Es gibt wohl kaum ein Land, das nicht verschuldet ist. Die größten Schuldner der Welt sind die wirtschaftsstärksten Länder – die Vereinigten Staaten mit einer Staatsverschuldung von mehreren Billionen Dollar. Das beeindruckt jedoch weder die Regierung in Washington, noch die Banken und Finanzunternehmen, die um US-Staatsanleihen wetteifern. Sie investieren in die US-Wirtschaft und das aus einem einfachen Grund. Sie wissen um ihre Stärke und gehen davon aus, dass ein schwarzer Dienstag, an dem die USA ihre Zahlungsunfähigkeit erklären würde, wohl eher unwahrscheinlich ist. Genau das Gegenteil ist im benachbarten Griechenland der Fall, wo die Verschuldung auf über 160 Prozent des BIP gestiegen ist und die Tilgungschancen in absehbarer Zeit gegen Null gehen.
Mit öffentlichem Schuldenstand können viele nichts anfangen. Für Fachleute ist er jedoch ein wichtiger Indikator. Beispielsweise gibt die Höhe des Schuldenstandes Auskunft darüber, wofür das geliehene Geld verausgabt wurde. Was offenbart der Schuldenstand Bulgariens? Derzeit beläuft er sich auf 13,7 Milliarden Euro und ist damit allein im letzten Jahr um über zwei Milliarden gestiegen. Das meiste Geld ist in die Entschädigung der Anleger der aus politischen und wirtschaftlichen Gründen Pleite gegangenen viertgrößten Bank (Korporative Handelsbank) des Landes geflossen. Sehr viel Geld wurde zudem für den Autobahnbau verausgabt. Trotz miserabler Löhne und Gehälter sowie entwürdigender Renten bekommt der Sozialbereich kein Stück von der Finanztorte ab. Letztendlich stellte sich heraus, dass Bulgarien anstatt eines Defizits einen Haushaltsüberschuss verbucht hat. Nicht von ungefähr hat COFACE, eines der renommiertesten internationalen Beratungsunternehmen, seine Risikobewertung für Bulgarien nach oben korrigiert und damit die Botschaft gesendet, wer in bulgarische Staatsanleihen investieren will, kann mit einem vertretbaren Risiko rechnen. Damit reiht sich Bulgarien mit einem öffentlichen Schuldenstand von 28,7 Prozent des BIP EU-weit hinter dem ebenfalls nicht besonders wohlhabenden Estland und dem reichen Luxemburg ein. Das ist ein sehr gutes Ergebnis und eine Trumpfkarte für eventuelle Investitionen in bulgarische Staatsanleihen. Allerdings muss an dieser Stelle gesagt werden, dass in diesem Jahr laut Gesetz keine neuen Schulden im Ausland aufgenommen werden dürfen. Die Bedürfnisse sind so gering, dass Staatsanleihen bei Bedarf nur an inländische Investoren verkauft werden sollen. Das hat sicherlich etwas mit der angehäuften Fiskalreserve von 6,5 Milliarden Euro und dem Haushaltüberschuss von 750 Millionen Euro für 2016 zu tun.
Im Frühjahr stehen vorgezogenen Neuwahlen an. Umfragen sehen derzeit in etwa einen Gleichstand beider politischen Kernparteien – der linken Bulgarischen Sozialistischen Partei und der konservativen GERB-Partei. Bei einem Sieg der Sozialisten wäre es keine große Überraschung, wenn dass Staatssäckl für großzügigere Sozialmaßnahmen etwas lockerer sitzen würde. Natürlich hätte das auch die entsprechenden Folgen für den Schuldenstand und die Fiskalreserve und den Haushaltsüberschuss. So oder so gehen die Fachleute für das laufende Jahr von einem gedrosselten BIP-Wachstum aus. Wie sich die Dinge auch entwickeln mögen – angebracht sind mehr denn je Mäßigkeit und Vorsicht.
Übersetzung: Christine Christov
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