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„Gib uns Regen, lieber Gott“ oder wie die Bulgaren in bessarabischen Dörfern ihre Traditionen pflegen

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Reigen im Dorf Kubej
Foto: Privatarchiv

Die Kultur der bessarabischen Bulgaren ist auch heute noch lebendig, ist aber nicht in der großen Stadt, sondern in den Dörfern zu finden. Die bessarabischen Bulgaren sind die Hüter dieser Kultur in ihrer authentischen Form. Davon ist Alexander Polibsa überzeugt, ein junger Mann aus Bolgrad, der sich dem Sammeln und Erforschen der Traditionen der bessarabischen Bulgaren gewidmet hat.

„Ich wusste früher nicht, dass es solche Traditionen überhaupt gibt. Es war mir bewusst, dass ich in einem bulgarischen Umfeld lebe, aber diese Traditionen waren nirgends vertreten. Wir sagten zwar, dass Bolgrad die Hauptstadt der bessarabischen Bulgaren ist, aber diese Kultur - die archaische, traditionelle Kultur - war dort nicht vorhanden. Die Traditionen sind dort längst verschwunden und nur die ältere Generation spricht Bulgarisch. Und von meiner Generation, zum Beispiel in unserer Straße, konnte niemand Bulgarisch sprechen“, sagte Alexander Polibsa gegenüber „Radio Bulgarien“.

Seine Begegnung an der Universität mit anderen jungen bessarabischen Bulgaren und seine Reisen durch die Dörfer gaben Alexander Polibsa Einblick in eine ungeahnte Welt kund, die ihn mit ihrer Schönheit verzauberte. Eine Welt, die den Duft der Vergangenheit erhalten hat und eine starke magische Verbindung zur Heimat Bulgarien aufweist. Der junge Mann begann zu reisen und Informationen über bessarabisch-bulgarische Traditionen und Rituale zu sammeln. Um sie vor Ort zu erleben, siedelte er sogar in das Dorf Kubej um. Er gründete die Facebook-Gruppe „Бесарабія. Буджак“, damit ihre Teilnehmer Informationen über die Traditionen Bessarabiens austauschen können.

Unter den Dörfern, die den bulgarischen Geist am besten bewahrt haben, hebt Alexander Polibsa die Dörfer  Tschyjschyja, Nowi Trojany, Chushmeliy und Tvarditsa hervor. Letzteres ist, wie er gesteht, seine größte Schwäche:

„Seine Bewohner haben ihre Trachten bis zum heutigen Tag bewahrt. Sie ziehen sie an, wenn sie in die Kirche gehen - an einem Feiertag oder sonntags. Sie sagen dann, sie seien zum Kirchgang gekleidet. Das gilt natürlich für die Generation der 1940er Jahre und für noch ältere Menschen. Und im Alltag tragen sie „jetzige Kleidung“. Sie haben einen sehr charakteristischen Chor, dessen Sänger echte lokale Trachten tragen. Diese Trachten haben unterschiedliche Varianten, je nach Winter, Herbst, Sommer... Dort ist der bulgarische Geist am besten erhalten.“

Zu den am besten erhaltenen Bräuchen gehören die rund um die Weihnachts- und Neujahrsfeiern. Andere sind aber nicht weniger interessant. Einer davon ist das Ritual, bei dem Regen erbeten wird, bekannt als „Schmetterling“ (Peperuda). Dieses Ritual ist praktisch überall erhalten geblieben und wird in den verschiedenen Dörfern auf ähnliche Art und Weise durchgeführt. Selbst ältere Menschen in Bolgrad erinnern sich daran, sagt Alexander. Die Mädchen ziehen durch die Höfe der Menschen und besprenkeln sie mit Hilfe von Zweigen mit Wasser. Derart ahmen sie Regentropfen nach und singen dabei, um Regen zu erbitten. Die Hausfrauen wiederum geben ihnen etwas Leckeres zu essen.

Danach führen die Mädchen den Brauch „German“ durch – sie formen eine männliche Figur aus Ton, die sie rituell auf dem Feld vergraben. Man glaubt, dass dieses Ritual Regen bringt. Im Dorf Kulevcha unterscheidet sich dieser Brauch jedoch wesentlich von den anderen, betont Alexander Polibsa:

„In Kulevcha, so hat man mir erzählt, zieht eine ganze Prozession von sagen wir 20 Mädchen durch die Straßen. Sie gehen zu zweit hintereinander und singen. Sie halten sich dabei an den Händen und bilden eine Art Brücke. Auf dieser Brücke bewegt sich ein kleines Kind, das vom letzten Paar zum ersten und zurück klettert und sich dabei an den Schultern der Mädchen festhält. Die Prozession geht also die Straße entlang und das Kind bewegt sich auf den Schultern der Mädchen. Hinter dieser Prozession laufen junge Burschen, die alle, die auf die Straße kommen, mit Wasser bespritzen und die Leckereien einsammeln, die ihnen die Leute geben. Es ist wirklich sehr spektakulär. So etwas gibt es nirgendwo anders. Natürlich könnte man dieses Ritual mit dem Ritual zum Jana-Tag verwechseln. Es kommt vor, dass die Großmütter etwas durcheinanderbringen. Aber sie haben mir erklärt, dass das Lied, das die Mädchen singen, von Schmetterlingen handelt.

Um die Erinnerung an die Vergangenheit für künftige Generationen zu bewahren, drehen Alexander Polibsa und seine Sinnesgenossen kurze Videos, die die Traditionen in Bild und Ton veranschaulichen. Wir empfehlen Ihnen, sich ein solches Video anzusehen, das auf Youtube hochgeladen und von Alexander Polibsa und Michail Balsik gedreht wurde. Es zeigt Brauch „Schmetterling“ im Dorf Kubej.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Privatarchiv


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