Die Preise für Wärme, Strom, Wasser und Gas für den Haushaltsbedarf sind in Bulgarien im Durchschnitt um etwa 40 Prozent gestiegen, am stärksten sind jedoch die Preise für Grundnahrungsmittel wie Zucker, Fleisch, Milch und Nudeln nach oben geschnellt und sind allein im letzten Quartal um etwa 10 Prozent teurer geworden. Viele der Preise werden von den Weltwarenbörsen diktiert, aber in Bulgarien werden selbst die Preise für Grundnahrungsmittel sozial unerträglich. Das geht aus einer Erhebung über die Verbraucherpreise und existenzsichernde Löhne für das dritte Quartal 2022 hervor, die vom Institut für Sozial- und Gewerkschaftsstudien der Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften Bulgariens (KNSB) durchgeführt wurde.
Allein Zucker hat sich im Einzelhandel innerhalb eines Jahres um über 60 Prozent verteuert. So wird für ein normales Leben in unserem Land real bereits 20 Prozent mehr Geld für den Unterhalt einer Person im Haushalt benötigt, verglichen mit September 2021, lautet das Fazit der Ökonomen der KNSB. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer in einem Einpersonenhaushalt ein Nettoeinkommen von mindestens 1.300 Lewa (ca. 660 Euro) erhalten sollte. Für ein halbwegs normales Leben in Bulgarien für einen Dreipersonenhaushalt mit einem Kind bis zu 14 Jahren sind nach Berechnungen von Experten mindestens 2.370 Lewa notwendig (ca. 1210 Euro). Aus den Statistiken vom August geht jedoch hervor, dass fast 1,8 Millionen erwerbstätige Bulgaren von einem Einkommen leben, das unter dem besagten Wert liegt. Das bedeutet, dass zwei Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung in unserem Land derzeit nicht das für einen normalen Lebensunterhalt in Bulgarien erforderliche Einkommen erzielen.
Den Daten der KNSB zufolge ist die Zahl der erwerbstätigen Bulgaren, die die Schwelle des für den Lebensunterhalt eines Haushalts erforderlichen Einkommens nicht erreichen können, innerhalb eines Jahres um 100.000 gestiegen.
„Am schnellsten haben im letzten Quartal die Preise für Energieträger und Lebensmittel zugelegt - um jeweils 5 und knapp 3 Prozent“, so Violeta Iwanowa, Expertin am Institut der KNSB.
„Der Aufwärtstrend bei den Preisen für Brennstoffe und Grundnahrungsmittel stellt die bulgarischen Haushalte auf eine harte Probe, insbesondere mit Blick auf die Heizperiode im Winter. Laut mehreren kürzlich durchgeführten Umfragen machen sich 76 Prozent der Bulgaren Sorgen, ob sie ihre Haushaltsrechnungen im Winter bezahlen können. Weitere 46 Prozent gaben an, dass das größte Problem der Preisschock und die unaufhaltsame Inflation ist, die sie in den Geschäften erleben. Diese Besorgnis ist verständlich, denn wir sehen, dass das Lohnwachstum bereits von der Inflation aufgezehrt wurde, die im September 18,7 Prozent erreicht hat. Im zweiten Quartal dieses Jahres sind die Durchschnittslöhne um 13 Prozent gestiegen, aber real sind sie um etwa 2 Prozent gesunken, weil die Inflation sie überholt hat“, resümierte Violeta Iwanowa.
Die Lebenshaltungskosten in Bulgarien steigen in einem rasanten Tempo, weshalb die KNSB darauf besteht, die Einkommen in allen Branchen mindestens um den Anstieg der durchschnittlichen Inflationsrate in unserem Land auszugleichen, die laut dem Nationalen Statistikamt bei 19 Prozent liegt. Obwohl die Preise für grundlegende Haushaltswaren weit über 20 Prozent gestiegen sind, bestehen die Gewerkschafter nicht auf einem maximalen Ausgleich durch den Staatshaushalt. Sie fordern allerdings, dass die Löhne im Dezember 2022 um mindestens 20 Prozent über den Löhnen liegen sollten, die die Arbeitnehmer im Dezember 2021 erhalten haben.
„Dann können wir sagen, dass wir einerseits die Einkommen kompensiert haben und andererseits den Motor des Wirtschaftswachstums im Land aufrechterhalten, ohne ihn jedoch zu überhitzen“, so der Präsident der KNSB Plamen Dimitrow und weiter:
„Wir werden dem Haushalt für 2023 nicht zustimmen, wenn die Einnahmen im nächsten Jahr nicht steigen, auch wenn sie sagen, dass die Löhne in diesem Jahr ausreichend erhöht wurden. Dafür gibt es fiskalischen Spielraum und bei einer besseren Planung der Steuereinnahmen und einer klareren und vernünftigeren Planung der Kapitalausgaben könnten zusätzliche 700 Millionen Lewa für die Erhöhung des Mindestlohns auf Jahresbasis bereitgestellt werden, der ab dem 1. Januar nächsten Jahres 850 Lewa betragen soll. Eine zusätzliche Erhöhung der Löhne im öffentlichen Sektor könnte ins Auge gefasst werden, während dies kein Problem in der Privatwirtschaft darstellt. Dort werden die Löhne der Arbeitnehmer weiterhin erhöht. In der Industrie und im Dienstleistungssektor wurden die Löhne bereits im Juni um 17 bis 25 Prozent angehoben. Im öffentlichen Sektor hingegen sinken die Einkommen und zwar um 5 bis 8 Prozent aufgrund der jährlichen Inflation. Es müssen auch Haushaltsmittel für Heizkostenzuschüsse im Winter bereitgestellt werden. Fast ein Viertel der bulgarischen Bevölkerung ist von Energiearmut betroffen und wird nicht in der Lage sein zu heizen. Unser Land nimmt diesbezüglich den ersten Platz in Europa ein“, sagte Plamen Dimitrow.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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