Annie Pilibossian wurde in Sofia geboren und wuchs in der bulgarischen Hauptstadt auf, wo sie zur Schule ging, studierte und Französischlehrerin wurde. Das Schicksal wollte es und es verschlug sie nach Frankreich, wo sei eine Familie gründete. Stets findet sie jedoch den Weg in ihre Heimat zurück und hält sich seit 6 Jahren länger auf, um die Vergangenheit wiederzuentdecken. Sie begab sich auf den Spuren ihres Vaters Ovagim Ovagimyan, einem Holzschnitzer, Dichter und Sänger.
„Er stammt aus Plowdiw. Geboren wurde er auf dem „Nebet Tepe“ - einem der sieben Hügel, um die die Stadt entstanden ist. Vielleicht ist er aus diesem Grund ein Künstler geworden“, erzählt Annie Pilibossian. In diesem Teil der Stadt haben sich vor rund 8.000 Jahren die ersten Menschen niedergelassen und eine Siedlung errichtet. Der Hügel ist auch als Museos-Hügel bekannt, benannt nach einem der begabtesten Schüler des legendären thrakischen Sängers Orpheus. Der Ort ist äußerst geschichtsträchtig, wurde zu einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung erklärt und gehört zu den wichtigsten kulturhistorischen Objekten in Bulgarien, wo verschiedene Ethnien und Kulturen deutliche Spuren hinterlassen haben. Die archäologischen Grabungen werden auch heute noch fortgesetzt und neue Geheimnisse der Vergangenheit gelüftet. Der Ort besitzt eine ganz spezifische magische Ausstrahlungskraft.
„Wenn ich auf den Nebet-Hügel steige, fühle ich mich wie in Jerusalem. Die Zeit scheint stehengeblieben zu sein, was ein eigenartiges Gefühl ist“, erzählt Annie Pilibossian. „Plowdiw ist meine Lieblingsstadt und ich bin stolz, dass meine Vorfahren von hier stammen, nachweislich seit 120 Jahren. Mein Herz und meine Seele gehören Plowdiw. Meine Eltern zogen aber nach Sofia; wir sind jedoch häufig in das Haus meiner Großmutter gefahren und man kann sagen, dass mein Vater geistig in Plowdiw geblieben ist. Seine ersten Werke sind hier entstanden – die Ikonostasen, die er in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts angefertigt hat. 1938 hat er sich an der Internationalen Messe von Plowdiw beteiligt.“
Ovagim Ovagimyan hat mit seinen geschickten Händen viele Werke geschaffen. Bevor er sich von ihnen trennte, hat er sie zur Erinnerung fotografiert.
„Ich hatte die Absicht, ein Album mit diesen Fotos herauszugeben, es erwies sich jedoch, dass sie nicht die nötige Qualität besitzen“, erzählt die Tochter des Holzschnitzers. „Also begab ich mich nach Bulgarien und suchte speziell nach Arbeiten meines Vaters, um die zu fotografieren. Zuerst schrieb ich ein Buch in französischer Sprache, doch das reichte mir nicht und so drehte ich auch einen Film.“
Die Premiere des Buches „Die auserlesene Welt des thrakischen Meisters“ und des Films sind Teil der Feste, die vom 16. bis 22. September in der Altstadt von Plowdiw laufen; das Ereignis steht auch auf dem Programm der Initiativen Plowdiws als europäische Kulturhauptstadt.
„Für mich ist es eine große Ehre, das Buch zuerst in Plowdiw, der Geburtsstadt meines Vaters und dem Viertel, in dem er aufgewachsen ist, vorstellen zu dürfen“, sagt Annie Pilibossian. „Das Haus, dass er gebaut ist, atmet den Geist der alten Plowdiwer Bürgerhäuser aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt – mit Wandmalereien und einer hölzernen Veranda. Mein Vater war der einzige bulgarische Holzschnitzer, der solch feine Einlegearbeiten aus Perlmutter, Silber und Messing angefertigt hat. Er hat maßgeblich die Entwicklung der Holzschnitzkunst in Bulgarien beeinflusst. Außerdem besaß er ein Gesangstalent. Man hat ihn für sein Gesamtwerk und seinen Kunstbeitrag mit dem Staatspreis „Kyrill und Method“ geehrt. Auch hat er Gedichte geschrieben und stand großen Ereignissen nie gleichgültig gegenüber, die das 20. Jahrhundert vom Anfang bis zum Ende erschüttert haben.“
Die Präsentation des Buches über Ovagim Ovagimyan in Sofia wird am 24. September in der Nationalbibliothek „Kyrill und Method“ stattfinden.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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