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Daniel Gahr – neuer Honorarkonsul Bulgariens in Deutschland

Daniel Gahr
Foto: zbm.mainz.de

Obwohl man als Honorarkonsul nicht zu den fest angestellten Diplomaten eines Landes gehört, ist die zugedachte Rolle dieser Funktion innerhalb der bilateralen Beziehungen in keiner Weise zu unterschätzen. An einen Honorarkonsul werden einige Bedingungen gestellt: Er muss Bürger des jeweiligen Staates sein, in dem wirkt; muss als Bürger (oder Unternehmer) eine hohe Autorität genießen, Einfluss besitzen und populär sein.

All diesen Voraussetzungen entspricht vollends der neue bulgarische Honorarkonsul in Deutschland, Daniel Gahr.
Bulgarien wurde zu einem untrennbaren Teil seines Lebens, als er 1992 in Mainz seine künftige Gattin kennenlernte.

Joan Kolev befragte Daniel Gahr nach den Aufgaben in seiner neuen Funktion als Honorarkonsul und seinen Verbindungen zu Bulgarien:

Herr Gahr, was für eine Rolle werden Sie als Honorarkonsul spielen? Um die vielseitigen Kontakte zwischen beiden Ländern fördern zu können, müssen Sie Bulgarien gut präsentieren. Wie wollen Sie das machen und welche ihrer bisherigen Erfahrungen werden sie in Ihrer neuen Position nutzen?

„Schon bei meinen ersten Reisen nach Bulgarien beeindruckten mich die unermessliche Naturvielfalt, der kulturelle Reichtum sowie - wie könnte es auch anders sein - die sprichwörtliche Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen dort! Und aus diesen ersten Begegnungen entstand ein Band für das Leben: zur Familie und zum Land!

Dieser persönliche Bezug hat dazu geführt, dass ich die Entwicklung Bulgariens mit allen Höhen und Tiefen seit Jahrzehnten sehr eng und interessiert mitverfolge, mich bei Erfolgen mitfreue und mitleide, wenn sich etwas mal in die falsche Richtung entwickelt.
Ich habe über die Jahre miterleben dürfen, wie sich Bulgarien gerade nach dem 2007 erfolgten EU-Beitritt in vielfacher Hinsicht kontinuierlich weiterentwickelt hat und dass dabei den bulgarisch-deutschen Beziehungen eine besondere Rolle zukommt. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Bulgariens und es ist kein Zufall, dass über 5.000 deutsche Firmen in Bulgarien tätig sind. Auch im kulturellen Bereich, im Bereich des Tourismus, des Wissenstransfers und der Hochschulkooperationen bestehen enge bilaterale Beziehungen. Gleichsam sehe ich noch viel Potenzial nach oben, wo ich als Honorarkonsul gerne mit ganzer Kraft mithelfen würde, dieses Potenzial zu heben.

Dabei schweben mir folgende Schwerpunkte der Arbeit als Honorarkonsul in den nächsten Jahren vor:

Gerade in der Phase nach der Überwindung der Corona-Krise wird es darum gehen, als Türöffner die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Handel, Tourismus, Wissenschaft, Bildung und Kultur zwischen Bulgarien und Rheinland-Pfalz wiederzubeleben und zu vertiefen.

Dabei möchte ich das vielfältige Netzwerk, das ich mir während meiner ersten Jahre in Mainz (1991 bis 1999) und seit 2015 aufgebaut habe, nutzen. In allen Bereichen habe ich über langjährige persönliche Beziehungen oder durch diverse Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden sowie durch zahlreiche Aufsichtsratsmandate hervorragenden Zugang zu den relevanten Entscheidungsträgern in der Stadt Mainz und darüber hinaus im ganzen Bundesland.

Reinland-Pfalz ist mit ca. 4.100.000 Einwohner das sechstgrößte Bundesland. Es beherbergt mit Rheinhessen das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet in Deutschland; Mainz ist mit Rheinhessen Mitglied  bei den Great Wine Capitals, einem 9 Weinbauregionen umfassenden weltweiten Netzwerk.  Rheinland-Pfalz beheimatet führende Unternehmen, aber auch viele mittelständische exportorientierte Unternehmen bspw. im Maschinenbau – alles vielversprechende Branchen, wo ich helfen würde, potentielle Geschäftspartner zusammenzubringen, um die wirtschaftlichen Kooperation zwischen beiden Ländern zu intensivieren.

In diesem Zusammenhang wird es auch darum gehen, die bereits bestehende gute Zusammenarbeit im Bereich der dualen Ausbildung zu fördern, dabei kommt den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern und der landespolitischen Ebene eine besondere Rolle zu.

Darüber hinaus bin ich bereit, mich als aktives Mitglied der Alumni der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Kuratoriumsmitglied der Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung, für wissenschaftliche Projekte und Kooperationen zwischen bulgarischen und deutschen Hochschulen einzusetzen.

Ich war schon immer erstaunt, wie ein – bezogen auf die Bevölkerungszahl - „kleines“ Land wie Bulgarien es vermag, eine solche Fülle an Talenten hervorzubringen – sei es im wissenschaftlichen, sei es im kulturellen Bereich. Betrachtet man das Phänomen der bulgarischen Stimmen, ist es wohl kein Zufall, dass Orpheus hier in Bulgarien seine Lyra angestimmt hat… Überall in den Opernhäusern und Theatern Deutschlands wirken bulgarische Künstler und überall begegnet einem das kunstschaffende Gen und die bulgarische Tradition.

Dies alles umso mehr zum Leuchten zu bringen (über die Thrakischen Goldschätze hinaus), sprich bekannt zu machen – darum wird sich eine Förderung des kulturellen Austausches zwischen Bulgarien und Rheinland-Pfalz drehen.“

Ihre Frau kommt aus Bulgarien. Wie haben Sie zueinander gefunden?

„Meine Frau ist im Alter von 17 Jahren zum Studium nach Deutschland gekommen. An der Universität Mainz, wo auch ich studiert habe, haben wir uns dann 1992 kennengelernt.“

Kommen Sie häufig nach Bulgarien? Was gefällt Ihnen an unseren Bräuchen und unserer Kultur?

„Das erste Mal habe ich Bulgarien im Jahr 1995 besucht. Seitdem fahre ich mindesten einmal im Jahr dorthin. Ich bin ein begeisterter Anhänger der Initiative „100 nationale touristische Objekte“. Mittlerweile habe ich 54 Marken gesammelt und bin stolz darauf, dass ich dadurch sogar meine Schwiegereltern und meine Frau an Orte in Bulgarien geführt habe, die sie nie zuvor in ihrem Leben gesehen haben!“

Welche bulgarischen Bräuche gefallen Ihnen?

„Da fallen mir spontan „Baba Marta“ und „Survakane“ ein. Diese beiden Bräuche haben seit der Geburt der Kinder einen festen Platz in unserer Familie. Darüber hinaus sind beide Kinder in Bulgarien orthodox getauft.“

Vor welchen Herausforderungen sehen Sie sich als Teil einer deutsch-bulgarischen Familie gestellt?

„Eine der Herausforderungen für meine Frau und mich war, dass beide Kinder – obwohl sie in einem deutschen Umfeld aufwachsen – Bulgarisch lernen sollten: Das ist auch gelungen; Beide sprechen mittlerweile fließend Bulgarisch und haben eine sehr positive Einstellung zu Bulgarien!“

Wissen Sie wie viele bulgarische Bürger in Rheinland-Pfalz und Umgebung leben? Sind Sie mit deren Problemen vertraut und können Sie ihnen helfen, diese zu lösen?

„Zum Stichtag 31.12.2019 lebten 22.770 Bulgarinnen und Bulgaren in Rheinland-Pfalz. Für diese möchte ich Ansprechpartner und erste Anlaufstelle sein. Die Anliegen, die bearbeitet werden können, sind vielfältig und reichen von der einfachen Hilfeleistung bis hin zur Orientierung in schwierigen Situationen: bei der Sprachberatung die Empfehlung und Vermittlung an Sprachschulen, bei gesundheitlichen Problemen, bei Verwaltungsgängen, bei der Wohnungssuche, bei der kompetenten Bildungsberatung (eine besondere Herzensangelegenheit von meiner Frau und mir, denn es geht darum, die jungen Bulgarinnen und Bulgaren, die noch im Schulalter nach Deutschland kommen, an die richtige Schule zu vermitteln, damit sie auch am besten ihr Potenzial entfalten können) bis hin zur Unterstützung bei der Jobsuche. Dabei wird meine Frau eine wertvolle Hilfe sein, befasst sie sich doch schon seit Jahren mit diesen Themen als Lehrerein und im Zuge ihrer Dolmetscher- und Übersetzertätigkeit.

Ferner wird sich die Arbeit auf die Kontaktpflege mit den bulgarischen Gemeinden konzentrieren. Unsere Familie hat schon immer unterstützend mitgewirkt, wenn es darum ging, das bulgarische Bewusstsein in Rheinland-Pfalz zu bewahren. Und wie sollte es besser geschehen als durch die Förderung der bulgarischen Schulen und der gemeinnützigen Vereine in Rheinland-Pfalz, die die bulgarische Sprache und Kultur pflegen und die Tradition weitergeben; und zwar nicht nur durch die Begehung der Feierlichkeiten zum 3. März und zum Tag des bulgarischen Alphabets und des slawischen Schrifttums am 24. Mai, sondern weit darüber hinaus.

Ferner würde ich mich als bulgarischer Honorarkonsul als Helfer für das bulgarische Generalkonsulat in Frankfurt verstehen. Das kann sich auf die Unterstützung bei Wahlen erstrecken, auf die Organisation von gegenseitigen Besuchen von politischen Repräsentanten und Wirtschaftsdelegationen oder auf die Vorbereitung von Veranstaltungen, auf denen das reichhaltige kulturelle Erbes Bulgariens präsentiert wird.“

Wann meinen Sie wird der Augenblick kommen, an dem Sie mit ihrer Arbeit völlig zufrieden sein werden?

„Dieser Zeitpunkt wird dann gekommen sein, wenn ich all das, was ich unter eingangs aufgeführt habe, umgesetzt habe. Anders ausgedrückt: Der Zeitpunkt ist dann erreicht, wenn Bulgarien die Aufmerksamkeit in Rheinland-Pfalz bekommen hat, die es verdient!“

Sie leisten die unterschiedlichste Freiwilligenarbeit; genannt sei eine Fußballakademie für Kinder und eine Kunstgalerie. Wie ist Ihr Interesse daran erwacht?

„Meine Interessen waren schon immer vielfältig: Ich habe Geschichte, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre studiert und war während meines Studiums selbstständig tätig. Danach war ich viele Jahre in der Tageszeitungsbranche tätig und dann ab 2015 in der Energiebranche. Dementsprechend vielfältig ist auch mein gesellschaftspolitisches Engagement: Ich bin u.a. im Vorstand der Stiftung Kunsthalle Mainz (zeitgenössische Kunst) tätig, die eine Stiftung der Mainzer Stadtwerke ist. Dann bin ich seit einigen Jahren Mitglied des Beirates der Stiftung Kinder.Gesundheit.Mainz, die Projekte für die Kinderklinik der Unimedizin Mainz fördert. Der Professor, der diese Stiftung ins Leben gerufen hat, war ein langjähriger Kollege meines Vaters.“

Autor: Joan Kolev

Redaktion: Wladimir Wladimirow




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