Es hat sich herausgestellt, dass der Erwerb der bulgarischen Staatsbürgerschaft nach Abstammungsprinzip sehr beliebt ist und oft als Fahrkarte in die erträumten wohlhabenden EU-Staaten dient. Nach Angaben des Justizministeriums wurden in den letzten zehn Jahren 120.174 Einbürgerungsanträge nach dem Abstammungsprinzip gestellt, von denen 14,61% abgelehnt wurden. Der Grund für das wachsende Interesse an dieser Art der Einbürgerung ist die Tatsache, dass in diesem Fall der fünfjährige verbindliche Aufenthalt im Land, der Beschäftigungs- und Einkommensnachweis als auch die verbindliche Beherrschung der bulgarischen Sprache entfallen. Laut Gesetz über die bulgarische Staatsbürgerschaft muss lediglich der Vater, die Mutter oder einer der Großeltern bulgarischer Staatsbürger sein. Gegenwärtig dauert dieses Verfahren ca. 18 Monate – vier Monate für die Überprüfung der Kandidaten durch das Innenministerium und ca. ein Jahr für die Überprüfung durch den Nachrichtendienst.
In diesem Jahr wurden bis zum 31. August 5.400 Einbürgerungsanträge eingereicht. 4.400 Personen haben die bulgarische Staatsbürgerschaft erhalten. Im letzten Jahr sei die Bearbeitung der Anträge erschwert gewesen, erklärte der für diesen Bereich zuständige Vizejustizminister Petko Petkow. Als Grund dafür nannte er die Enthüllung der Staatsanwaltschaft in 2014 über die im Zeitraum 2011-2013 hundertfache Staatsbürgerschaftsvergabe durch die Staatsagentur für Auslandsbulgaren, ohne dass die Kandidaten einen hinreichenden Abstammungsnachweis erbracht haben.
"Die Staatsagentur hat einen neuen Chef, der die Einhaltung der Regeln sehr strikt kontrolliert", meint Vizejustizminister Petkow. "Meiner Ansicht nach gibt es da keine Probleme mehr. Das bekam das Justizministerium jedoch erst ein Jahr später zu spüren, da jetzt die Anträge aus dem Problemzeitraum geprüft werden. Ein weiteres Problem ist, dass ein großer Anteil der Antragssteller keine offiziellen Abstammungsunterlagen vorlegen kann. Diese Dokumente werden in der Regel im Staats- oder Militärarchiv aufbewahrt. Denjenigen, die die Sache verantwortungsvoll angehen, gelingt es in der Regel, in den Besitz dieser Dokumente zu kommen. Es gibt aber auch Personen, vorwiegend aus Mazedonien und Albanien, die mit dem offiziellen Abstammungsnachweis Probleme haben."
Die Verfahrensfrist zur Erteilung einer Bescheinigung über die bulgarische Abstammung sei von mehreren Monaten auf 20 Tage verkürzt worden, d.h. wenn die erforderlichen Unterlagen eingereicht werden, behauptet der Chef der Staatsagentur für Auslandsbulgaren Boris Wangelow. Und wenn der Antragsteller keine offizielle Abstammungsbescheinigung vorlegen kann?
"Wenn die Antragsteller bulgarischer Abstammung sind, dafür aber keine offiziellen Unterlagen haben, wird ein Abstammungsdokument eingereicht, das von einer örtlichen Organisation im Sinne des Gesetzes für Auslandsbulgaren ausgestellt ist", erklärt Boris Wangelow. "Besonders einfach ist das für diejenigen, die in Staaten leben, die früher zu UdSSR gehört haben, da sie im Besitz von Geburtsurkunden sind, in denen auch die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern eingetragen ist. Besonders schwierig ist dieser Nachweis in Mazedonien, wo die Ausweispapiere, die die bulgarische Abstammung nachweisen, von den entsprechenden Kommunalbehörden zielgerichtet vernichtet wurden. Nur wenige von ihnen könnten in unseren Archiven fündig werden."
Zu Vereinfachung des Einbürgerungsverfahrens nach Abstammungsprinzip wurde nun der Vorschlag eingebracht, den Abstammungsnachweis bei fehlenden Unterlagen mittels einer notariell beglaubigten Erklärung zu erbringen.
"Für mich ist das eine zu kardinale Problemlösung", bemängelt Vizejustizminister Petko Petkow. "Davon könnten auch Personen ohne bulgarische Abstammung Gebrauch machen. So könnten beispielsweise auch Terroristen schnell eingebürgert werden. Deshalb wollen wir, dass die Einbürgerungskandidaten in einem Test ihre Kenntnisse in bulgarischer Geschichte, Kultur, Staatsaufbau nachweisen und somit zeigen, dass ihnen etwas an unserem Land gelegen ist. Der Einbürgerungstest ist in fast allen EU-Staaten verbindlich. In Deutschland wurde er 2008 eingeführt. In diese Richtung müssen wir denken, sowohl der Gesetzgeber als auch die Öffentlichkeit."
Übersetzung: Christine Christov
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