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Tarhana schützte früher vor Hungersnot, heute vor dem Vergessen

Tarhana schützte früher vor Hungersnot, heute vor dem Vergessen

Radio Bulgarien stellt Ihnen Temenuzka Matewa vor, die das erste Tarhana-Fest in Bulgarien ins Leben gerufen hat

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Foto: Facebook /Kulinarische Feste

Das erste Tarhana-Fest in Bulgarien findet am 3. August im Dorf Pewelun bei Iwajlowgrad statt. Die Idee für die Veranstaltung, bei der es um die in den traditionellen bulgarischen Lebensmitteln als Geschenk der Natur verschlüsselten Erinnerung an die Vorfahren geht, hatte Temenuschka Matewa. 
„Seit einigen Jahren versuche ich, dieses traditionelle bulgarische Produkt, das auf Grund seiner arbeitsaufwendigen Herstellung in Vergessenheit geraten ist, auf dem bulgarischen Markt zu etablieren“, sagte Temenuschka Matewa in einem Interview für Radio Bulgarien und gab zu, dass das Festival ein für sie wahr gewordener Traum ist. 
„Noch vor zwanzig Jahren war die Tarhana ein Grundnahrungsmittel für viele Familien in Thrakien (Belomorska Trakija, heute griech. Gebiet, Amn. d. Red.). Heute wissen das nur noch wenige. Eine Tatsache, die nicht nur aus kulinarischer, sondern auch aus ethnografischer Sicht sehr traurig ist“, sagte Temenuschka Matewa. Deshalb haben sie und ihre Familie ihre Zeit und Energie darauf verwendet, die Erinnerung an das Wissen über dieses Teiggericht wiederzubeleben, damit dieses so nützliche und nahrhafte Nahrungsmittel eines Tages erneut auf den bulgarischen Tisch zurückkehren kann. 

In der Tat wird Tarhana auch heute noch von den älteren Frauen und Großmüttern in den Regionen Strandzha und den Rhodopen hergestellt, doch sie bleibt in den Vorratskellern für die jeweilige Familie. Es gibt keine industrielle Produktion und deshalb ist dieses Produkt den meisten Bulgaren unbekannt, erklärte Matewa.
Was ist eigentlich Tarhana? 
„Tarhana ist eine Art Teigware, die mit Sauerteig hergestellt wird. Doch es gibt etwas Besonderes. Der Sauerteig wird aus Hülsenfrüchten und Kräutern angerührt und wild fermentiert“, erklärte Temenuzhka Matewa. „Die Kräuter werden frühmorgens gepflückt, damit die Bifidus-Bakterien vorhanden sind, die wir dann fermentieren. Der Prozess selbst dauert im Durchschnitt drei bis sechs Monate und ermöglicht eine dreistufige Gärung bis zum Endprodukt. Dadurch wird die Tarhana mit Milchsäurebakterien angereichert. Bei der Herstellung gibt es keinerlei Wärmebehandlung, was es wiederum zu einem der ältesten natürlichen Probiotika macht.“
Nachdem der Sauerteig fertig ist, wird die zweite Gärung des Extrakts durch die Zugabe von Dinkelmehl eingeleitet. Es wird ein fester Teig geknetet, den man gären lässt. Danach wird er durch ein Sieb gedrückt. Je nach Außentemperatur trocknet er etwa eine Woche lang bei indirektem Sonnenlicht.
Traditionell wird die Tarhana im Sommer zubereitet, wenn die Ernte vorbei ist, der Weizen geerntet wurde und die Sonne am stärksten scheint, damit er gut trocknen kann. Die fertigen Teigkrümel werden dann in Stoffbeuteln im Dunkeln gelagert und im Winter verzehrt.

Die Tarhana ist ein kulinarischer Alleskönner. Daraus kann eine Suppe gekocht werden oder Gerichte angereichert und verfeinert werden. Sie kann süß oder salzig gegessen werden, gekocht oder einfach in frische Milch, Joghurt oder Brühe gegeben werden. 
Tarhana hat äußerst wohltuende Eigenschaften für den Körper, und da sie aus Dinkel zubereitet wird, ist sie auch sehr sättigend“ - so TemenuschkaMatewa.
Alten Quellen zufolge stammt die Tarhana aus dem alten Persien und ist auch in den kulinarischen Traditionen Südosteuropas und des Nahen Ostens zu finden. Um die Vielfalt der Rezepte für ihre Herstellung zu zeigen, waren im Dorf Pelewun Meister aus Griechenland und der Türkei zu Gast. Temenuschka Matewa hat das Fest voller Spannung erwartet, um den Gästen ihre Tarhana zu zeigen und etwas Neues zu lernen. Das Wissen will sie in ihrer kleinen Tarhana-Werkstatt, die sie Anfang dieses Jahres in Pelewun eingerichtet und liebevoll „Schule im Backtrog“ genannt hat, an alle weitergeben, die Interesse dafür haben.

Es war das Gedächtnis, die Erinnerung an den Geschmack und das Aroma ihrer Kindheit, die sie an ihren Enkel weitergeben wollte. So erinnerte sie sich vor Jahren an das Rezept ihrer Großmutter für Tarhana. „Ich wusste welche Kräuter ich brauchte, aber ich konnte mich nur schwer daran erinnern, was die hängende Schote war, die Oma immer in den Sauerteig tat, den wir Kinder „Ohrring“ nannten. Schließlich fiel mir ein, dass es Hopfen war“, erinnerte sich Temenuschka Matewa und fügte hinzu, dass die Tarhana früher die Menschen vor Hungersnot bewahrte und heute vor dem Verlust des Familiengedächtnisses. 

„Als ich klein war, kamen wir alle zusammen, die ganze Familie, und bereiteten die Tarhama gemeinsam zu. Das hat unsere Familie zusammengeschweißt, und ich glaube, darin liegt der Schlüssel zu unserer Erinnerung an unsere Vorfahren, Familie und Volk, genau  in diesem großen gemeinsamen Kneten. Mit dem Festival möchte ich die Begeisterung wecken, damit mehr Menschen und Familien die Freude an diesem Zusammensein erleben und den Geschmack von lebendigem Essen schmecken können“, sagte Temenuschka Matewa abschließend.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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