Kuriose und geradezu absurde Szenen aus dem Leben im bulgarischen Parlament hat der Schriftsteller und Literaturhistoriker Rossen Tachow in seinem neuen Buch zusammengetragen. Es heißt „Der große Parlamentszirkus. Chronik der Skandale in der Volksversammlung“.
„In diesem Buch gibt es keine Zensur. Ich habe 30 Jahre lang Material dafür gesammelt und drei Jahre lang daran geschrieben“, sagt der Autor. „Es ist auf der Grundlage von Stenogrammen der Sitzungen entstanden und enthält auch Erinnerungen von Zeitgenossen, historiographische und juristische Studien. Jedes Wort beruht auf Dokumenten und ist überprüft. Die höchste staatliche Institution, das Parlament, verwandelt sich immer wieder von einer „heiligen Stätte, in der die Gesetze geschmiedet werden“ in einen Zirkus, in einen Jahrmarkt, die Abgeordneten begießen sich gegenseitig mit Wasser, ziehen Pistolen, beleidigen sich in derbstem Ton, werden handgreiflich, reden Blödsinn. Das sieht auch das bulgarische Volk, das diese Leute ins Parlament gewählt hat und es sieht auch, wie das Land entsprechend regiert wird“, sagt der Autor weiter.
Rossen Tachow hat aber nur die aufsehenerregendsten Zwischenfälle und Ereignisse in sein Buch aufgenommen, die sich seit der ersten Volksversammlung nach der Befreiung bis in unsere Tage im Parlament ereignet haben.
„Abgeordneter in der ersten, der Verfassungsgebenden Volksversammlung war Iwantscho Hadschipentschowitsch – ein Mann, der ganz buchstäblich das Todesurteil des bedeutendsten bulgarischen Kämpfers gegen die türkische Fremdherrschaft Wassil Lewski unterzeichnet hat. Er gehörte nämlich zu den Richtern, die ihn am 14. Januar 1872 zum Tode verurteilten. Derselbe Mann unterzeichnete auch das erste bulgarische Grundgesetz im Jahr 1879 und somit steht seine Unterschrift unter zwei Dokumenten mit historischer Bedeutung“, erzählt Rossen Tachow.
Über die heutigen Parlamentsabgeordneten schreibt er: „Für den Volksvertreter ist es nicht gut, wenn er auf engem Raum lebt – dieser unterdrückt seine Gehirnzellen, die dazu berufen sind, für das Wohl des Vaterlandes zu arbeiten. „Gib dem Vogel freien Himmel, auf das er fliege“, sagten die Alten. Und so braucht auch der Abgeordnete viel Freiraum, um die Flügel seiner patriotischen Gedanken zu entfalten. Aus diesem Grund bewohnt er mit Vorliebe keine Ein-Zimmer-Wohnungen, sondern möglichst solche im Palast-Format.
Jedes der 45 Kapitel im Buch hat seine Besonderheit, sagt Rossen Tachow.
„Das vielleicht frappanteste Ereignis im Buch ist die Abstimmung über die Kriegskredite, mit denen Bulgarien in den Ersten Weltkrieg zieht“, erzählt er weiter. „Die Opposition weigerte sich entschieden, für diese schicksalhaften 500 Millionen Lewa zu stimmen. Daraufhin kam der damalige Ministerpräsident Wassil Radoslawow in den Plenarsaal, zog einen sechschüssigen Revolver und erklärte, dass er in der Trommel je eine Patrone für die sechs Fraktionen der Opposition habe. Und so, in die Mündung des Revolvers blickend, stimmten die Abgeordneten für die Kriegskredite.“
Auch heute noch laufen Leute mit Pistolen am Gürtel im Parlamentsgebäude herum und das sind nicht etwa nur die Männer vom Wachschutz, sondern Abgeordnete. Einer von ihnen macht nicht einmal ein Geheimnis daraus – der Vorsitzende der Partei „Ataka“ Wolen Siderow. Von ihm kursieren auch Fotos, auf denen er nackt mit einer Zigarre oder auf dem Balkon in einem Pariser Nobelhotel zu sehen ist. Ein anderer Parlamentsabgeordneter gilt aber als der Begründer des bulgarischen politischen Nudismus – Walko Nejtschow, der sich schon1881 nackt in Paris ablichten ließ und die Fotos danach sogar im Plenarsaal in Sofia verteilte.
Im Jahr 1901 beschäftigten sich die Abgeordneten dann mit den Freudenhäusern in der Hauptstadt und dabei kamen bedeutende Interessenkonflikte zum Vorschein. Die Korruption, der die heutigen Politiker einen erbarmungslosen Kampf angesagt haben, hat ebenfalls tiefe historische Wurzeln.
„Sofort nach der Befreiung kommt es schon zu den ersten großen Korruptionsskandalen“, erzählt Rossen Tachow. „Der Grund ist, dass unsere öffentliche Verwaltung das Erbe der türkischen Verwaltung und der Verwaltung in der Zeit der russischen Besatzung antrat, die beide für ihre Korruptheit berühmt-berüchtigt waren. Und die Bestechlichkeit ging auch an den Parlamentsabgeordneten jener frühen Jahre nicht spurlos vorbei. Der eine kam so zu einer Spiritusfabrik in Knjaschewo bei Sofia, der andere – zu einer Eisenbahnkonzession. Bekannt ist auch der Fall des ersten bulgarischen Ministerpräsidenten Todor Burmow, der vom russischen Zaren Alexander II als Auszeichnung einen Brillantring erhielt. Da er aber gerade dabei war, sich ein Haus zu bauen, bat er das russische Konsulat um den Gegenwert des Rings in Geld. Den erhielt er dann – 400 Rubel... behielt aber auch den Ring, den er dann für 67 Britische Pfund verkaufte.
„Der große Parlamentszirkus“ ist eine Chronik nur der großen Skandale in der Volksversammlung. Hätte ich auch die kleineren aufgenommen, wäre es eine Buchreihe mit vielen, vielen Bänden geworden“, sagt der Autor Rossen Tachow.
Übersetzung: Petar Georgiew
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