Unweit des Warnaer Hafens befinden sich die Ruinen des landesweit größten öffentlichen Gebäudes aus der Antike. Dabei handelt es sich um die Thermen – also die Bäder im einstigen Odesos. Heute gelten die Thermen, die sich einst auf über 7.000 Quadratmetern erstreckten, als die größten des Balkans sowie als viertgrößte Badanlage aus der Römerzeit in Europa.
Besondere Verdienste gelten in diesem Zusammenhang dem tschechisch-bulgarischen Archäologen und BAN-Akademiker Karel Skorpil (BAN – Bulgarische Akademie der Wissenschaften), der seinerzeit mit der Erforschung der majestätischen Ruinen des altertümlichen Gebäudes begann. Darüber hinaus zählt er zu den Pionieren der Archäologiewissenschaft in Bulgarien und hat die Ruinen der ersten bulgarischen Reichshauptstadt Pliska entdeckt. Dafür haben ihm dankbare Bürger aus Warna in der Thermengegend ein Denkmal gesetzt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts legen die bulgarischen Archäologen Milko Mirtschew, Aleksandar Kuzew u.a. die antiken Bäder frei. Sie stellen fest, dass es sich dabei um s.g. Kaiserthermen mit vollständig symmetrisch angeordneten Räumlichkeiten handelt.
"Im Inneren befanden sich ausgedehnte Gewölbe", erklärt der Chef des Regionalmuseums für Geschichte in Warna, Prof. Walentin Pletnjow. "Das Erdgeschoss beherbergte alle Diensträume wie Korridore zur Warenlieferung und Personalversorgung und die Toiletten. Im Obergeschoss befand sich ein riesiges Bad mit beeindruckendem Umkleideraum und einem imposanten Saal, in dem Gespräche geführt wurden. Dort traf man sich zum Plaudern, denn Thermen waren vor allem ein Ort der Kommunikation. Darüber hinaus gab es einen Kaltbaderaum, einen Raum mit milder Hitze und einen Heißbaderaum. Nach diesem Prinzip funktionierten alle römischen Thermen."
Mit seiner Höhe von 20-25 Metern und seinen Gewölben weist das Gebäude imposante Ausmaße auf. Die Räumlichkeiten einschließlich Bäder wurden symmetrisch von Ost nach West dubliert. Die Innenräume waren mit Marmor ausgekleidet. Die Wände und Böden wurden mit Hypokausten beheizt. Zudem legten die Archäologen reichhaltige plastische Verzierungen frei. Ein Großteil von ihnen - Darstellungen verschiedener Gottheiten und Reliefverzierungen - kann man heute im Regionalmuseum besichtigen.
Die großen Thermen waren jedoch auch recht kostspielig. Als es mit der Stadt im 2.-3- Jahrhundert bergab ging und sie mehrfach überfallen wurde, wurden die Thermen vermutlich aufgegeben. Für die Bevölkerung baute man ca. 200 Meter entfernt s.g. kleine Thermen, die im 5.-6. Jahrhundert in Odesos in Betrieb waren. Heute kann man sie in unmittelbarer Nachbarschaft des Hafens an der Uferpromenade besichtigen.
"In den letzten beiden Jahren haben wir in Unterstützung der Stadtverwaltung Warna die landesweit einzigartige Route `Die Thermen von Odesos` eingerichtet. Das Projekt wurde ausschließlich von der Stadt finanziert", verweist Prof. Pletnjow. "Es umfasst die Kleinen Thermen, wo es Busparkplätze gibt, und die Großen Thermen. Das Projekt hat rund 250.000 Euro gekostet, einschließlich Restauration der Denkmäler und deren Exponierung sowie Nachtbeleuchtung. Beiden Thermen verfügen über Besucherzentren."
Besonders beeindruckend ist das jüngst eröffnete Besucherzentrum bei den Großen Thermen. Die Archäologen erwarten für dieses und kommendes Jahr die Fortführung der Restaurierungsarbeiten. Denn beide Stätten verfügen über Bühnen, die sich als Kulturraum für Theateraufführungen, Opernspektakel und Kammermusik etabliert haben und im Sommer von den Warnaer Bürgern und Gästen der Stadt besucht werden.
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: Weneta Pawlowa
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