„Südosteuropa und die europäische Integration – politische, sozial-wirtschaftliche und kulturelle Aspekte“ – so lautet das Motto der 11. Ausgabe des internationalen Kongresses für südosteuropäische Forschungen, der dieser Woche in Sofia läuft.
Näheres über die Geschichte des Kongresses erzählte uns Prof. Alexander Kostow vom Institut für Balkanistik: „Hauptorganisator der Kongressreihe ist die Internationale Vereinigung für Südosteuropaforschung. Diese Organisation wurde 1963, in den Zeiten des Kalten Krieges gegründet. Trotz komplizierter politischer Lage, konnte eine Forschungszusammenarbeit durchgeführt werden. In der gesamten Region nahmen einzelne Institute ihre Arbeit auf. Die Vereinigung ihrerseits erforscht Geschichte, Literatur, Kunst und Gesellschaft von der Antike her bis in unsere Tage. Der erste Balkanistikkongress wurde 1966 in Sofia durchgeführt. Die nächste Ausgabe in Sofia war 1989. Von bulgarischer Seite wird das Forum vom Institut für Thrakologie an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften organisiert.“
An der 11. Ausgabe des Kongresses für Balkanforschungen beteiligen sich über 250 Experten aus 26 Ländern. Ihr Tätigkeitsbereich ist breit gefächert. Anwesend sind nicht nur Vertreter aller Länder Südosteuropas, sondern auch bedeutender Wissenschaftszentren in Russland, den USA, China und Japan.
„Dieser Kongress widmet sich einem besonders aktuellen Thema – es geht um den Balkan und die europäische Integration“, setzt weiter Prof. Alexander Kostow fort. „Hierbei geht es nicht bloß um den Beitritt zur Europäischen Union, sondern um eine Integration auch in kleinerem Maßstab. Dabei betrachtet man jedes Gebiet – Kultur, Politik, Wirtschaft, deren Entwicklung und besonders die Phase vor dem Beitritt. Es wurden konkret 18 Themenbereiche abgesteckt, die direkt oder indirekt mit dem Forumsthema in Verbindung stehen. Ein Akzent wird auf Literatur, Sprachforschung, Geschichte, Kunst und Medien gesetzt. Die Wirtschaftsthematik rief ihrerseits großes Interesse hervor, denn es ging um die russischen und chinesischen Investitionen in Südosteuropa. Ein getrenntes Thema befasst sich mit der NATO und der Balkanregion.“
Auf der Konferenz in Sofia wurden wenig bekannte Fakten mitgeteilt. So z.B. erzählte Prof. Alexander Nowik aus Russland folgendes über seine Forschungsarbeit: „In meiner Arbeit habe ich mich auf die medizinischen Praktiken der Albaner konzentriert, die in der Ukraine Leben. Ihre Geschichte ist übrigens sehr interessant. Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts verließ eine große Gruppe Albaner ihre Heimat und ließ sich vorerst in der Region der Stadt Warna am Schwarzen Meer nieder. Dort lebten diese Albaner rund 3 Jahrhunderte und waren im Zuge des Russisch-türkischen Krieges von 1877/78 gezwungen, zusammen mit anderen Bulgaren und Gagausen ihre Dörfer zu verlassen. Die russische Regierung gestatte ihnen, sich in der Nähe der Stadt Odessa anzusiedeln. Dort leben sie in vier Dörfern bis heute, haben ihre Sprache und Traditionen bewahrt, die natürlich vom Bulgarischen stark beeinflusst sind.“
Es gibt viele Beispiele für ein friedliches Zusammenleben auf dem Balkan und sie sind gerade heute wichtig, wenn die Region einer Flüchtlingswelle ausgesetzt ist. Auch dieses Thema wurde in Sofia breit diskutiert. Die Konferenzteilnehmer hatten ferner die Möglichkeit, sich näher mit Land und Leuten bekannt zu machen. Organisiert wurden die Besuche verschiedener Kulturveranstaltungen, wie auch Ausflüge zu interessanten Orten in Bulgarien.
Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow
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