Einer der am meisten verehrten Heiligen in Bulgarien ist der Großmärtyrer Demetrius von Thessaloniki. In unserem Land gibt es viele Kirchen, die zu Ehren dieses Heiligen errichtet wurden, der im 4. Jahrhundert den Märtyrertod starb, weil er sich weigerte, seine Glaubensbrüder zu verfolgen und zu bestrafen. Schon in der Zeit des Zweiten Bulgarenreiches (1185-1396) sahen die Bulgaren im heiligen Demetrius den himmlischen Patron der Hauptstadt Tarnowo.
Mittelalterlichen Chroniken zufolge sei im Jahre 1185 auf wundersame Weise eine Ikone des Heiligen in Tarnowo aufgetaucht; sie stammte aus der im Zuge der normannischen Invasion geplünderten Basilika in Thessaloniki, in der die Reliquien des heiligen Demetrius aufbewahrt werden. Die Ikone wurde als ein Zeichen gedeutet, dass der heilige Demetrius den kürzlich wiederhergestellten bulgarischen Staat beschützen würde. Ihm zu Ehren errichteten die Asseniden eine prächtige Kirche am Fuße des Trapesitza-Hügels der Hauptstadt. Bis ins dritte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts blieb die Kirche die wichtigste im Reich; dort wurde der Erzbischof Basilius I. zum Oberhaupt der wiederhergestellten unabhängigen bulgarischen Kirche geweiht, nachdem sich Bulgarien von der byzantinischen Fremdherrschaft befreit hatte. Es besteht kein Zweifel darüber, dass alle bulgarischen Herrscher in der Zeit von 1186 bis 1241 in dieser Kirche gekrönt wurden - von den Gründern der Dynastie der Asseniden bis zum Zaren Iwan Assen II.
Die Tradition, Kirchen dem heiligen Demetrius zu weihen, ist bis heute lebendig und stärkt die Vorstellung über diesen Heiligen als Schutzpatron Bulgariens. Eine dieser Kirchen steht im ehemaligen Dorf „Pantscharewo“, heute eines der Viertel der Hauptstadt Sofia. Die Einwohner hatten viele Jahre hindurch keine eigene Kirche. Unmittelbar vor der Befreiung von der osmanischen Fremdherrschaft und der Neugründung des Staates (1878) wurde jedoch mit dem Bau eines Gotteshauses begonnen, der 1882 beendet und am 26. Oktober am Demetrius-Tag feierlich geweiht wurde. In diesem Jahr werden es 140 Jahre, seit die Kirche ihre Tore für die Gläubigen öffnete; sie ist auch die einzige in diesem Stadtteil am Rande Sofias geblieben. Das Bauwerk erhebt sich im historischen Zentrum des einstigen Dorfes und hat den Status eines Kulturdenkmals von lokaler Bedeutung.
„Die Kirche wurde mit den Bemühungen der gesamten Gemeinde von Pantscharewo gebaut und wurde so zu einem Symbol von Freiheit und Eintracht des vereinten Bulgarien“, erzählte uns Erzpriester Krastin Apostolow, der vor kurzem zum Vorsitzenden des Kirchenvorstandes in Pantscharewo gewählt wurde. Im 17. bis 19. Jahrhundert, als das Osmanische Reich langsam verfiel, war Pantscharewo ein äußerst bunter Ort – hier lebten bulgarische Flüchtlinge aus Mazedonien und Süd-Thrakien sowie Tscherkessen. Die Einwohner gaben dem Ort den Namen, der aus dem altbulgarischen Wort „Panitza“ (zu Deutsch „Schüssel“), weil das Tal einer Schüssel ähnelt, und dem türkischen Wort „çare“ (in etwa: Kurort) ableitet werden kann, weil sich hier Heilquellen befinden, die bereits in der Antike bekannt waren.
„Etliche der aus Mazedonien geflohenen Bulgaren waren mit Thessaloniki als Zentrum der geografischen Region Mazedonien verbunden. Daher war es naheliegend, dass die Kirche dem heiligen Demetrius von Thessaloniki geweiht wurde. In gewisser Weise ist dieses Gotteshaus ein Vorbote des freien Bulgarien, und das nicht einzig wegen seines schönen, würdevollen Aussehens, sondern auch, weil es zu einem Sammelpunkt für die Menschen wurde, die sich dem Aufbau eines modernen Landes widmeten. Hier entstand eines der ersten Wasserkraftwerke, nicht nur in unserem Land, sondern auf der Balkanhalbinsel überhaupt. Das geschah wenige Jahrzehnte nachdem die Demetrius-Kirche errichtet wurde. Die Menschen, die mit dem Bau des Wasserkraftwerks beschäftigt waren, kamen aus Frankreich, Italien und anderswo, und nicht wenige von ihnen blieben und ließen sich in dem kleinen Dorf Pantscharewo nieder. So nahm bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Einwohnerzahl rapide zu und das Dorf sah recht bunt aus; die Kirche wurde zu einem Sammelplatz für die alten und neuen Einwohner.“
„Heute sieht die Lage in Pantscharewo nicht viel anders als vor 140 Jahren aus, als die Kirche gebaut wurde“, fügt Erzpriester Krastin Apostolow hinzu und fährt fort:
„Der Bau der Kirche begann an diesem Ort in einem multikulturellen Umfeld. Deshalb fühle ich mich persönlich dafür verantwortlich, die Arbeit jener Menschen fortzusetzen, die es vor der Befreiung Bulgariens, noch im Rahmen des Osmanischen Reiches geschafft haben, ein so großartiges und zeichensetzendes Gotteshaus zu errichten – ein wahres Symbol eines neuen freien Bulgarien.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Facebook / Храм Свети Димитър, Kirche „Christi Geburt“ im Viertel „Mladost“, bg-patriarshia.bg
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