In den Sälen des Nationalmuseums für Militärgeschichte in Sofia ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, die dem Ersten Weltkrieg gewidmet ist. Unter dem Motto „1916 – Siege und Entbehrungen“ wird die Teilnahme Bulgariens an den Kämpfen vor genau 100 Jahren vorgestellt. Bulgarien trat 1915 in den Krieg und beteiligte sich an der Seite der Mittelmächte bis 1918, als ein Friedensvertrag abgeschlossen wurde. Das Jahr 1916 war jedoch ein Schlüsseljahr, weil Bulgarien sowohl große Siege, als auch schwere Niederlagen erlitt.
„Vor dem Hintergrund der Siege sind unsere Verluste dennoch nicht zu unterschätzen“, meint Liljana Kriworowa, Hauptexpertin des Museums. „Im August des Jahres 1916 konnte die bulgarische Armee und vor allem die Zweite Brigade der Zweiten thrakischen Bodendivision, fünf feindliche Angriffe entlang des Wardar-Flusses und bei Dojran parieren. Den verbündeten englischen und französischen Truppen gelang kein Durchbruch. Das ist als einer der großen Erfolge Bulgariens in jenem Kriegsjahr zu werten. Hinzu kommen die zwei bulgarischen Angriffe der Ersten und Zweiten Armee, die die Lage an der Südfront wesentlich zu unseren Gunsten verschoben. Man darf in diesem Zusammenhang aber auch nicht die blutigen Kämpfe am Gipfel Kajmaktschalan vergessen. Bei den Gefechten, die vom 12. bis 30. September geführt wurden, kamen 2.000 Soldaten und Offiziere ums Leben. Die Kämpfe wurden so erbittert geführt, dass auf Grund des ständigen Artilleriebeschusses der Gipfel rund 10 Meter seiner Höhe einbüßte. Viele Soldaten verloren den Verstand, andere das Gehör. Es gab nur wenige Überlebende und Bulgarien musste diese Stellung aufgeben. Daraufhin nahmen die Serben den Gipfel ein.“
Das ist einer der größten Misserfolge des Jahres 1916. Anders sah die Lage in der Dobrudscha, in Nordostbulgarien aus. Die Dritte bulgarische Armee, die am 1. September dort eine Offensive startete, nahm die Festung von Turakan ein und setzte ihren Siegeszug in der Norddobrudscha fort. An dieser Stelle sei vermerkt, dass sich an der vereinten Donauarmee neben zwei bulgarische Divisionen auch deutsche und türkische Truppenteile beteiligten. Diese Armee kämpfte sich bis zum Dezember 1916 bis zur Mündung des Flusses Sereth vor.
„Zwischenzeitlich gelang es dem Gegner, Bulgarien an der Südfront bei Bitola zurückzuwerfen und die Stadt einzunehmen“, setzt die Geschichtsexpertin fort. „Dieser Rückzug ist nach Kajmaktschalan die zweite große Niederlage Bulgariens. Die Siege sind ihrerseits bedeutend. Daher haben wir unsere Ausstellung „1916 – Siege und Entbehrungen“ genannt, denn auch die Siege wurden mit großen Verlusten erkämpft.“
Sind die Verluste nicht auf die schlechte Bewaffnung zurückzuführen, fragten wir Liljana Kriworowa vom Nationalmuseum für Militärgeschichte.
„Meiner Meinung nach waren unsere Truppen in jenem Jahr noch gut bewaffnet, ausgerüstet und versorgt“, sagt sie. „Die Kriegserfolge sind vor allem der hohen Kampfmoral zuzuschreiben, die die Bulgaren nicht nur in diesem Krieg, sondern auch in allen anderen gezeigt haben, in denen es um die nationale Vereinigung ging. Der erste Weltkrieg, wie auch die Balkankriege wurden von bulgarischer Seite zu diesem Zweck geführt. Die bulgarischen Soldaten waren stets mutig und opferbereit.“
Die Ausstellung des Nationalmuseums für Militärgeschichte zeigt rund 200 digitalisierte Fotos von den Kriegsschauplätzen 1916. In den Vitrinen sind ferner verschiedene persönliche Gegenstände der Soldaten und Offiziere zu sehen. Ausgestellt werden etliche Dokumente, die die Ergebnisse des Krieges verdeutlichen.Insgesamt 115.000 bulgarische Soldaten und Offiziere mussten ihr Leben lassen. Der Erste Weltkrieg brachte Bulgarien erneut eine nationale Katastrophe: Von 113.920 Quadratkilometer Fläche, die Bulgarien 1915 besaß, ging infolge des Vertrages von Neuilly seine Flache auf nur mehr 103.146 Quadratkilometer zurück. Diese territorialen Verluste waren es aber nicht allein, die das Land schwächten; schwerer als sie wog der Umstand, dass trotz des Krieges die ohnehin offenen Fragen nicht gelöst werden konnten und ihre Lösung in noch weitere Ferne rückte denn je. Dazu kamen Reparationslasten, die für das kleine Land untragbar waren, verschärft durch den unabsehbaren Flüchtlingsstrom, der aus den abgetrennten Gebieten mittel- und hoffnungslos in das Land floss.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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