an geeigneter Technik zur Brandbekämpfung? Warum gibt es keine ausreichende Prävention und Kontrolle? Warum fehlt das Verantwortungsbewusstsein?

Immerhin: Hilfe ist unterwegs. Bulgarien aktivierte den EU-Katastrophenschutzmechanismus und empfängt vier Hubschrauber und zwei Löschflugzeuge. Am Sonntag entsandte auch die Türkei Einsatzkräfte aus Edirne und Kırklareli zur Unterstützung beim Brand nahe dem Dorf Lessowo an der bulgarisch-türkischen Grenze. Dort brannten tausende Hektar.


Während seines offiziellen Besuchs in der Moldau rief Premierminister Rossen Scheljaskow die Bevölkerung zur Achtsamkeit bei feuergefährlichen Tätigkeiten auf – insbesondere rund um die eigenen Häuser. Nicht ausgedrückte Zigaretten seien oft die Ursache. „Seit Jahren wiederholen wir die gleichen Appelle – und trotzdem entstehen 95 Prozent der Brände durch menschliche Nachlässigkeit“, so Scheljaskow.

Präsident Rumen Radew kritisierte die anhaltende Untätigkeit beim Kauf moderner Löschtechnik aus der Luft. Vom Flughafen Plowdiw aus – wo er am Sonntagabend die erste ungarische EU-Maschine begrüßte – erinnerte Radew daran, dass das Parlament bereits vor einem Jahr beschlossen habe, die Regierung zum Kauf solcher Spezialtechnik zu verpflichten. „Seitdem – nur Gleichgültigkeit und Ducken. Man hofft wohl: Vielleicht geht’s vorbei“, kommentierte das Staatsoberhaupt. Frühzeitige Informationen über Brandherde seien entscheidend. Radew dankte der EU, der Türkei sowie allen Feuerwehrleuten, Soldaten und Freiwilligen für ihren unermüdlichen Einsatz.

Flughafen Plowdiw begrüßt EU-Hilfe

„Ein trauriger, feuriger Sommer für Bulgarien“ – so beschreibt ihn die frühere Modelikone, TV-Autorin und engagierte Bürgerin Wladina Zekowa in einem emotionalen Facebook-Beitrag:


„Diese Gleichgültigkeit ist erschreckend. Die Verantwortungslosigkeit ist widerlich. Ich kann nicht glauben, dass es Menschen gibt, die absichtlich Feuer legen. Ich kann nicht glauben, wie gefühllos manche sind. Ich schreibe und finde keine Ruhe, bin voller Ohnmacht. Ja, es ist Sommer, ja, es ist heiß – aber wir als Menschen, als Menschheit könnten so viel tun. Respekt für all die unermüdlichen Feuerwehrleute, Soldaten, Freiwilligen, die Tag und Nacht gegen das Feuer kämpfen! … Ein Wald braucht Jahre, um zu wachsen. Jahre!“

Freiwillige in der Region Jambol

„Das Gefühl der Straflosigkeit verbrennt Bulgarien“ – schrieb auch Nikola Rachnew, Initiator der größten Freiwilligenbewegung des Landes „Gorata.bg“:

„Es schmerzt mich, dass so viele Wälder, Felder, Häuser, Lebensräume verbrennen. Bulgarien steht erneut in Flammen... Und es brennt nicht nur durch Hitze, sondern auch durch fehlende Prävention und Verantwortungslosigkeit des Staates. Denn der beste Brand ist der, der nie entsteht. Es gäbe Möglichkeiten: Brandschutzstreifen in Wäldern, Wasserflächen, Systeme zur Früherkennung und raschen Eindämmung…“

Sicher ließen sich noch viele solcher Stimmen und Appelle hinzufügen. Und jeder einzelne lädt zum Nachdenken ein.


Autor: Krassimir Martinow

Übersetzt und veröffentlicht von Lyubomir Kolarov

Redaktion: Rossiza Radulowa

Fotos: BTA



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