Im März haben die Seestreitkräfte von Bulgarien, Rumänien und den Vereinigten Staaten in den internationalen Gewässern nordöstlich vom rumänischen Konstanza ein gemeinsames Seemanöver durchgeführt. Vom 10. August bis zum 12. September halten die bulgarischen und US-amerikanischen Luftstreitkräfte die gemeinsame Übung "Thrakischer Adler" ab. In der zweiten Septemberhälfte wird sich ein Zug der bulgarischen Spezialkräfte dem multinationalen Manöver "Schneller Dreizack" in der Westukraine anschließen. Eigentlich sollte sich auch Russland an dieser Militärübung beteiligen, das dieses Manöver im Kontext der Ukraine-Krise nun als Provokation bezeichnet. Die Wahrheit ist, dass all diese Manöver nicht aufgrund der Krise, sondern bereits zuvor geplant wurden. Es stimmt jedoch auch, dass sie trotz der Krise in einer ausgesprochen heiklen Lage in der Schwarzmeerregion stattfinden und im Kontext der verstärkten NATO-Präsenz in der Region betrachtet werden müssen.
Die Argumente für die bulgarische Teilnahme an diesen Militärübungen sind mehr als eins. Vor geraumer Zeit alarmierte der bulgarische Staatspräsident und Oberkommandierende der Streitkräfte Rossen Plewneliew, dass die bulgarischen Jagdjets, die den nationalen Luftraum sichern, aufgrund von Flügen russischer Transport- und Aufklärungsflugzeuge über dem Schwarzen Meer bedeutend häufiger aufsteigen müssen als zuvor. In diesem Zusammenhang sprach er zudem die Vermutung aus, dass Russland diese außerplanmäßigen Flüge der bulgarischen Luftflotte gezielt provoziere, um die Flugressourcen der Kampfjets MiG 29 zu vermindern, die direkt von Russland abhängig sind. In diesem Zusammenhang forderte Staatspräsident Plewneliew "mehr NATO" in Bulgarien und der Region. Die Vorgängerregierung von Plamen Orescharski lehnte die These über "mehr NATO" ab, die unter der jetzigen Übergangsregierung jedoch erneut an der Tagesordnung steht. Ganz bewusst wird beispielsweise im Rahmen des bulgarisch-amerikanischen Manövers "Thrakischer Adler" die Bewachung des Luftraums sowie die visuelle Erkennung und Begleitung von Flugzeugen trainiert.
Mit der Eskalation der Ukraine-Krise eskalieren auch die damit verbundenen Befürchtungen. Verteidigungsminister Welizar Schalamanow gab gegenüber dem Bulgarischen Nationalen Rundfunk zu verstehen, die territoriale Einheit europäischer Staaten sei bedroht, was auch Bulgarien betreffen könnte. Eine solche Gefahr habe für Georgien bestanden, jetzt sei die Ukraine davon betroffen, in Moldawien liege ein Konflikt auf Eis, in Nagorny Karabach, so dass auch für Bulgarien direkte Bedrohungen nicht ausgeschlossen werden könnten, fügte Minister Schalamanow hinzu und gab klar zu verstehen, dass Sofia dabei nicht nur die Ereignisse in der Ukraine im Auge habe, sondern auch andere Brennpunkte in der Region. Aus diesem Grund befürwortete Bulgarien auf dem NATO-Gipfel in Wales vergangene Woche den verabschiedeten Aktionsplan der NATO für eine verstärkte Präsenz in Osteuropa. Das geht so weit, dass man von der NATO einen Aktionsplan zum Schutz von Bulgarien und Rumänien will, der die Engagements der Allianz im Falle eines Angriffs auf beide Länder festlegt. Auch wird Bulgarien eine Reihe von Vorkehrungen treffen. Diese betreffen den Ausbau des Truppenübungsplatzes in Nowo Selo für NATO-Manöver, die Vertiefung der Zusammenarbeit im Schwarzen Meer sowie gemeinsame Einsätze zur Gewährleistung der Souveränität des bulgarischen Luftraums. Bereits in Wales hat Bulgarien den Vorschlag unterbreitet, den nationalen Kommandostab zur Beobachtung des Schwarzem Meeres in Warna als Kommandozentrum der NATO zu nutzen. Auch der Truppenübungsplatz Nowo Selo soll mit ähnlicher Militärinfrastruktur in Rumänien, Polen und Deutschland operativ verbunden werden. Zudem denkt man über die Erarbeitung eines nationalen Programms nach, das die dafür erforderlichen Gelder aus dem Staatshaushalt sichern soll, um diese mit Mitteln der NATO, der EU und anderer Staaten aufzustocken, die Solidarität mit Bulgarien bezeugen. Derzeit ist jedoch ein Prozess in Gang, der das Mandat der jetzigen Regierung weit überschreitet und von der neuen Regierung aufgegriffen werden muss, die aus den Neuwahlen am 5. Oktober hervorgehen wird.
Übersetzung: Christine Christov
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