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Sozialwirtschaftliches Dilemma: Menschen oder Wirtschaft?

Staat versucht, sowohl den Menschen, als auch der Wirtschaft gegen die Corona-Krise zu helfen

Foto: BGNES

Seit vergangenem Freitag ist in Bulgarien ein partieller Lockdown in Kraft, der bis zum 21. Dezember dauern soll. Diese Maßnahme wurde nach einer Verschlechterung der epidemiologischen Lage und einer stärkeren Ausbreitung der Corona-Epidemie notwendig. Gleichzeitig damit traf die Regierung weitere wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Maßnahmen, die zur Rettung der Wirtschaft und der Menschen beitragen sollen.

Ab dem 30. November erhalten alle vollbeschäftigte Angestellte von Unternehmen, die vorübergehend geschlossen werden mussten, einen täglichen Zuschuss von 24 Lewa (ca. 12 Euro). Für dieses Programm sind insgesamt 50 Millionen Lewa (fast 26 Millionen Euro) vorgesehen. Vizepremierminister Tomislaw Dontschew versprach, dieser Tage einen weiteren Plan zur Unterstützung der Wirtschaft des Landes bekanntzugeben, der mit 170 Millionen Lewa (87 Millionen Euro) abgesichert werden soll. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass die Europäische Kommission für den Kampf gegen Covid-19 in Bulgarien 511 Millionen Euro gebilligt habe. Diese bedeutende Finanzspritze schließe unentgeltliche Hilfen für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen, Kapitalinvestitionen und Kreditgarantien ein, hieß es aus der Europäischen Kommission.


Die Maßnahmen „60:40“ und „80:20“ werden ihrerseits fortgesetzt, die gegen den Stellenabbau gerichtet sind; der Staat zahlt hierbei den Größtteil der Gehälter der Angestellten von in Not geratenen Unternehmen. Wirtschaftsminister Latschesar Borissow gab bekannt, dass der Staat insgesamt 156 Millionen Lewa (80 Millionen Euro) vom operationellen Programm „Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit“ (OPIC) umleiten und in die Unternehmen einfließen lassen will. Ihrerseits kündigte die Vizepremier- und Tourismusministerin Marijana Nikolowa an, dass die heimische Tourismusindustrie eine Hilfe von 50 Millionen Lewa (26 Millionen Euro) erhalten werde.

Die Regierung wolle aus dem Staatshaushalt insgesamt 350 bis 400 Millionen Lewa (179 bis 204 Millionen Euro) zur Rettung der Wirtschaft verwenden. All das müsste die Unternehmer beruhigen, die die Folgen der Corona-Krise am stärksten zu spüren bekommen; gemeint sind die Bereiche Transport, Hotel- und Gaststättenwesen, Unterhaltungsbranche, Landwirtschaft, Einzelhandel und einige weitere. Ministerpräsident Bojko Borissow stufte die Maßnahmen als „ausgewogen“ ein.

Was den Gesundheitsaspekt der Krise anbelangt, gibt es keinen Beobachter, der nicht zugeben muss, dass die Regierung und die Behörden alles in ihren Kräften stehende unternommen haben und unternehmen, um die Kapazität das Gesundheitssystem im Kampf gegen die Pandemie auszubauen. Aus materieller Sicht sehen die Dinge gut aus: es mangelt nicht an Krankenhäusern, Apparatur und Medikamenten, auch wenn hin und wieder organisatorische und rein bürokratische Probleme auftauchen.


Die Regierung kündigte an, dass die Corona-Impfung für alle Bürger des Landes freiwillig und kostenlos sein werde. Ungelöst ist jedoch das Problem mit dem Mangel an medizinischem Personal und der Überbelastung der Mediziner im Einsatz – Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter. Nicht zufällig erhalten sie zusätzlich 1.000 Lewa (ca. 500 Euro) und ab dem 1. Januar 2021 ist eine weitere Erhöhung ihrer Gehälter vorgesehen.

Trotz aller Versicherungen des Premiers Bojko Borissow, dass in der Krise niemand vergessen wird, sind viele Bürger der Ansicht, dass die Maßnahmen nicht ausreichen und zudem verspätet ergriffen worden seien. Die Opposition ist der Ansicht, dass die Staat die Gehälter und Versicherungen der Angestellten geschlossener Unternehmen und alle anfallenden Unkosten übernehmen müsse. Ferner sollten der Zugang zu Krediten erleichtert und alte Verpflichtungen gestundet werden. Auch müssen laut der Opposition die Firmen von den Zinsen für gestundete Zahlungen an den Staat befreit werden. Momentan ist jedoch keine Verlängerung des Moratoriums auf die Kredite vorgesehen, das im Juni ausgerufen wurde und Ende dieses Jahres abläuft. Dieses Moratorium wurde übrigens von der Geschäftswelt hoch bewertet.

Es wird damit gerechnet, dass für die Unterstützung der Wirtschaft weitere 200 Millionen Euro investiert werden müssen. Laut den pessimistischsten Prognosen werde das Bruttoinlandsprodukt Bulgariens rund 500 Millionen Euro verlieren. Die Regierung meint dazu, dass diese Verluste ausgeglichen werden können.

Er wird der Versuch der Regierenden mehr als deutlich, das schwer zu erreichende Gleichgewicht zwischen der Freiheit des Wirtschaftslebens und der Strenge der Maßnahmen zu erzielen. Daher ist es vielleicht nicht angebracht, von einem Dilemma „Menschen oder Wirtschaft“ zu sprechen.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BTA und BGNES



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