Im Jahr 2012 verhängte Bulgarien nach starken Protesten ein Verbot über die Erschließung und Förderung von Schiefergas nach dem so genannten Fracking-Verfahren auf dem gesamten Territorium des Landes. Das Verbot ist unbefristet, beschlossen damals die Abgeordneten des bulgarischen Parlaments. Es finden sich aber auch noch Befürworter des umstrittenen Verfahrens. Einer von ihnen ist der Experte im Bereich der Erdölförderung Wasko Natschew:
„Das Fracking ist kein Selbstzweck, das ist eines der Segmente, mit denen der gesamte Prozess geschlossen wird. Ich weiß nicht, warum so sehr gerade darauf gepocht wird, wo es doch viel wichtigere Tätigkeiten gibt. Das ist nur ein Teil der Erschließung, noch vor Beginn der Förderarbeiten. Der Begriff klingt aber ziemlich attraktiv und wird deshalb aus Unkenntnis so oft bei Diskussionen eingesetzt“, meinte der Experte bei einem Rundtischgespräch zum Thema Schiefergas, das von „Radio Bulgarien“ organisiert wurde.
Anderer Ansicht ist der Parlamentsabgeordnete der Bulgarischen sozialistischen Partei Tasko Ermenkow, der Mitglied des Parlamentsausschusses für Energiewirtschaft ist:
„Das ist nicht meine persönliche Meinung, sondern die Meinung der bulgarischen Wissenschaftler, dass das jetzige Verfahren zur Erschließung und Förderung von Schiefergas vom Standpunkt der Umwelt nicht ungefährlich ist. Solange das der Standpunkt der Bulgarischen Akademie der Wissenschaft ist und solange diese Methoden nicht nur in Bulgarien, sondern auch in anderen Ländern in Frage gestellt werden, wird das Moratorium in Kraft bleiben“, sagte der BSP-Abgeordnete.
„Fracking ist ein nur kurzfristiger Prozess, der einige Stunden bis zu wenigen Tagen dauert, danach geht die Förderung ganz normal weiter wie bei jeder anderen Erdgasquelle“, argumentierte wieder der Experte Wasko Natschew.
Der Diskussion schloss sich auch Martin Wladimirow vom Zentrum für Demokratieforschung an. Er sieht das Problem eher von der wirtschaftlichen Seite an und nicht aus dem Blickwinkel des Umweltschutzes:
„Das einzige Problem beim Schiefergas als technologischer Prozess ist seine Wirtschaftlichkeit“, meinte Martin Wladimirow. „Der Grund ist, dass die notwendige Infrastruktur dafür fehlt, die Prozeduren für die Vergabe der Flächen an die Erdgasgesellschaften sind kompliziert. Dieser Prozess verteuert die Förderung von Schiefergas und der Endpreis wird höher liegen als die Preise für die Importe von russischem Erdgas. Man muss aber bedenken, dass die Förderung im Laufe der Zeit und mit der Entwicklung des Industrieprozesses billiger wird. Wenn wir jetzt beginnen, dann könnte die Situation in 50 Jahren schon ganz anders aussehen. Dieses Gas könnte dann viel billiger werden und wir könnten es sogar exportieren. Laut den geologischen Studien der Amerikanischen Energie-Informationsagentur gibt es in Bulgarien potentiell knapp eine halbe Trillion Kubikmeter Schiefergas. Das würde Bulgarien eine Unabhängigkeit von Erdgasimporten etwa bis zum Jahr 2100 sichern."
Georgi Stefanow von der Partei der Grünen betonte bei der Diskussion die Umweltgefahren und die Gesundheitsrisiken:
„Vor zwei Wochen veröffentlichte der Medizinische Verband der EU einen offiziellen Bericht über die negativen Auswirkungen der Förderung von Schiefergas auf die Gesundheit des Menschen“, sagte er. "Viele Wissenschaftler, nicht nur die von der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften haben schon vor Jahren die Umwelt- und die Gesundheitsrisiken bestätigt. Selbst wenn wir die Erkenntnisse der bulgarischen Wissenschaftler beiseite lassen, können wir doch einer europäischen Institution Vertrauen schenken“, sagte Georgi Stefanow.
Das Moratorium ist nur eine zeitweilige Maßnahme, meinte der stellvertretende Vorsitzende des jetzigen Parlamentsausschusses für Energiewirtschaft Walentin Nikolow von der Partei GERB.
„Ich war im Ausschuss für Energiewirtschaft, als damals das Moratorium auf die Erschließung und Förderung von Schiefergas beschlossen wurde“, sagte er. „Es gab damals auch Fehler, weil es so ziemlich auf die Schnelle gebilligt wurde. Es ist nur eine zeitweilige Maßnahme, solange sie nicht per Gesetz gelöst wird. Die Partei GERB wird das Moratorium nicht aufheben, solange keine überzeugenden und ausreichenden Beweise vorgelegt werden, das ein Risiko in diesem Bereich vertretbar ist. Wir suchen nach einer Variante mit einer angemessenen Technologie, die man der Öffentlichkeit mit gutem Gewissen vorstellen und erklären kann, dass sie ungefährlich ist, die Erdgaspreise senken und Arbeitsplätze schaffen kann und Unabhängigkeit bringt. Wir werden das Moratorium weder verändern noch aufheben, solange die Öffentlichkeit nicht überzeugt ist, dass die Förderung von Schiefergas nützlich und ungefährlich ist“, sagte der GERB-Abgeordnete Walentin Nikolow abschließend.
Übersetzt von Petar Georgiew
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