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133 Jahre seit der Ernennung Sofias zur Hauptstadt Bulgariens

"Aussicht auf Sofia mit dem Uhrturm" von Joseph Oberbauer
Foto: Архив
Am 3. April des Jahres 1879 beschloss die Gründungsversammlung Bulgariens, nach annähernd 500 Jahren türkischer Fremdherrschaft die Hauptstadt des wiederentstandenen Staates zu bestimmen. Die Wahl fiel auf Sofia.
Diese Entscheidung war kein Ergebnis einer zufälligen Eingebung, sondern erfolgte auf Grund tiefgreifender geschichtlicher Zusammenhänge. Sofia ist nicht nur eine der ältesten Städte in Bulgarien, sondern in Europa überhaupt. Eine erste Siedlung an gleicher Stelle war bereits in der Neusteinzeit entstanden und seither ist das Leben an diesem Ort nicht abgebrochen. Anziehend für die Menschen waren die warmen Mineralwasserquellen, die auch die Thraker zu schätzen wussten. Hier baute der Stamm der Serden seine Hauptstadt.

Als die Römer zu Beginn des 1. Jahrhunderts nach Christus Gebiete der Balkanhalbinsel ihrem Weltreich einverleibten, erkannten sie die strategische Bedeutung dieses Ortes und gestalteten die Stadt nach ihrem Vorbild. Sie benannten sie Serdica, nach dem thrakischen Stamm, der hier lebte. Serdica wuchs schnell zu einer prächtigen römischen Stadt heran, mit einen hohen Festungsmauern und prunkvollen öffentlichen Bauten. Der römische Imperator Konstantin der Große, der die Hauptstadt des Reiches verlegte, sagte häufig “Serdica ist mein Rom”. Aus verschiedenen Gründen baute er aber den kleinen Ort Byzantion am Bosporus zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches aus.
Als die Bulgaren zu Beginn des 9. Jahrhunderts die Stadt ihrem Reich angliederten, erlebte sie eine erneute Blüte unter dem Namen Sredez. Der heutige Name der Stadt, Sofia, ist erst seit dem 14. Jahrhundert belegt und verweist auf die altehrwürdige gleichnamige Basilika, die Sophienkirche, die seit dem 5. Jahrhundert stummer Zeuge der Stadtgeschichte ist.

Als Ende des 14. Jahrhunderts die Türken die Stadt eroberten, behielt sie eine Weile ihre strategische Bedeutung, wurde jedoch in eine typisch orientalische Stadt umgestaltet, mit Moscheen, Karawansereien, Basaren und vielen krummen Gassen.
Als Sofia in Folge des russisch-türkischen Krieges von 1877/78 befreit wurde, zählte sie kaum 12.000 Einwohner, was jedoch kein Grund war, sie nicht als neue Hauptstadt Bulgariens vorzuschlagen.
Die Idee dazu hatte der bulgarische Wissenschaftler und Politiker Prof. Marin Drinow. Er verwies auf die große strategische Bedeutung der Stadt. Der Vorschlag, die einstige bulgarische Reichshauptstadt Tarnowo aus dem 12. bis 14. Jahrhundert erneut zur Hauptstadt zu bestimmen, wurde eben aus strategischer Sicht abgelehnt. Sofia besaß eindeutig bessere Entwicklungschancen. Die Art und Weise, wie die Entscheidung gefallen ist, kann aus den Protokollen der Parlamentsversammlung ersehen werden. Nachdem Sofia vorgeschlagen worden ist, wurden die Abgeordneten aufgefordert, weitere Vorschläge zu unterbreiten. Sie wurden gleichzeitig damit aber auch ermahnt, sich dabei von den Interessen des Volkes und des Landes leiten zu lassen. Als letzter kam Dragan Zankow zu Wort. Er sagte, dass Bulgarien zwei Hauptstädte besitzt: das historische Tarnowo und Sofia, wo sich die Residenz des Landesfürsten befinden solle. Seiner Ansicht nach sollten die künftigen Monarchen des Landes in Tarnowo gekrönt werden, was dann auch geschehen ist.

Die Stadt Sofia erlebte nach ihrer Benennung zur Hauptstadt des Fürstentums Bulgarien eine rasante Entwicklung. Alle grundlegenden staatlichen Institutionen wurden hier eingerichtet und sie verwandelte sich in ein Zentrum des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens.

Sofia hat sich binnen 15 bis 20 Jahren bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts aus einer zurückgebliebenen Ortschaft mit eher ländlichem Charakter in eine moderne und gutaussehende Stadt verwandelt. Wasserversorgung und Kanalisation entstanden neu; um die Jahrhundertwende erhielt die Stadt elektrisches Licht und 1901 nahm die erste Straßenbahn ihre Fahrten auf. Im Zentrum entstanden repräsentative Bauten, von denen die meisten heute architektonische Perlen darstellen. Genannt seien die Gebäude des Parlaments, des Nationaltheaters “Iwan Wasow”, des Militärclubs, der Post und etlicher Ministerien und Banken.
Diese Gebäude sind in den Anfangsjahren Werke bekannter ausländischer Architekten. Schnell wurden sie aber von einheimischen Baumeistern abgelöst, die mittlerweile eine solide Ausbildung in den wichtigsten damaligen Architekturzentren Europas erhalten hatten. Damit erhielt Sofia in architektonischer Sicht auch ihren spezifisch bulgarischen Charakter.

In den 60er bis hin zu den 80er Jahren des 20 Jahrhunderts erlebte Sofia eine weitere Periode der rasanten Entwicklung. Sofia war damals Hauptstadt des sozialistischen Bulgarien und platzte schier aus den Nähten. Man sah sich gezwungen, große Neubauviertel zu errichten. Die Menschen betrachteten sie eher als Ghettos. Nach der Wende von 1989 erlebte die Stadt eine neue Entwicklungsphase.

Das Sofioter Stadtwappen enthält ein Spruchband mit den Worten „Wächst, aber altert nicht“. An diese Weisheit werden die Bewohner, wie auch Gäste der bulgarischen Hauptstadt fast jeden Tag erinnert. Sofia ist eine moderne Stadt mit ihrem unverwechselbaren Antlitz, dass sich stets aufs neue zu präsentieren weiß.
По публикацията работи: Weneta Pawlowa und Wladimir Wladimirow


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