Das Dorf Arbale liegt im Grenzgebiet Dolni Debar in Albanien, nur 4 km von der mazedonischen Stadt Debar. Schriftliche Zeugnisse über die demografische Zusammensetzung der Region aus dem Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts belegen, dass diese Region einst von Bulgaren bewohnt wurde. Dr. Wesselka Tontschewa reiste mit einem Team aus Ethnologen dorthin, um sich nach dem heutigen Stand zu erkundigen. Die Untersuchung umfasst auch die Dörfer Gorno Kartschista, Obrok, Popinar und Deoljani. Alles was sie während ihrer Expeditionen 2015 und 2016 dort gesehen und erlebt hat, findet seinen Niederschlag im Dokumentarfilm "Zweieinhalb Häuser", der in der Sofioter Universität vorgestellt wurde.
Populär wurde das Thema über die bulgarische Minderheit in Albanien nach ihrer offiziellen Anerkennung im vergangenen Jahr. Eine verspätete politische Geste, wie Dr. Tontschewa findet. „Weil diese Menschen schon seit 1913 in Albanien leben. Insbesondere im Zeitraum 1913 bis 1939 hatten sie einen engen Kontakt mit Bulgarien und waren bestrebt, ihn zu pflegen. Sie wollten bulgarische Schulen und Kirchen", sagte Dr. Tontschewa. „Wir sind diesen Bulgaren etwas schuldig, weil wir nach 1947 die Verbindung mit ihnen verloren haben. Damals hat der totalitäre albanische Führer Enver Hodscha die Grenzen geschlossen und ein hartes Visaregime eingeführt.“
Dr. Wesselka Tontschewa vom Institut für Ethnologie und Folklore an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften erforscht mit der tatkräftigen Unterstützung der akademischen ethnologischen Vereinigung "Ongal" seit 2007 die bulgarische Minderheit in Albanien. Ihre vorherigen Expeditionen führten sie nach Golo Bardo, Mala Prespa am Prespasee und nach Gora im Norden Albaniens. Dort leben unsere Landsleute in 21 kompakten Dörfern, wo die Sprache, die Traditionen und die bulgarische Identität noch gut erhalten sind.
Arbale hingegen liegt in der Ebene und dort sind die Migrationprozesse stärker. Die Region ist fruchtbarer und zieht Menschen aus allen Landesteilen an. Die letzten in Bulgarien erhaltenen Zeugnisse über diese Dörfer stammen aus den 30iger Jahren des 20. Jahrhunderts, die ein buntes und sich dynamisch veränderndes ethnisches und religiöses Bild zeichnen.
Interessant ist auch, dass es parallel zu den bulgarischen historischen Quellen auch serbische gibt. „Die serbischen Autoren dieser Quellen behaupten, dass die Bevölkerung dort serbisch ist. Schon damals kreuzten sich die Interessen von Bulgarien und dem damaligen Jugoslawien, so dass die Bevölkerung die Wahl zwischen diesen beiden Identitäten hatte”, erklärt Dr. Iwajlo Markow, ein weiterer Teilnehmer der Expeditionen.
Der Film "Zweieinhalb Häuser" zeichnet ein Bild der heutigen Situation in Arbale. Im ansonsten lebhaften Dort gibt es heute nur drei bulgarische Häuser. Doch wie die Protagonistin im Film, Oma Golobka, voller Trauer sagt – ihr Haus sei nur ein halbes, weil sie allein lebt und ihre Verwandten weit weg sind.
Sie erinnert sich, dass es einst wenige Albaner im Dorf gab und die Kirche "Verklärung Christi" die Gläubigen versammelte. Heute wird das Kirchenfest am 6. August von Christen und Moslems gleichermaßen geehrt, die glauben, dass der Ort heilig ist, den Kranken hilft, wieder zu gesunden und den kinderlosen Frauen, Kinder zu gebären. Die Nachfahren der einstigen Dorfbewohner, die heute in albanischen und mazedonischen Städten leben, kommen zum Kirchenfest zwar heim, verbinden aber ihre Zukunft nicht mit dem Dorf.
Ähnlich ist die Situation auch in den anderen Siedlungen. In Gorno Kartschista ist die einzige Christin, die sich um die renovierte und zum Kulturdenkmal erklärte Kirche kümmert, mit einer Albaner verheiratet. Und im größten Dorf in Dolni Debar, Makelare, hat das Expeditionsteam keine Menschen angetroffen, mit denen sie sich auf Bulgarisch unterhalten konnte. Deshalb ist die ethnologische Forschung auch so wichtig. Sie zeigt, dass es noch lebendige Erinnerungen gibt über eine Gemeinschaft gibt, die sich einst als bulgarisch identifizierte, von der aber klar ist, dass sie sehr bald der Vergangenheit angehören wird. Der Film "Zweieinhalb Häuser" wird als materielles Zeugnis der bulgarischen Vergangenheit der albanischen Region Dolni Debar bleiben.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Privatarchiv
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